Das war ein Gewusel heute Nachmittag im Mainzer Rathaus! Mehrere Dutzend Eltern und Kinder blockierten das Rathausfoyer, die Tribüne und alle Zugänge zum Ratssaal, Kinderwägen verstopften die Gänge, Kleinkinder liefen kreuz und quer zwischen den Beinen herum. Die erbosten Eltern waren gekommen, um ihrem Unmut über den anhaltenden Kita-Streik Luft zu machen. Aber nicht, weil sie die Erzieherinnen nicht verständen, nein: Die Eltern forderten Informationen, wie es beim Streik steht und wie es weiter geht.

Elternprotest Kita-Streik - volles Rathausfoyer
Andrang im Rathaus-Foyer – Foto: gik

„Wir möchten, dass endlich was passiert, wir brauchen Informationen, wie es weiter geht“, sagte Britta Piepho, Mutter zweier kleiner Kinder, Mainz&. „Nirgendwo steht was“, empörte sich eine andere Mutter. „In den Medien wird nichts berichtet, wir haben überhaupt keine Informationen“, schimpfte ein Vater.

3. Streikwoche droht – Eltern wissen nicht mehr weiter

Die Wut der Eltern ist groß, und sie ist verständlich: Dies ist schon die zweite Woche des Kita-Streiks, und viele Eltern wissen nicht mehr weiter. „Ich bin eigens aus Hagen gekommen“, erklärte Oma Doris Piepho. Andere beschäftigen die Schwiegermutter – oder müssen zuhause bleiben. „Ich nehme Kinder von anderen Müttern auf, die arbeiten müssen“, sagte eine Mutter. Mit vier Kleinkindern zuhause, das sei aber kein Vergnügen. „Das ist Stress pur“, sekundierte eine andere Mutter.

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„Ich behelfe mir mit Freunden oder Familie, mache auch mal Homeoffice oder nehme den Kleinen mit zur Arbeit“, erzählte Jutta Bretschneider Mainz&. Aber das gehe mal eine Woche, vielleicht auch zwei – aber definitiv keine drei Wochen. Doch der Streik solle offenbar auch kommende Woche fortgesetzt werden. „Viele wissen nicht mehr weiter, die Kinder können nicht mehr“, betonte Bretschneider: „Was wir alle wollen ist, dass die Kinder wieder in die Kita können. Wir wollen unseren Alltag zurück.“

Verständnis von Stadt, Verhandlungen zentral geführt

„Wir haben ja Verständnis“, sagte der Mainzer Sozialdezernent Kurt Merkator (SPD), der sich schließlich ins Gespräch mit den Eltern begab: „Aber die Verhandlungen werden zentral geführt.“ – „Sie sind doch unser Sprachrohr“, entgegnete eine erboste Mutter, „Sie können doch mehr tun!“ Dem ist aber leider nicht so, denn die Verhandlungen werden zentral geführt, von der Dienstleistungsgwerkschaft ver.di auf der einen und dem Kommunalen Arbeitgeberverband andererseits. Und da tut sich derzeit eben herzlich wenig.

Elternprotest Kita-Streik - Kinderwägen im Rathausfoyer
Kinderwagenstau im Rathausfoyer – Foto: gik

Der Arbeitgeberverband wirft der Gewerkschaft vor, die Verhandlungen abgebrochen und den Streik begonnen zu haben. Ver.di hingegen wirft den Arbeitgebern vor, „jeden generellen Bedarf zur Aufwertung unseres Berufs zu leugnen“ und in fünf Verhandlungen kein Angebot vorgelegt zu haben. Stattdessen gebe es „nur vage Vorschläge“, nach denen die meisten Erzieher leer ausgehen sollten. „Das können und wollen wir nicht hinnehmen“, heißt es auf dieser Internetseite von ver.di.

Keine Bewegung in den Verhandlungen

Damit habt Ihr auch die Erklärung, warum die Medien in den vergangenen Tagen so wenig berichtet haben: Es gab einfach nichts zu berichten. Also im Sinne einer Bewegung, etwas Neuem. Berichte über den Kita-Streik an sich gab es viele – aber wir Medien sind ja gehalten zu berichten, was sich tut, was es Neues gibt. Und wenn sich nichts tut…. Und natürlich berichtet Mainz& heute von der Eltern-Aktion – genau so etwas ist ja geeignet, Bewegung in die Sache zu bringen.

Im Rathaus tat man sich aber nach unserem Eindruck ziemlich schwer damit, mit seinen Bürgern einfach mal zu reden. Fast eine Stunde lang wurde einfach pausiert, die Ratssitzung verschoben. Mit den Eltern redeten nur wenige. „Wir haben Regeln hier im Stadtrat“, versuchte sich Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) im Ratssaal Gehör zu verschaffen, „wir können nicht einfach mal so, weil’s opportun oder amüsant wäre, die Stadtratssitzung verändern.“ Warum eigentlich nicht?

Eltern: „Führen Sie doch mal den Dialog! Mit uns!“

Es würde schon nicht gleich Anarchie ausbrechen, wenn man auf seine Bürger einfach mal einginge – was nach unserer Beobachtung viel zu spät geschah. Für die Eltern waren solche Sätze offenbar auch unverständlich. „Führen Sie doch mal den Dialog“, forderte ein Vater im Foyer. „Mit wem?“, fragte daraufhin Merkator zurück. „Mit uns!“ lautete die Antwort.

Jugendmaskenzug Mainz - Foto: gik
Jugendmaskenzug Mainz – Foto: gik
Im Gespräch mit Mainz& sagte Ebling, er habe „absolut Verständnis“ für die Eltern. Der Mainzer Stadtrat sei aber der falsche Ort für den Protest. „Wir können das hier ja nicht durch Handauflegen lösen“, sagte der OB. Verständnis für die Forderungen der Erzieher habe er auch. „An vielen Stellen im öffentlichen Dienst erscheint mir der Korrekturbedarf hoch, um qualifizierte Dienstleistung nachhaltig zu sichern“, schrieb Ebling in einem Brief an das „Bündnis für Kinder in städtischen Kindertagesstätten.“

Ebling: Höhere Gehälter erhöhen Schuldenstand der Stadt

„Ich kann aber auch nicht ausblenden, dass wir das Mehr von der Bank holen werden“, sagte Ebling Mainz&: „Das wird unseren Schuldenstand erhöhen.“ Das ist das Dilemma der Kommunen: Viele würden ja gerne mehr zahlen – aber woher das Geld dafür nehmen? Rund 1.000 Erzieher beschäftigt die Stadt, da geht auch ein kleines Plus bei den Gehältern richtig ins Geld.

Die Eltern fordern nun aber auch die Aussetzung der Sommerschließungen in den Kitas und die Rückzahlungen von Gebühren für Essen. Auch bräuchte es mehr als die 600 Notfallplätze. Das sei leider nicht möglich, sagte Ebling, denn für mehr Kita-Notplätze brauche es ja auch Personal, „und das streikt ja gerade.“

Trotzdem bekamen die Eltern auch Schützenhilfe von der Stadtspitze: „Die Arbeitgeber müssen mal ein Angebot vorlegen, da gebe ich Ihnen Recht“, sagte Merkator den Eltern. „Unser Ziel heute war, Druck zu machen“, sagte Bretschneider. Die Eltern stünden zwischen den beiden Seiten, zwischen allen Stühlen sozusagen, und „solange wir still bleiben, tut sich nichts.“

Ver.di: Streik über Pfingsten hinaus

Ver.di teilte übrigens am Nachmittag mit, der Streik werde auch über Pfingsten hinaus fortgesetzt. „Die Arbeitgeber setzen darauf, den Streik auf dem Rücken von Eltern und Kindern auszusitzen“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske und verwies auf eine Arbeitgeberkonferenz, die erst für den 28. Mai angesetzt sei. Dazu ließ er das Argument Geld nicht gelten: Bund, Länder und Gemeinden würden bis zum Jahr 2019 insgesamt 38 Milliarden Euro mehr einnehmen als bisher eingeplant, etwa acht Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr, das besage die aktuelle Steuerschätzung.
Spielräume für die Kommunen zur Finanzierung der Tarifforderung seien also vorhanden.

Info& auf Mainz&: Natürlich werden wir Euch gerne auf dem Laufenden halten – wenn es denn etwas Neues gibt. Informationen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände findet Ihr hier. Die Seite der Gewerkschaft ver.di zum Kita-Streik findet Ihr hier.

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