Wenige Tage vor der Stichwahl bei der Wahl des Oberbürgermeisters von Mainz rufen die Grünen nun zur Wahl von Amtsinhaber Michael Ebling (SPD) auf. Eine Mitgliederversammlung habe mit großer Mehrheit am Montagabend eine Wahlempfehlung für Ebling ausgesprochen, teilten die Grünen am Dienstag mit. Für Ebling sprachen sich nicht nur der Parteivorstand aus, auch Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) plädierte für Ebling – und auch die grüne OB-Kandidatin Tabea Rößner, die im ersten Wahlgang ausgeschieden war. „Das ist für mich ein Verlust an Glaubwürdigkeit“, reagierte darauf Eblings Herausforderer Nino Haase (CDU/ÖDP/FW), die Grünen hätten doch seit Monaten immer wieder betont, wie sehr Ebling ihre Projekte in Sachen Verkehr und Umwelt torpediere. Update: Am Abend meldete sich Rößner bei Mainz& – und stellte klar: Ihre Aussagen seien in der „Allgemeinen Zeitung“ falsch wiedergegeben worden, sie werde Ebling persönlich nicht wählen – seinen Herausforderer Nino Haase allerdings auch nicht.

Die Grünen rufen zur Wahl von Amtsinhaber Michael Ebling (SPD) auf - trotz erheblicher Differenzen im Wahlkampf. - Foto: gik
Die Grünen rufen zur Wahl von Amtsinhaber Michael Ebling (SPD) auf – trotz erheblicher Differenzen im Wahlkampf. – Foto: gik

Bei der Stichwahl am Sonntag gehen Amtsinhaber Ebling und der parteilose Haase ins Rennen, Ebling war beim ersten Wahlgang am 27. Oktober auf 41 Prozent der Stimmen gekommen, Haase auf 32,4 Prozent. 30.278 Mainzer stimmten im ersten Wahlgang für Ebling, 23.968 für Haase – ein Unterschied von 6.310 Stimmen. Im ersten Wahlgang gescheitert war hingegen die grüne Kandidatin Rößner, die nur auf 22,5 Prozent kam und 16.621 Stimmen holte. Insgesamt entfielen auf Eblings Gegenkandidaten 19.683 Stimmen, die spannende Frage ist: Wie werden sich diese Stimmen am kommenden Sonntag bei der Stichwahl verteilen.

Die Grünen gaben nun als erste eine Wahlempfehlung ab: Am Montagabend stellte sich Ebling auf der Mitgliederversammlung der Grünen „ausführlich den Fragen unserer Mitglieder“, teilten die Vorsitzenden Katharina Binz und Christian Vierung mit. Viele der Fragen hätten sich um die Themen Mobilität, Klimaschutz und bezahlbares Wohnen gedreht. „Trotz einiger inhaltlicher Unterschiede konnte Michael Ebling viele Schnittmengen aufzeigen, die letztlich zum positiven Votum der Mitglieder geführt haben“, sagten Binz und Viering weiter. Den Ausschlag gegeben habe aber „die Erfahrung in der Zusammenarbeit der letzten Jahre mit Michael Ebling überzeugt.“

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Im OB-Wahlkampf hatten die Grünen allerdings wiederholt betont, wie schwierig die Zusammenarbeit mit Ebling in den vergangenen Jahren gewesen sei. Der Oberbürgermeister habe wiederholt grüne Projekte wie etwa zum Radwegebau, in Sachen Umwelt, aber auch beim Thema bezahlbares Wohnen persönlich blockiert, sagte OB-Kandidatin Rößner wiederholt auf Veranstaltungen. Auch Verkehrsdezernentin Eder erzählte mehrfach, Ebling habe gerade auch Radwegeprojekte aktiv unterbunden – am Montagabend habe sie einen nachdrücklichen Appell für Ebling gehalten, berichtet der Südwestrundfunk.

Plakat der grünen Kandidatin Tabea Rößner bei der OB-Wahl in Mainz. - Foto: gik
Plakat der grünen Kandidatin Tabea Rößner bei der OB-Wahl in Mainz. – Foto: gik

Auch Rößner selbst sprach sich nach Angaben der Allgemeinen Zeitung für Ebling aus. Das falle ihr „echt schwer“, da im Wahlkampf sowohl Ebling als auch Haase mit ihr „nicht nett umgegangen“ seien, wird Rößner von der AZ zitiert. Haase sei aber eine „Black Box“, bei dem man nicht wisse, was er wolle und der nicht verstanden habe, „wie Politik funktioniert“, deshalb unterstütze sie nun Ebling.

Update&: Am Dienstagabend meldete sich nach Veröffentlichung dieses Artikels OB-Kandidatin Rößner persönlich bei Mainz& – und stellte klar: Die Zeitung habe ihre Aussagen an dem Montagabend nicht korrekt wiedergegeben, der Satz mit dem „nicht nett“ etwa sei so nie gefallen. „Ich habe gesagt, dass es eine harte Auseinandersetzung im Wahlkampf war“, sagte Rößner gegenüber Mainz&, eine Unterstützung für Ebling falle ihr deshalb schwer. „Ich habe nicht gesagt, dass ich Herrn Ebling in der Stichwahl wählen werde“, stellte Rößner zudem klar: „Das werde ich nicht.“ Seinen Herausforderer Haase werde sie allerdings auch nicht wählen, stellte sie klar.

Der unabhängige OB-Kandidat Haase hatte in einer Reaktion auf die in der AZ zitierten Aussagen Rößners gesagt, er halte „ein solches Nachtreten einer erfahrenen Politikerin für absolut unwürdig“, nachzulesen auf seinem Facebook-Profil. Zudem hätte er den Grünen mehrfach Gesprächsangebote gemacht, auf die aber nicht eingegangen worden sei. Haase war zur Mitgliederversammlung der Grünen nicht eingeladen worden und hatte keine Möglichkeit bekommen, sich den Mitgliedern zu präsentieren. Grünen-Chefin Binz sagte auf Facebook, Haase habe sich weder bei ihr noch bei einem anderen Mitglied des Grünen-Vorstands gemeldet.

Haase sagte dazu auf Mainz&-Nachfrage, er habe noch am Sonntag mit einem Mitglied des Grünen-Fraktionsvorstandes – Marcel Kühle – gesprochen und im Übrigen vergangene Woche Rößner persönlich angesprochen und angeboten, sich den Grünen vorzustellen. „Ich bin sicher, dass meine Anfrage an den Parteivorstand angekommen ist“, sagte Haase, „die Reaktionen waren extrem ablehnend.“ Die Grünen vertäten eine Chance, glaubwürdig ihre Themen zu vertreten und für eine lösungsorientierte Politik einzustehen, stattdessen gehe es „nur um die Sicherung der Ampelkoalition“. „Seit Monaten höre ich mir auf Wahlkampfveranstaltungen durch die Grünen-Kandidatin und deren Unterstützer an, dass Herr Ebling alle grünen Projekte blockiert hätte: Fahrradwege, Stadtbegrünung, mehr sozial geförderten Wohnraum, Ausbau des ÖPNV“, schreibt Haase auf Facebook: „Und nun ist das alles vergessen?“ Das sei für ihn „ein Verlust an Glaubwürdigkeit.“

Im Wahlkampf hatte Rößner aktiv für einen Wechsel in der Stadtpolitik geworben und im Mainz&-Interview Ebling mangelnde Führungsqualitäten, zu wenig Bürgernähe und Intransparenz in seiner Politik vorgeworfen. Mainz brauche „den Blick in die Zukunft, viele Mainzter wünschen sich den Wechsel“, hatte Rößner etwa bei der Vorstellung ihres Programms betont. Gerade bei der Verkehrspolitik pro Radwege und ÖPNV hatte Rößner Ebling immer wieder Versäumnisse vorgeworfen, ebenso beim Gutenberg-Museum – und besonders scharf Eblings Idee eines neuen Stadtteils in der Frischluftschneise zwischen Hechtsheim und Ebersheim kritisiert. Die SPD hatte im Wahlkampf Rößner wiederholt scharf attackiert, und etwa in einer als neutral getarnten Telefonumfrage die Frage gestellt, ob die Mainzer „lieber eine Frau oder einen erfahrenen OB“ wollten.

Nun betonten die Grünen, Ebling habe inhaltlich und durch die gute Zusammenarbeit mit den Grünen in den vergangenen Jahren „überzeugt“, deshalb rufe man am Sonntag zur Wahl von Ebling auf. Update&: Rößner sagte dazu am Dienstagabend gegenüber Mainz&, Ebling habe den Grünen jetzt Zusagen insbesondere im Bereich des Grün- und Verkehrsdezernats gemacht, deshalb könne man den Wahlaufruf zugunsten Eblings unterstützen: „Die Empfehlung des Kreisverbandes ist richtig.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Frage, welche Partei wen unterstützt, lest Ihr hier bei Mainz&. Wie die Grünen im Wahlkampf argumentierten, könnt Ihr hier nachlesen, Haases facebookpost samt Reaktionen findet Ihr hier im Internet.

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