Die Wahl zum Oberbürgermeister von Mainz steht vor der Tür, und mit fünf Kandidaten ist das Bewerberfeld groß und spannend wie selten. Durchblick verspricht nun ein bei überregionalen Wahlen sehr populäres Instrument: Der Mainz-O-Mat. Anhand von 30 Thesen kann man sich hier informieren, welcher OB-Kandidat für welches Thema steht, und inwiefern man mit ihnen übereinstimmt. Erstmals gibt es damit einen Wahl-O-Mat auch zur Oberbürgermeisterwahl – die Partei Volt hat ihn entwickelt. Die Thesen drehen sich um bezahlbaren Wohnraum, eine autofreie Stadt, eine neue Rheinbrücke, Kiosk-Öffnungszeiten, Dachbegrünung, Bürgerbudget oder Bürgerbeteiligung.

Der Mainz-O-Mat, den die Partei Volt zur Mainzer Oberbürgermeisterwahl 2019 erstellt hat. - Foto: gik
Der Mainz-O-Mat, den die Partei Volt zur Mainzer Oberbürgermeisterwahl 2019 erstellt hat. – Foto: gik

Seit dem 9. Oktober, 20.00 Uhr ist das Wahlhilfe-Tool online, und wie bei den großen Vorbildern – dem Wahl-O-Mat der Zentralen für politische Bildung – betont auch Volt: Eine Wahlempfehlung ist mit dem Mainz-O-Mat nicht verbunden. „Dem Team von Volt Mainz liegt die Wahlbeteiligung sehr am Herzen, denn wir verfolgen das Ziel, die Bürger auf allen Ebenen wieder näher an die Politik zu bringen“, betont die noch neue, vor der Europawahl gegründete Partei. Das Ziel sei, dass möglichst viele Menschen an der Wahl zum Oberbürgermeister teilnähmen – vor acht Jahren, bei der bisher letzten Wahl, gingen gerade einmal 42,8 Prozent der Mainzer bei der Direktwahl des Stadtoberhaupts zur Wahlurne.

„Eine hohe Wahlbeteiligung ist Zeichen einer funktionierenden und lebhaften Demokratie“, betonten sie bei Volt, Voraussetzung dafür sei aber, „dass die Menschen in Mainz
gut informiert sind und gleichzeitig das Interesse an der Wahl gefördert wird.“ Mit dem Mainz-O-Mat wolle man damit einen Beitrag leisten, „und eine einfache, verständliche und leicht zugängliche Möglichkeit bieten, um sich einen Überblick über Positionen der Kandidierenden zu verschiedenen kommunalen Themen zu verschaffen.“

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30 Thesen werden im Mainz-O-Mat abgefragt, die Themen reichen von einem ganzheitlichen Fahrradkonzept über Klimathemen bis hin zu Kitaplätzen und der Frage, ob ein Oberbürgermeister im Stadtrat mit einer festen Parteienkonstellation zusammenarbeiten soll. Die Thesen seien in der Beschäftigung mit den Programmen der fünf Kandidaten entstanden und seien „keine Volt-Positionen, die wir mit den Positionen der Kandidaten abgleichen möchten“, betont die kleine Partei. Insgesamt habe man 63 Thesen erarbeitet, aus denen „mithilfe einer Umfrage und in einem redaktionellen Prozess“ 30 Thesen ausgewählt worden seien. Diese wurden am 26.09.19 an die Kandidierenden versandt, die hatten bis zum 8. Oktober Zeit für ihre Antworten.

Thesen des Mainz-O-Mats zur Mainzer Oberbürgermeisterwahl 2019. - Foto: gik
Thesen des Mainz-O-Mats zur Mainzer Oberbürgermeisterwahl 2019. – Foto: gik

Wie auch bei den großen Vorbildern, besteht auch der Mainz-O-Mat aus zwei Teilen: Die Kandidaten legten sich zur Beantwortung auf die Kategorie „Stimme zu“, „Neutral“ oder „Stimme nicht zu“ – dazu lieferten sie aber eine ausführliche Begründungen von bis zu 500 Zeichen. Und da wird es durchaus spannend: So stimmt Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) der These „länger als 5 Jahre leerstehender Wohnraum sollte enteignet werden“ zu und ergänzt dann in seiner Begründung: „Die Möglichkeit der Enteignung langjährig leerstehender Wohnimmobilien ist eine von vielen“, den „aus den Fugen geratenen Mietmarkt zu begrenzen.“

Seine Mitbewerber Tabea Rößner (Grüne) und Nino Haase (parteilos/CDU/ÖDP/FW) hingegen lehnen Enteignungen von Wohneigentum als Eingriff in die Eigentumsrechte (Rößner) bzw. in die individuelle Freiheit (Haase) ab. Martin Malcherek (Linke) und Martin Erhardt (Die Partei) stimmen hingegen der These zu, und verweisen auf das Grundgesetz, nach dem Eigentum der Allgemeinheit verpflichtet bleiben muss. Der These, bei Neubauprojekten solle die Quote für Sozialwohnungen bei mindestens 30 Prozent liegen, stimmen hingegen alle Kandidaten zu – bis auf Ebling. Er halte „einen Wettstreit über eine Höhe der Quote am Ende nicht für sinnvoll“, begründet der Sozialdemokrat sein Nein.

 

Der These „Bürgerentscheide sind ein gutes Instrument für die Bürgerbeteiligung“ wiederum stimmen Rößner, Malcherek und Erhardt klar zu – Ebling aber stimmt für „neutral“. Überraschend dabei: Auch Nino Haase, Organisator des Bürgerentscheids zum Bibelturm am Gutenberg-Museum, stellte seine Antwort auf „neutral“, seine Begründung: „Ein Bürgerentscheid ist immer eine Ja/Nein-Frage und kann daher keine gute, sondern nur eine Notlösung sein. Daneben ist er ein Zeichen dafür, dass die vorherige Kommunikation gescheitert ist. Eine frühzeitige, ganz aktive Bürgerbeteiligung ist der bessere Weg, einen Bürgerentscheid als Eskalation eines Konflikts zu vermeiden.“

Thesen des Mainz-O-Mats zur Mainzer Oberbürgermeisterwahl 2019. - Foto: gik
Thesen des Mainz-O-Mats zur Mainzer Oberbürgermeisterwahl 2019. – Foto: gik

Die Antworten zeigen: Bei diesem Mainz-O-Mat lohnt sich ganz besonders ein Blick in die Begründung der Thesen. Denn während sich bei dem großen Wahl-O-Mat häufig in den Begründungen parteipolitische Floskeln oder gar nur Auszüge aus Wahlprogrammen finden, liest man beim Mainz-O-Mat persönliche und individuelle Begründungen für die Beantwortung der Thesen – das macht die Lektüre besonders spannend. Über die Auswahl der Thesen lässt sich mit Sicherheit streiten – das aber ist beim großen Wahl-O-Mat nicht anders.

Bei dem Mainz-O-Mat von Volt stehen viele Themen rund um Verkehr und Umweltschutz im Fokus. Da geht es um den sechsspurigen Ausbau der A643, um eine Radspur auf der Kaiserstraße, ein 365-Euro-Ticket, die Citybahn sowie die Frage, ob neue Stadtteile komplett autofrei sein sollten. Interessant ist auch die Frage nach einer neuen Autobrücke über den Rhein: Nur Haase ist uneingeschränkt dafür, alle anderen sind auf den ersten Blick dagegen. Im Kleingedruckten liest man dann aber, dass auch Ebling für eine weitere Brücke ist – nur nicht für den Autoverkehr, sondern für ÖPNV und Radverkehr.

 

Ähnlich bei der Frage, ob Dachbegrünung in Mainz verpflichtend (!) für alle Stadtteile gemacht werden solle: Während Rößner und Ebling ihre Antwort auf „Ja“ stellen, schränken sie ihre Zustimmung in den Begründungen gleich wieder ein: „Öffentliche Gebäude und Bushaltestellen sollen wo möglich, begrünt werden“, heißt es bei Rößner, Ebling schreibt, er unterstütze diese Aussage „mit Maß und Ziel“. Haase hingegen legt sich auf den ersten Blick mit einem „neutral“ nicht fest, schreibt aber in der Begründung: „Dachbegrünung ist ein guter Schritt, um die Versiegelung zu kompensieren und Flächen für viele Tier- und Insektenarten zu gewinnen. Wollen wir in Mainz aber auch Solaranlagen fördern, sollten wir aber die Begrünung nicht verpflichtend machen.“

Am Ende bekommt der Benutzer, wie auch bei den großen Vorbildern, ein Ranking erstellt, mit welchem Kandidaten seine Antworten am meisten übereinstimmen. Auch kann man Thesen, die einem besonders wichtig sind, gewichten – und die Antworten auch im Nachhinein ändern. Für den Mainz-O-Mat sei übrigens eine „Open-Source-Lösung (Mahlowat)“ verwendet worden, die keine Daten über die Benutzer erhebt, betont Volt. Der Mainz-O-Mat werde mindestens bis zu einer möglichen Stichwahl am 10. November online verfügbar bleiben.

Info& auf Mainz&: Den Mainz-O-Mat findet Ihr hier im Internet, alles zur Mainzer OB-Wahl findet Ihr hier bei Mainz&. Die Wahl zum Mainzer Oberbürgermeister 2019 findet am 27. Oktober statt – mehr dazu lest Ihr hier. Wer genau Volt ist, haben wir hier bei der Europawahl erklärt.

 

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