Seit dem Start der neuen Mainzelbahnstrecke häufen sich die Straßenbahnunfälle in Mainz, so zumindest der Eindruck vieler Mainzer. Nun fragte die CDU-Opposition im Mainzer Stadtrat nach, und tatsächlich: Seit dem Start der Mainzelbahn im Dezember 2016 verzeichnete die Stadt allein auf der neuen Strecke hinauf zum Lerchenberg 23 Unfälle mit Straßenbahnen. Dabei wurden elf Menschen verletzt, ein Fußgänger starb sogar nach einer Kollision mit einer Straßenbahn im vergangenen Dezember. Stadt und Mainzer Mobilität sehen indes keine ungewöhnliche Häufung und betonen, Schuld seien in 21 Fällen die Autofahrer gewesen: Diese würden die Straßenbahn schlicht übersehen oder rote Ampeln ignorieren.

Unfallschwerpunkt Ostergraben: Hier kam es vor allem im ersten Jahr der Mainzelbahn zu mehreren Kollisionen zwischen Autos und Straßenbahnen. – Foto: gik

 

Tatsächlich war das der Hauptgrund für die Kollisionen mit der Mainzelbahn: Da übersahen nach Angaben der Stadt PKW-Fahrer beim Abbiegen einfach die neben ihnen fahrende Straßenbahn, bogen trotz Rotlicht ab oder ignorierten querende Gleise. Die neuralgischen Unfallpunkte sind denn auch die Ampel an der Haifa-Allee vor der Brücke nach Marienborn, der Ostergraben in Bretzenheim und die Querung der Mainzelbahn über die Koblenzer Straße. Ein Teil der Unfälle sei auf eine „Eingewöhnungsphase“ der Verkehrsteilnehmer zurückzuführen, betont die Stadt, weil die sich noch nicht an die mit dem Bau der Straßenbahn erfolgten Veränderungen an Kreuzungen und bei den Verkehrsabläufen gewöhnt gehabt hätten.

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Beim Start der Mainzelbahn hatten diverse neue Ampelanlagen entlang der neuen Strecke noch nicht funktioniert, genau hier gab es denn auch vermehrt Unfälle. So krachte es zwischen Dezember 2016 und Dezember 2017 gleich fünf Mal an Kreuzungen der Mainzelbahn entlang des Ostergrabens und zwischen April und Oktober 2017 gleich drei Mal an der Kreuzung auf der Koblenzer Straße. An der Haifa-Allee kam es seit April 2017 zu fünf Kollisionen, zuletzt im Februar dieses Jahres, als ein Autofahrer die rote Ampel missachtete und einfach abbog. Die CDU wollte denn auch im Stadtrat wissen, ob die Stadt denn nicht bei der Sichtbarkeit der Ampelanlagen nachbessern müsse. Die Stadt tue dies ständig, versicherte Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne).

Die Stadt betont zudem, dass an 21 von 23 Unfällen nicht die Straßenbahnfahrer, sondern die Autofahrer schuld gewesen seien. Die Kosten trage deshalb auch die jeweilige Versicherung des Unfallgegners, bei Verschulden der Verkehrsbetriebe liege die Selbstbeteiligung des Unternehmens bei 1.000 Euro. Insgesamt entstanden Schäden von rund 193.000 Euro.

Kollision eines Pkws mit einer Mainzelbahn am 14. Oktober 2017 in der Koblenzer Straße. Der Unfall legte den Verkehr auf der Koblenzer für 3,5 Stunden lahm. Der Fahrer hatte die rote Ampel ignoriert, verletzt wurde niemand. – Foto: Polizei Mainz

Unklar ist allerdings noch der genaue Hergang eines Unfalls im Dezember 2017, als eine Straßenbahn bei Schnee und Eis an einer Kreuzung mit einem Fußgänger kollidierte und dieser noch an der Unfallstelle verstarb. Die Stadt geht von einem Fehlverhalten des Fußgängers aus, die Staatsanwaltschaft ermittelt hier noch. Schwer verletzt wurde im November 2017 ein Fußgänger, der auf dem Lerchenberg kurz vor einer herannahenden Bahn die Gleise überquerte und von der Bahn erfasst wurde. In den übrigen Fällen waren die Leichtverletzten meist die Insassen der Autos, die mit den Straßenbahnen zusammenstießen. Am Friedrich-von-Pfeiffer-Weg wurde zudem im April ein Fußgänger von einer Straßenbahn erfasst und leicht verletzt, der Fahrer gab an, die Person sei bei Rotlicht über die Gleise gegangen und habe auch auf die Alarmglocke nicht reagiert – vermutlich, weil er Kopfhörer trug.

Nicht enthalten ist in dieser Liste allerdings der große Straßenbahnunfall vom April dieses Jahres, als eine Straßenbahn in Mainz-Zahlbach an einer Weiche entgleiste. 29 Fahrgäste wurden dabei verletzt, die Ursache teilte die Mainzer Mobilität noch nicht mit. Dieser Unfall lag an einer der alten Straßenbahnstrecken und floss deshalb ebenso wenig in die 23 Unfälle ein, wie Probleme an anderen Stellen im Mainzer Straßenbahnnetz. So führt unter anderem eine Weiche am Hauptbahnhof des Öfteren zu kleineren Entgleisungsproblemen.

Kritiker argwöhnen deshalb, dass der Bau der Mainzelbahn erheblich mehr Geld verschlungen hat als bislang bekannt gegeben – und dass seither Geld für notwendige Instandsetzungsmaßnahmen fehlt. Tatsächlich hatte die Mainzer Mobilität eingeräumt, dass etwa für die Ertüchtigung des Wendehammers im Hechtsheimer Ortskern kein Geld da sei. Die genauen Kosten für das Projekt Mainzelbahn wollte die Stadt am Mittwoch im Stadtrat erneut nicht bekannt geben. Es lägen noch nicht alle Schlussrechnungen der Firmen vor, sagte Eder. Auch streitet man sich offenbar mit mehreren Firmen über die Abrechnungen.

Die Stadt wolle zudem keine „Zwischenstände“ herausgeben, um die eigene Verhandlungsposition nicht zu schwächen, sagte Eder, auch Gerichtsverfahren schloss sie nicht aus. Die endgültige Kostenaufstellung werde deshalb nicht vor Anfang des Jahres 2019 vorliegen. Der Bau der 9,2 Kilometer langen Strecke vom Hauptbahnhof auf den Lerchenberg soll nach bisherigem Stand Kosten von rund 90 Millionen Euro verschlungen haben.

Info& auf Mainz&: Über die Probleme mit den Straßenbahnen in Mainz und der stillgelegten Wendeschleife in Hechtsheim haben wir beispielsweise im März 2017 berichtet, den Artikel dazu findet Ihr hier.

 

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