Die Sanierung des Rathauses am Mainzer Rheinufer wird erneut teurer: Das Budget für die Rathaussanierung müsse um 16 Millionen Euro erhöht werden, teilte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) nun mit – ein Plus von 15,4 Prozent gegenüber der ursprünglichen Planung von vor fünf Jahren. Haase sprach von einer „bemerkenswert stabilen“ Entwicklung, langjährige Beobachter sehen das anders: Versprochen wurde einst ein Kostendeckel von 70 Millionen Euro. Tatsächlich erhielt die ursprüngliche Kostenschätzung gar nicht alle Posten, musste Haase nun einräumen, das Volumen für die Sanierung steige deshalb nun auf 124,5 Millionen Euro.

Die Sanierung des Mainzer Rathauses wurde durch den Mainzer Stadtrat endgültig im September 2020 beschlossen, damals mit einem Gesamtbudget in Höhe von 104,1 Millionen Euro. Die Debatte um die Sanierung des maroden Arne Jacobsen-Baus aus den 1960er Jahren ist indes deutlich älter: 2015 hatte der damalige Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) noch versprochen, er werde einen Kostendeckel von 50 Millionen Euro einziehen, zwei Jahre später musste Ebling bereits einräumen: Der Kostendeckel sei nicht zu halten, es müsse mit mindestens 60 Millionen Euro gerechnet werden.
Die Sanierung des Rathauses mit der besonderen Architektur war in Mainz ohnehin stark umstritten, viele Mainzer hatten sich mit dem grauen Betonbau mit den abweisend-vergitterten Fenstern und der düsteren Atmosphäre im Inneren nie recht anfreunden können. Mitarbeiter im Rathaus klagten über Fenster, die sich nicht öffnen, und eine Klimaanlage, die sich nie regulieren ließ, von der Fassade fielen Betonplatten, jahrelang regnete es rein.
Sanierungskosten für das Rathaus: Von 50 auf 75 auf 100 Millionen
Dennoch beschloss der Stadtrat schließlich nach langen Debatten die Sanierung des kurz zuvor unter Denkmalschutz gestellten Baus – einzig die CDU hatte für den Verkauf des Rathauses und eine Alternativlösung plädiert. Ein Neubau, der ein modernes, klimagarechtes Rathaus ermöglicht hätte, wurde noch 2017 auf rund 75 Millionen Euro veranschlagt, das befanden die regierenden Parteien aus SPD, Grünen und FDP als zu teuer.

Im September 2020 musste Ebling dann einräumen: Auch der inzwischen auf 71 Millionen Euro gestiegene Kostenrahmung für die Sanierung des maroden Baus sei nicht zu halten, er werde dem Stadtrat deshalb einen neuen Kostenplan von rund 97,1 Millionen Euro vorschlagen müssen. Die Reaktionen fielen heftig aus, die Opposition warf dem Oberbürgermeister vor, die wahren Kosten jahrelang verschleiert zu haben – die 100 Millionen Euro hätten von Anfang an auf dem Tisch gelegen. „Sandmännchen“ Ebling habe allen Sand in die Augengestreut, klagte die CDU.
Nun teilte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) mit: Das Budget für die Rathaussanierung müsse erneut erweitert werden und steige nun mehr auf rund 125 Millionen Euro. Der jüngste Controlling-Bericht habe Mehrkosten von 10,5 Millionen Euro ausgewiesen, dazu komme eine neue Rechnung für Kostenrisiken, die zum 30. Oktober 2025 auf 5,5 Millionen Euro taxiert würden. „Dies zusammen erfordert eine Budgeterhöhung um 16,0 Millionen Euro, ein Plus von 15,4 Prozent gegenüber der ursprünglichen Planung vor fünf Jahren“, informierte Haase weiter.
Leidecker und Huch: Ebling sollte sich bei uns entschuldigen
Zugleich sprach der OB von einer „bemerkenswert stabilen“ Kostenentwicklung: „Niemand freut sich über Kostensteigerungen“, betonte Haase, „doch mit 15,6 Prozent liegen wir weit unter den Befürchtungen, die man angesichts der globalen Rahmenbedingungen haben musste.“ Weltweit habe es „massive Sprünge“ bei den Baukosten gegeben, in Deutschland habe sich der Baupreisindex gar um 49,6 Prozent im Vergleichszeitraum verteuert. „Öffentliche Bauprojekte landen im Schnitt bei knapp 80 Prozent Kostensteigerungen“, betonte Haase. Die Kosten für die Rathaussanierung seien „deutlich weniger als im Bundesdurchschnitt gestiegen“, das sei „eine beachtliche Leistung der Projektgruppe und das Ergebnis eines hochprofessionellen Controllings.“

Legt man allerdings die ursprünglich versprochenen 60 Millionen Euro zugrunde, dann stellt sich heraus: Die Sanierung des Mainzer Rathauses wird doppelt so teuer wie ursprünglich versprochen. Das rief zwei frühere Mainzer Kommunalpolitiker auf den Plan: „Damals hatte der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling Felix Maximilian Leidecker und mich verspottet, weil wir die Sanierungskosten des Mainzer Rathauses angezweifelt haben“, reagierte nun der frühere Mainzer FDP-Politiker Tobias Huch: „Ich sprach von vermutlich über 100 Millionen Euro bis zu 150 Millionen Euro- dafür gab es noch mehr Hohn und Spott.“
Huch und der damalige JU-Chef Felix Leidecker hatten 2013 eine Initiative für ein Bürgerbegehren über die Rathaussanierung gestartet, die Bürgerbefragung kam nie zustande. Leidecker und Huch hatten damals bereits mehrfach gewarnt, die Rathaussanierung werde „im dreistelligen Millionenbereich landen“, das hätten ihnen diverse Experten bestätigt. „Durch unseren Einwohnerantrag haben wir zumindest Transparenz erzwungen und die Kosten kontrollieren lassen, das hat der Stadt Mainz vermutlich über 50 Millionen Euro gespart“, reagierte Huch nun, und meinte angesichts der Kostenexplosion: „Vielleicht sollte Ebling mal bei uns um Entschuldigung bitten.“

Im Baubudget von 2020 fehlten Kosten für Innenausstattung
Haase informierte nun, die Sanierung des Mainzer Rathauses gehe „erfolgreich voran“, die Arbeiten seien im Zeitplan – die Fertigstellung im Juli 2027 werde wohl gehalten werden können. Zugleich musste der OB aber einräumen: Im 2020 dem Stadtrat vorgelegten Baubudget in Höhe von 104,1 Millionen Euro seien gar nicht alle Kosten für die Sanierung erfasst worden – das gelte etwa für die „Kostengruppe 600“, in denen die Kosten für die Gebäudeausstattung sowie das Mobiliar enthalten seien.

„Um alle Baukosten effizient und transparent steuern zu können, müssen selbstverständlich alle Kostenarten berücksichtigt werden“, betonte Haase: „Als ich erfuhr, dass die Ausstattung bei der ursprünglichen Verwaltungsvorlage nicht aufgeführt wurde, entschied ich, eine aktualisierte Kostenkalkulation erstellen und diese im Budget vollständig berücksichtigen zu lassen.“ Die Kalkulation für die KG 600 habe Kosten in Höhe von rund 4,5 Millionen Euro ergeben, die ab sofort im Budget mit eingeplant würden. Inklusive der Mehrkosten und Kostenrisiken und unter Berücksichtigung der Kostengruppe 600 liege das notwendige Baubudget deshalb nun bei 124,6 Millionen Euro.
Auch der Projektleiter für die Rathaussanierung, Andreas Grund, räumte ein, es sei „ein Drahtseilakt, das Gebäude als einen modernen Verwaltungssitz zu gestalten und gleichzeitig die gravierend angestiegenen Auflagen des Brand- und Arbeitsschutzes sowie die engen Vorgaben des Denkmalschutzes bei allen Gewerken in Einklang zu bringen.“ Gleichzeitig hätten mit der Corona-Pandemie, der Strompreisentwicklung im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg sowie mit dem – zeitweise ungewöhnlich hohen – Anstieg der allgemeinen Teuerungsrate „unvorhersehbare Variablen auf das Projekt eingewirkt.“ Diese gravierenden externen Ereignisse stellten „eine große Herausforderung auf der Baustelle dar im täglichen Ringen zur Einhaltung von Kosten- und Zeitplan.“
Mehrkosten von 10 Millionen Euro, weitere Risiken von 5,5 Millionen
Nach der derzeitigen Neuberechnung muss mit tatsächlichen Mehrkosten in Höhe von 10,5 Millionen Euro gerechnet werden, daneben wurden weitere Kostenrisiken in Höhe von 5,5 Millionen Euro „aus Gründen der Sorgfalt eingepreist“. Dabei handele es sich im Wesentlichen um Risiken bei der Vergabe und im Nachtrag, sagte Grund weiter: „Die Risiken sind von einem externen Projektsteuerer bewertet worden und bilden somit aktuell für uns einen soliden Handlungsrahmen mit Planungssicherheit.“

Nachdem zu Beginn der Sanierung die Entkernung des Baus sowie die Anbringung einer neuen Fassadenhülle im Fokus standen, seien es aktuell der Trockenausbau in den Innenräumen sowie die Installation der technischen Anlagen. Der nächste Meilenstein sei der Einbau der Stahl-Glas-Konstruktion im Innenhof, die künftig das neu geschaffene Bürgerforum überdachen wird. Hinzu kommt der Wiedereinbau der denkmalgeschützten Wandpaneele, Einbauschränke und Türen.
„Die Komplexität dieses Projektes ist enorm“, betonte Grund, rund 64 Gewerke müssten koordiniert werden. „Trotz einzelner Rückschläge sind wir nie vom Weg abgekommen und können heute zuversichtlich bestätigen: Wir sind weiter optimistisch, den geplanten Fertigstellungstermin im Juli 2027 halten zu können“, fügte der Bauleiter hinzu. Der Baufortschritt soll zudem künftig verstärkt durch Videos auf den städtischen Social-Media-Kanälen und auf mainz.de dokumentiert werden.

Baufortschritt per Video, Führungen für Bevölkerung
Zum Auftakt startete am 5. November 2025 ein Video, das die Komplexität des Gesamtprojektes anhand der zwei Schlüsselgewerke Stahlbau und Holzrückbau darstellt. Ab 2026 sind zudem Baustellenführungen für die Öffentlichkeit geplant. Das Mainzer Rathaus sei zwar „zweifellos ein bedeutsames Kulturdenkmal“, seine Architektur und Funktionalität habe sich bisher aber „nicht in die Herzen aller Mainzerinnen und Mainzer bringen können“, räumte Haase auch ein. Als Oberbürgermeister wolle er „die Chance der Sanierung nutzen, das Gebäude den Bürgerinnen und Bürgern nahezubringen und aufzuzeigen, was sich entscheidend verbessert.“
Zu den Verbesserungen gehören den Angaben zufolge erhebliche Energieeinsparungen, der Nutzung von Sonnenenergie sowie einer Fassade, die Schadstoffe abbaut. Auch das Bürgerdach mit einem einmaligen Dom- und Rheinblick werde ein Highlight, ebenso das Bürgerforum, das den Innenhof mit einer lichtdurchfluten Fläche erlebbar und vor allem sinnvoll nutzbar machen solle. „Gleichzeitig wird das Rathaus auf seiner Rheinseite durch die neue Gastronomie an Attraktivität gewinnen“, versprach Haase: Das neu sanierte Mainzer Rathaus werde insgesamt bürger- und umweltfreundlicher.
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