UPDATE& — Das Land Rheinland-Pfalz ändert erneut die Bedingungen für die Booster-Impfungen in Sachen Coronavirus: Ab kommender Woche werde die Frist für das Boostern verkürzt, Auffrischungsimpfungen seien dann schon nach fünf Monaten möglich, teilte die Landesregierung in den sozialen Netzwerken mit. Damit dürfte sich die Nachfrage nach den Booster-Impfungen weiter verschärfen. Die Online-Anmeldung des Landes wurde derweil nachgebessert – und das Mainzer Impfzentrum soll nun am 1. Dezember seine Tore öffnen. Seit Montag kann man sich dafür nun auch auf dem Landesportal für einen Impftermin anmelden.

Die dritte Booster-Impfung kann man sich in Rheinland-Pfalz nun schon nach fünf Monaten geben lassen. - Foto: Biontech
Die dritte Booster-Impfung kann man sich in Rheinland-Pfalz nun schon nach fünf Monaten geben lassen. – Foto: Biontech

Kurz nach der Empfehlung der Ständigen Impfkommission für eine Booster-Impfung für alle nach dem Ablauf von sechs Monaten, ist die Politik schon wieder einen Schritt weiter: In Rheinland-Pfalz ist die Booster-Impfung ab kommender Woche nun auch schon nach Ablauf von fünf Monaten möglich. So kommuniziert es nun das Land Rheinland-Pfalz in seinen sozialen Kanälen. Tatsächlich hatte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) das am Donnerstagabend nach der Bund-Länder-Konferenz auch angekündigt – eine Begründung dafür gab sie nicht.

Rheinland-Pfalz ist mit seiner Entscheidung nicht allein: Auch andere Bundesländer wie Berlin oder Bayern bieten die dritte Auffrischungsimpfung nun schon nach Ablauf von fünf Monaten an – offenbar in dem Bemühen, so schnell wie möglich so viele Menschen wie möglich mit einer dritten Impfung zu versorgen. Die Hoffnung der Politik: Sie will damit die vierte Corona-Welle brechen, das Vorbild lautet Israel – dort war es in der Tat gelungen, mit Booster-Impfungen eine hochschnellende neue Corona-Welle auszubremsen. Israel allerdings begann sehr früh mit den Booster-Impfungen und führte sie sehr stringent durch – anders als in Deutschland.

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Bis zu einem halben Kilometer lang betrug die Schlange vor dem Impfbus in Mainz vergangenen Mittwoch. - Foto: gik
Bis zu einem halben Kilometer lang betrug die Schlange vor dem Impfbus in Mainz vergangenen Mittwoch. – Foto: gik

Hier geht bislang das Impfchaos weiter: Impfbusse, Impfstationen, Kliniken und Hausärzte werden derzeit komplett überrannt von Impfwilligen, die zudem auch noch impfberechtigt sind, weil sie früh im Jahr ihre ersten und zweiten Corona-Impfungen bekommen hatten. Das betrifft vor allem hochbetagte Senioren über 70 Jahre, aber eben auch Pfleger in Altenheimen und Kliniken, Helfer der Rettungsdienste und Hoch-Risiko-Patienten. Die Sorge bei vielen ist groß, weil sich Berichte über sogenannte Impfdurchbrüche stark zugenommen haben – also Infektionen mit dem Coronavirus trotz vollständiger Impfung.

Neue Daten aus der Wissenschaft zeigen in der Tat, dass der Impfschutz wohl schneller abnimmt, als ursprünglich gedacht – Schuld ist wohl die deutlich hochansteckendere und aggressivere Delat-Variante. Studien zufolge nimmt demnach gerade der Impfschutz von AstraZeneca bereits nach vier Monaten rapide ab, der Impfstoff von Biontech scheint nach etwa sechs Monaten rapide an Wirkung zu verlieren. Am besten schlägt sich derzeit wohl der mRNA-Impfstoff von Moderna, dem die Experten derzeit eine Wirksamkeit von sieben Monaten und mehr bescheinigen.

Die Corona-Impfstoffe treten auch weiter sehr zuverlässig dem Coronavirus in den Allerwertesten, sagen die Experten. - Foto: MCV/Sascha Kopp
Die Corona-Impfstoffe treten auch weiter sehr zuverlässig dem Coronavirus in den Allerwertesten, sagen die Experten. – Foto: MCV/Sascha Kopp

Wobei geringe Wirksamkeit relativ ist: Alle Impfstoffe, so betonen Virologen und Ärzte einhellig, verhindern auch weiter mit einer hohen Wirksamkeit schwere Verläufe und Todesfälle durch Covid-19, was aber offenbar stark nachlässt ist die Infektionswahrscheinlichkeit sowie die Übertragungsrate des Virus. Will sagen: Je länger die Impfung her ist, umso leichter kann sich der Betroffene wieder infizieren – und umso ansteckender wird er auch wieder. Genau das besagten die Daten aus Israel: Dort konnte gerade durch das Boostern der jüngeren Generation die Übertragungsrate des Virus stark abgebremst werden.

Dass eine dritte Impfung den Impfschutz wieder auf einem sehr hohen Level von 95 Prozent und mehr herstellt, hatte das Mainzer Unternehmen Biontech gerade Anfang November in seinen Studien belegt – Biontech wurde damals reine Geldschneiderei vorgeworfen. Inzwischen gehen renommierte Forscher wie der Immunologe Carsten Watzl aber davon aus: Die dritte Impfung ist nicht nur ein „Nice to have“ – also etwas, das „nett zu haben“ wäre – sondern eine Notwendigkeit – ohne die dritte Impfung sei offenbar der Impfschutz gegen das Coronavirus gar nicht vollständig, heißt es nun. Das sei auch überhaupt  nicht ungewöhnlich, betonen Experten, auch bei vielen anderen Impfungen sei der Impfschutz erst nach dem dritten Mal komplett.

Lange Schlange vor dem Impfbus in Mainz vergangenen Mittwoch. - Foto: gik
Lange Schlange vor dem Impfbus in Mainz vergangenen Mittwoch. – Foto: gik

Derweil ringt die Politik sehr kurzfristig mit dem Problem, wie der große Ansturm der Booster-Willigen nun zu bewältigen sei – am Mittwoch warteten in Mainz Impfwillige bis zu fünf Stunden vor dem Impfbus des Landes. Beim Mainzer Gesundheitsministerium verweist man auf Nachfrage indes auf die Hausärzte: „Vor allem sind die niedergelassenen Ärzte gefragt, wenn es ums Boostern geht“, teilte ein Sprecher gegenüber Mainz& mit: „Diese haben im Sommer zugesichert, das Pensum zu schaffen.“

In Rheinland-Pfalz haben nach Zahlen des Ministeriums allein im November 282.241 Menschen Anspruch auf eine Booster-Impfung, im Dezember sind es dann noch einmal 262.658. Damit müssten bis Jahresende mehr als eine halbe Million Rheinland-Pfälzer die dritter Spritze erhalten. Beim Land heißt es: „Wir wollen überall weitere zusätzliche Impfmöglichkeiten“, man sei dazu mit allen Landkreisen und kreisfreien Städten im Gespräch. Mit einem verstärkten Einsatz von Impfbussen in den Einzugsgebieten der 23 Kommunen, deren Impfzentrum nicht mehr bestünden, sollten mögliche Lücken geschlossen werden.

Noch sind die Impfzentren im Land geschlossen, kommende Woche soll es dort aber wieder losgehen. - Foto: Stadt Wiesbaden
Noch sind die Impfzentren im Land geschlossen, kommende Woche soll es dort aber wieder losgehen. – Foto: Stadt Wiesbaden

Dazu verstärke das Land selbst seine Impfbusse auf 12 – derzeit sind acht Busse im Land unterwegs – und biete zudem mobile Teams an, habe 21 Krankenhausstandorte organisiert sowie die Reaktivierung von acht Impfzentren aus dem Standby-Betrieb auf den Weg gebracht. Alles das seien „ergänzende Angebote zur Impfkampagne bei den Ärzten“, betonte der Sprecher zudem mehrfach: „Wir gehen davon aus, dass es durch die zusätzlichen Angebote des Landes zu einer Entlastung kommen wird.“

Das Land werbe gegenüber den Kommunen aber gleichzeitig dafür, „gerade im Herbst und Winter auch wettergeschützte Plätze in Kombination mit den Impfbussen anzubieten.“, sagte der Sprecher weiter. Aktuell sei Impfkoordinator Daniel Stich auch mit dem Technischen Hilfswerk im Gespräch über mögliche wetterfeste Lösungen durch den Einsatz von Großzelten. „Auch wir halten es für nicht richtig, wenn vor allem ältere Menschen lange Zeit im Herbst und Winter draußen in einer Schlange warten müssen“, fügte der Sprecher hinzu.

Die Corona-Impfungen haben die Hausärzte übernommen - und werden überrannt. Mobile Stationen wie hier auf dem Lerchenberg im Sommer sind deshalb begehrt. - Foto: gik
Die Corona-Impfungen haben die Hausärzte übernommen – und werden überrannt. Mobile Stationen wie hier auf dem Lerchenberg im Sommer sind deshalb begehrt. – Foto: gik

Das Land besserte zudem bereits am Freitag seine Online-Anmeldung im Internet nach: Anmelden für eine dritte Booster-Impfung kann man sich dort nun schon nach dem Ablauf von fünf Monaten, Benutzer berichteten, sie hätten schon nach einem Tag ihren Impftermin erhalten – und zwar prompt für kommende Woche. Mainzer werden dabei offenbar auch ins Impfzentrum Ingelheim eingebucht, das kommenden Mittwoch wieder öffnen will. In Mainz teilte die Stadt auf Mainz&-Anfrage mit, man komme bei der Suche nach Personal „sehr gut voran“ – das Mainzer Impfzentrum werde voraussichtlich am 1. Dezember wieder öffnen.

Bei den Hausärzten heißt es derweil: „Die Hausarztpraxen stehen unter maximaler Belastung“, sagte die Vorsitzende des Hausärzteverbandes Rheinland-Pfalz, Barbara Römer auf Mainz&-Anfrage: „Eine normale Patientenversorgung und Impfkampagne ist kaum mehr möglich, da unser Praxisalltag durch Massen an Impfanfragen praktisch lahmgelegt ist.“ Die Schuld dafür sieht man aber bei der Politik: „Die Bevölkerung ist durch die öffentliche, ständig im Inhalt wechselnde und insbesondere dramatisierende Kommunikation massiv verunsichert,  ja zu einem großen Teil panisch“, kritisierte Römer.

Mitarbeiter in einem Impfbus des Landes. - Foto: Staatskanzlei RLP/Sämmer
Mitarbeiter in einem Impfbus des Landes. – Foto: Staatskanzlei RLP/Sämmer

Bis vor wenigen Tagen sei für die Arztpraxen „gemäß Stiko klar gewesen: geboostert würden alle Menschen ab 70 Jahre, Mitarbeitende im medizinischen Bereich, in Pflegeheimen sowie altersunabhängig Menschen mit Immunsuppression, sagte Römer weiter, und betonte: „Dies wäre problemlos von den Praxen zu stemmen gewesen.“ Doch dann habe die Stiko ihre Empfehlung geändert, die rheinland-pfälzischen Arztpraxen daraufhin in den vergangenen 14 Tagen ihre wöchentlichen Impfleistungen verdoppelt – auf aktuell rund 68.000 Impfungen gegen Corona pro Woche.

„Gleichzeitig überrollt uns in den Praxen momentan eine Infektwelle ungewohnten Ausmaßes“, klagte Römer weiter. Das zentrale Problem dabei sei aber vor allem „die viel zu hohe Zahl Ungeimpfter“, kritisierte sie: „Die Infektsprechstunden laufen voll mit Coronapositiven“, zudem steige wegen der hohen psychischen Belastung der Gesamtbevölkerung der Gesprächsbedarf in den Praxen massiv an. Der „dringende Appell“ der Hausärzte laute deshalb: „Eine Abrüstung in der aktuell hysterisierten Kommunikation.“, mehr Geduld, Solidarität und Verständnis, Kontakte reduzieren, Maske tragen, auf Hygiene achten und vor allem eines: „Holen Sie sich jetzt vor allem Ihre Erst- und Zweitimpfung“, plädierte Römer: „Jede Impfung zählt!“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Chaos bei den Booster-Impfungen lest Ihr hier bei Mainz&, mehr dazu, wie sinnvoll die Booster-Impfungen sind, lest Ihr hier bei Mainz&. Infos zu Impfmöglichkeiten in Wiesbaden findet Ihr hier bei Mainz&.

Acht Impzentren in Rheinland-Pfalz sollen Mittwoch wieder öffnen, darunter das Impfzentrum Ingelheim, dort soll ab dem 24. November zunächst werktäglich von – Achtung: neu! – 7.00 bis 20.00 Uhr geimpft werden. Rund 800 Impfungen sollen hier pro Tag erledigt werden. Einen Termin kann man jedoch NUR über die Landesseite  www.impftermin.rlp.de ausmachen, für eine Erst-, Zweit- oder Auffrischungsimpfung. Alternativ können Impftermine auch telefonisch unter der Telefonnummer 0800 – 57 58 100 vereinbart werden. Auch die Stadt Mainz will ab dem 01. Dezember rund 800 Impfungen pro Tag im wiedereröffneten Impfzentrum durchführen, die Anmeldung sei ab sofort über die Landesseite möglich, teilte die Stadt am Montag mit.

In die Stadt Mainz kommt im November noch dreimal ein Impfbus, und zwar hierhin:

  • Montag, 22. November 2021, 9.00 bis 16.00 Uhr
    Impfbus des Landes, eine Aktion des TSG Mainz Bretzenheim, findet jedoch in der Hans-Böckler-Straße 2 (Schulgelände der IGS Bretzenheim) statt

Sonntag, 28. November 2021, 9.00 bis 17.00 Uhr
neu: an der Sporthalle der BBS I und III Am Judensand 8, 55122 Mainz

Dienstag, 30. November 2021, neu: 8.00 bis 15.00 Uhr
neu: an der Sporthalle Mombach “Am Großen Sand”, Obere Kreuzstraße 9-13, 55120 Mainz