Es war ein Paukenschlag, als die irische Billigflugline Ryanair Anfang November verkündete, sie werde ab Sommer 2017 auch Flüge vom Rhein-Main-Airport Frankfurt aus anbieten. Ab dem Sommer werde Ryanair mit zwei Maschinen vier Ziele in Spanien und Portugal anfliegen, darunter Mallorca. Das sorgte prompt für heftige Empörung – denn der Flughafen-Betreiber Fraport räumte den Iren satte Rabatte bei den Landeentgelten ein. Ob die Fraport das überhaupt darf, ist indes noch nicht entschieden: Der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sagte am Donnerstag in Wiesbaden, die Rabatt-Entgeltordnung sei noch nicht genehmigt. In der Region wächst unterdessen die Sorge vor mehr Lärm: die Ryanair-Maschinen würden früh starten und spät landen.

Eine Ryanair-Maschine steht auf dem Flughafen Frankfurt-Hahn vor dem Flughafen-Gebäude, im Vordergrund ein Rollfeldwagen
Bislang startete Ryanair vom Flughafen Frankfurt-Hahn aus, ab Sommer 2017 nun auch noch von Frankfurt Rhein-Main – Foto: gik

Die Entscheidung ist vor allem ein schwerer Schlag für den Hunsrück-Flughafen Frankfurt-Hahn. Dort hatte Ryanair bisher seinen zentralen Deutschland-Hub und seine wichtigste Basis, mit Ryanair wurde der Hahn groß und lernte das Fliegen. Mit dem Schwächeln des Hahns, gingen allerdings auch die Iren auf Sondierungstour von Alternativen: Luxemburg und Köln-Bonn wurden auf einmal zu Ryanair-Standorten. Dass der Billigflieger nun aber ausgerechnet nach Frankfurt geht, dürfte der Todesstoß für den Passagierverkehr am Hahn sein.

Todesstoß für den schwächelnden Hahn?

Die rheinland-pfälzische Landesregierung versucht seit gut einem Jahr den rote Zahlen schreibenden Flughafen zu verkaufen, eine besonders gute Werbung war die Nachricht dafür nicht. An den Hahn hatten die Rheinland-Pfälzer die Iren erfolgreich mit enormen Rabatten bei den Gebühren gelockt, die hohen Entgelte in Frankfurt-Main wiederum verhinderten bisher Ryanair-Flüge von Rhein-Main aus. Und so pilgerte, wer billig fliegen wollte, brav über die B50 in den Hunsrück, nahm eine längere Anfahrt und immer weiter steigende Parkgebühren in Kauf.

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Doch Ryanair erhob in den vergangenen Jahren für alles und jedes Gebühren – die billigen Flüge waren auf einmal nicht mehr so viel billiger als ein Ticket von Rhein-Main. Die Passagierzahlen am Hahn sinken seit Jahren. Im derzeitigen Winterflugplan bietet Ryanair noch immer rund 30 Ziele an, darunter Mallorca, Faro, Lanzarote oder Tanger. Ob das so bleibt, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden: Nach Mallorca und Faro, Alicante und Malaga fliegt Ryanair nun auch ab Sommer 2017 von Frankfurt-Rhein-Main aus.

„Fraport gibt Anspruch auf, Premium-Flughafen zu sein, Panik muss groß sein“

Flughafen Gewirr Maschinen Vorfeld - Foto Fraport
Bisher Premium-Flughafen, künftig auch Low-Cost-Standort: Die Lufthansa ist schwer verärgert über die Fraport – Foto: Fraport

Die Zusammenarbeit mit Ryanair sei auf „ein langfristiges Wachstum der Airline“ in Frankfurt ausgelegt, betonte denn auch Fraport-Chef Stefan Schulte und betonte stolz: „Wir freuen uns, dass wir künftig mit Ryanair Europas führende Low-Cost-Airline im Programm haben.“ Mit Ryanair werde den Reisenden „ein weiteres, attraktives Reiseangebot mit modernsten Flugzeugen des Typs Boeing 737-800“ geboten, damit trage der Flughafen der stark wachsenden Nachfrage in dem Billig-Segment Rechnung. „Die Entscheidung Ryanairs für Frankfurt unterstreicht zudem die wachsende Bedeutung Frankfurts für Low-Cost-Verkehre“, betonte Schulte zudem.

Das sorgte für Staunen und nicht wenig Wut, ändert damit die Fraport doch eine sehr grundlegende Geschäftspolitik der vergangenen Jahre. „Wie groß muss die Panik im Fraport-Vorstand sein, dass man sich auf den Billigflieger einlässt und den Anspruch, ein Premium-Flughafen zu sein, aufgibt?“, sagte Thomas Scheffler, Sprecher des BBI, Bündnis der Bürgerinitiativen. Fraport sitze auf „milliardenschweren Fehlinvestitionen und versucht verzweifelt, den Flughafen besser auszulasten.“ Auch die Mainzer Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner (Grüne) kritisierte, das sei der Versuch, „die ohnehin niedrigen Flugbewegungen aufzubessern und somit den Bau der Nordwestlandebahn und des Terminals 3 zu rechtfertigen.“

„180-Grad-Wende“, „Eingeständnis falscher Prognosen“

Die neue Zusammenarbeit sei „eine 180-Grad-Wendung in der Geschäftspolitik“ und „das Eingeständnis, dass die Prognosen der Fraport zur Entwicklung und Marktpositionierung des Flughafens falsch waren“, sagte auch der Grünen-Fraktionschef im hessischen Landtag, Mathias Wagner. Bisher habe sich die Fraport als Flughafen „in der Oberklasse“ gesehen, „jetzt jubelt man, dass man verstärkt Standort von Billigfliegern wird. Gestern wollte Fraport der Porsche unter den Flughäfen sein, heute ist man mit einem Lada zufrieden.“

Startender Flieger klein Sonnenuntergang mit Maschinenende groß
Wird der Lärm gerade auch in den Nachtstunden durch Ryanair mehr? – Foto: gik

Es war ein erstaunliches Statement, stellen doch bekanntlich die Grünen in Hessen gemeinsam mit der CDU die Regierung. Die CDU begrüßte denn auch prompt die Zusammenarbeit und sagte, die Fraport müsse solchen Trends folgen – nur so könnten Wachstum gesteigert und Arbeitsplätze gesichert werden. Doch der hessische Verkehrsminister Al-Wazir ist nun einmal ein Grüner – und der hat nun ein Problem: Er muss die neue Entgeltordnung und damit die satten Rabatte für Ryanair genehmigen. Scheffler sagte denn auch, mit dem Ryanair-Coup brüskiere Fraport den Hessischen Wirtschaftsminister und daneben auch gleich seinen Hauptkunden Lufthansa.

Satte Rabatte von 40-50 Prozent bei Entgelten sorgen für Ärger

Denn Fraport gewährte Ryanair satte Rabatte als Neukunde, von 40 bis 50 Prozent spricht die Hessenschau. Die Rabatte seien für drei Jahre festgelegt und sollen sich nach und nach verringern. Lufthansa und Condor liefen prompt Sturm gegen die neue Konkurrenz und sahen sich deutlich benachteiligt. „Die erkennbare Verstimmung bei der Lufthansa über die Rabatte für Ryanair ist jedenfalls kein gutes Zeichen“, sagte der hessische SPD-Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel. Schulte zeigte sich trotzdem ausgesprochen optimistisch, dass das Land Hessen die neue Entgeltordnung genehmigen werde.

Terminal 3 Frankfurter Flughafen - Grafik Fraprot
Muss Fraport den Bau des teuren neuen Terminals 3 bereuen? – Foto: Fraport

Doch Al-Wazir sträubt sich offenbar: Am Donnerstag sagte er im Verkehrsausschuss des Landtags, über die Entgelte sei noch nicht entschieden, es fehle noch ein Gutachten. Die Opposition zeigte sich prompt irritiert – und erhöht den Druck auf den Minister: Al-Wazir dürfe die Rabatte „nicht einfach durchwinken“, Nachlässe für Billigflieger seien „weder ökologisch noch sozial verantwortbar“, sagte Linksfraktionschefin Janine Wissler. Ryanair sei berüchtigt für schlechte und unsoziale Arbeitsbedingungen, „solche unlautere Konkurrenz nach Frankfurt zu holen“ sei ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten der anderen Airlines und Dienstleister am Boden. Der durch Ryanairs Dumpingmethoden ausgelöste Druck drohe weitergegeben zu werden.

Preisspirale nach unten befürchtet, mehr Lärm in Randstunden

Mit Ryanair werde eine Preisspirale bei Flughafenentgelten und Arbeitslöhnen nach unten losgetreten, befürchtet auch die BI Sachsenhausen, die neue Strategie des Fraport-Vorstands gefährde „massiv den wirtschaftlichen Bestand des Unternehmens“, wie die Reaktionen der anderen Fluggesellschaften zeigten. Auch Scheffler betonte, Fraport biete hier womöglich Leistungen zu möglicherweise nicht kostendeckenden Preisen an und betreibe damit „unfairen Wettbewerb.“ Die Rabatte verzerrten den Wettbewerb und seien rechtswidrig, wetterte gar der Verband der in Deutschland tätigen Fluglinien (Barig) laut Hessenschau in einem Schreiben an Al-Wazir: Etablierte Airlines müssten im Gegenzug möglicherweise Strecken „konsolidieren“, also ihr Angebot einschränken.

Nicht nur an Rosenmontag ein klasse Motiv: MP Bouffier mit "Dackel" Al-Wazir - Foto: gik
So sahen es die Fluglärmgegner ja schon immer: Der hessische MP Bouffier mit seinem grünen „Dackel“ Al-Wazir – Foto: gik

Dazu befürchten die Fluglärm-Initiativen in Rhein-Main durch die neue Fluglinie mehr Lärm und negative Auswirkungen auf die Region: Scheffler sprach von 3.000 Flugbewegungen mehr pro Jahr, Ryanair selbst will im ersten Jahr bereits 400.000 Passagiere transportieren. Weil die beiden Ryanair-Maschinen zwei Runddurchläufe auf den Flugstrecken machen sollen, müssten die Maschinen laut Hessenschau morgens um 6.55 Uhr und 7.10 Uhr starten und am Nachmittag zurückkehren. Der zweite Umlauf bedeute dann eine Landung um 22.35 Uhr und 22.45 Uhr und damit kurz vor dem Nachtflugverbot. Damit verstärken die Iren auch den Lärm in den sensiblen Randstunden, allerdings gelten die eingesetzten Maschinen nicht als die lautesten.

„Liegen die Voraussetzungen vor, muss genehmigt werden“

Im Hessischen Verkehrsministerium hieß es dazu nur schmallippig, die Zahl der Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. „Wir gehen daher nicht davon aus, dass die jetzt angekündigten neuen Flugverbindungen zu einem sprunghaften Anstieg der Bewegungszahlen und der Lärmbelastung führen werden“, heißt es weiter. Dies gelte nicht zuletzt, weil sich andere Fluggesellschaften wie Air Berlin aktuell in Frankfurt mutmaßlich eher verkleinern würden.

Eine Intensivierung von Neubewerbern, also ein Locken mit Neukundenrabatten, sei „von Gesetzes wegen nicht per se verboten und wird auch andernorts praktiziert“, heißt es aus dem Ministerium weiter, man werde den Antrag anhand des geltenden Luftverkehrsgesetzes prüfen. „Liegen die Voraussetzungen vor, muss genehmigt werden“, heißt es allerdings auch, das bedeute , dass die Rabatte grundsätzlich allen Neubewerbern offenstünden. Derzeit sei „nicht ersichtlich, dass Fraport eine ‚Lex Ryanair‘ schaffen will.“

 

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