Seit dem 2. November herrscht wieder ein Teil-Lockdown in Deutschland, die spannende Frage derzeit: Greift der Lockdown zur Eingrenzung der Neuinfektionen mit dem Coronavirus oder nicht? Das Robert-Koch-Institut berichtete am Donnerstag, die Zahl der Neuinfektionen habe sich stabilisiert, doch eine echte Trendwende sei das noch nicht. Das würde bedeuten: Die Lockdown-Maßnahmen greifen, aber sie greifen langsam. Derweil meldet der Mainzer Impfstoffhersteller Biontech neue Erfolge – und reichte am Freitag einen Antrag auf Notfallzulassung in den USA ein.

Die Deutschland-Karte wird langsam wieder gelber, eine echte Entspannung ist das aber noch nicht, sagt das RKI. - Grafik: RKI, Screenshot: gik
Die Deutschland-Karte wird langsam wieder gelber, eine echte Entspannung ist das aber noch nicht, sagt das RKI. – Grafik: RKI, Screenshot: gik

22.609 neue Infektionsfälle meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) an diesem Donnerstag, damit lag die Zahl erneut auf einem Höchstwert. Die gute Nachricht dabei aber: Das war fast genausoviel wie vor einer Woche, damit steigen die Zahlen nicht weiter in die Höhe, das exponentielle Wachstum ist gebrochen – ein großer Erfolg bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Deutschland könnte damit durch einen vergleichsweise moderaten Lockdown geschafft haben, worum unsere europäischen Nachbarn noch ringen: Eine weitere Explosion der Infektionen zu stoppen und die Zahl der Erkrankungen in einem gerade noch handhabbaren Ausmaß zu halten.

„Das Infektionsgeschehen scheint sich auf einem hohen Niveau zu stabilisieren, die Zahlen steigen nicht weiter“, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler auf einem Briefing am Donnerstag. Der Haken dabei: „Wir wissen nicht, ob  das schon eine Trendwende ist“, betonte Wieler zugleich: „Die Lage bezüglich Covid-19 ist weiter sehr ernst.“ Die Fallzahlen sei noch immer zu hoch, die Zahl der schweren Verläufe und der Patienten auf den Intensivstationen steige weiter an. Auch die Zahl der in Folge einer Covid-Erkrankung Gestorbenen sei weiter sehr hoch, betonte Wieler – am Donnerstag wurden erneut 251 neue Tote gemeldet.

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Mag noch keine Entwarnung geben: RKI-Präsident Lothar Wieler. - Screenshot: gik
Mag noch keine Entwarnung geben: RKI-Präsident Lothar Wieler. – Screenshot: gik

Insgesamt wurden damit seit Beginn der Pandemie 855.916 Coronafälle in Deutschland gezählt, 13.370 Menschen sind an den Folgen der Krankheit Covid-19 gestorben. Seit Anfang Oktober seien die Fallzahlen erheblich angestiegen, nun habe sich die Entwicklung aber stabilisiert, sagte die Leiterin des RKI-Lagezentrums, Ute Rexroth. Die gute Nachricht sei: Die Zahlen lägen diese Woche auf einem ähnlichen Niveau wie vergangene Woche. „Wir denken, dass dies ein Hinweis darauf ist, dass die strengen Maßnahmen langsam greifen“, sagte Rexrodt. Das zeige auch, dass die Menschen sich an die Maßnahmen hielten. Die Kapazitäten der Bundesländer seien aber erschöpft

Zu Beginn seien die meisten Fälle in der Altersgruppen der über 80-Jährigen aufgetreten, das sei inzwischen wieder so: „Die Inzidenz bei den Älteren steigt“, sagte Rexroth, das bedeute auch, dass immer mehr Menschen in Krankhäuser kämen – Stand Mittwoch müssten derzeit mehr als 3.500 Menschen intensivmedizinisch behandelt werden, im Oktober waren das nur 487. Ein Drittel der Patienten habe dabei keinerlei Vorerkrankungen gehabt, sagte Rexroth, auch die Zahl der jüngeren Patienten auf den Intensivstationen nehme zu. Das RKI rechne damit, dass diese Woche insgesamt 1.000 Todesfälle erreicht würden.

Altersverteilung der Covid-19-Infektionen seit Beginn der Pandemie: je dunkler, desto mehr, jüngere stehen unten, die Älteren oben. - Grafik: RKI
Altersverteilung der Covid-19-Infektionen seit Beginn der Pandemie: je dunkler, desto mehr, jüngere stehen unten, die Älteren oben. – Grafik: RKI

Das Gesundheitsamt Mainz-Bingen meldete am Donnerstag insgesamt 139 Neuinfektionen, davon 52 im Landkreis Mainz-Bingen und 80 neue Fälle in der Stadt Mainz. Damit liegt Mainz weiter im tiefroten Corona-Hotspot-Bereich mit einer 7-Tages-Inzidenz von 218 Fällen pro 100.000 Einwohnern – vergangene Woche waren es allerdings noch mehr gewesen, Mainz wies zweitweise 260 Fälle pro 100.000 Einwohner auf. „Wir sind noch nicht über den Berg“, warnte Wieler denn auch, es drohe akut vor allem eine Überlastung der Krankenhäuser. Er sei zwar „sehr optimistisch“, dass sich der Trend bei den Fallzahlen fortsetzen werde, dennoch werde es „sehr lange dauern“, bis ein akzeptables Infektionsniveau wieder erreicht sei.

„Wir sind alle gemeinsam von der Pandemie betroffen, und wir können sie nur gemeinsam bewältigen, aber wir sind nicht hilflos“, betonte Wieler.  Es sei deshalb enorm wichtig, weiter Abstand zu halten, mindestens 1,50 Meter Breite. Alltagsmasken sollten konsequent getragen werden, „und zwar bitte richtig, über Mund und Nase“, unterstrich Wieler. Bei akuten Erkältungssymptomen solle man „mindestens fünf Tage zuhause“ bleiben. „Wir alle können dazu beitragen, neue Infektionen zu verhindern“, betonte Wieler, „wir dämmen dieses Virus gemeinsam ein: Wir sind der Damm – und er beginnt zu wirken.“

Biontech meldet: Der Corona-Impfstoff ist fertig. - Foto: gik
Biontech meldet: Der Corona-Impfstoff ist fertig. – Foto: gik

Hoffnung verbreitet auch weiter das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech: Das teilte am Mittwoch mit, man habe die Phase 3 der Erprobung des neuen Covid-Impfstoffes nun abgeschlossen, und die Ergebnisse seien noch besser als Anfang November angegeben. Damals hatte Biontech schon die Fachwelt mit der Nachricht verblüfft, der neu entwickelte Impfstoff habe eine Wirksamkeit von 90 Prozent, nun legten die Mainzer noch mal nach: Bei einer zweifachen Impfung mit je 30 Mikrogramm habe der Wirkstoff BNT162b2 eine 95-prozentige Wirksamkeit gezeigt, und das über alle Altersgruppen und die gesamte diverse Studienpopulation hinweg. Der Impfschutz bei Erwachsenen über 65 Jahren habe bei über 94 Prozent gelegen.

Schwerwiegenden Nebenwirkungen seien dabei ebenfalls nicht aufgetreten, die häufigste Nebenwirkung sei Erschöpfung mit einer Häufigkeit von 3,8 Prozent gewesen, gefolgt von Kopfschmerzen mit 2 Prozent. Die Abschlussanalyse sei nun nach 170 bestätigten COVID-19-Fällen durchgeführt worden. Biontech und seine amerikanische Partnerfirma Pfizer hatten den Impfstoff weltweit in verschiedenen Zentren an rund 43.000 Probranden erprobt. Die Phase-3-Studie zu BNT162b2 hatte am 27. Juli begonnen, 41.135 der Probanden hatten bis zum 13. November die zweite Dosis des Impfstoffs erhalten. 41 Prozent der weltweiten Studienteilnehmer und 45 Prozent der amerikanischen Studienteilnehmer sind im Alter von 56 bis 85 Jahren.

Die Phase 3 der Erprobung des Corona-Impstoffs ist abgeschlossen, Biontech und Pfizer werden noch im November die Zulassung beantragen. - Foto: Biontech
Die Phase 3 der Erprobung des Corona-Impstoffs ist abgeschlossen, Biontech und Pfizer werden noch im November die Zulassung beantragen. – Foto: Biontech

Mit den jetzt vorliegenden Ergebnissen seien auch die von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) geforderten Sicherheitsdaten für die Notfallzulassung in den USA erreicht worden, so Biontech und Pfizer weiter. Am Freitag reichten die beiden Unternehmen bereits den Antrag auf Notfallzulassung bei der amerikanischen FDA ein – es ist ein Meilenstein. Biontech und Pfizer sind damit die ersten, die einen durch sämtliche Phasen getesteten Corona-Impfstoff zur Zulassung beantragen.

„Wir sammeln weiterhin mit größtmöglicher Geschwindigkeit und auf Basis wissenschaftlicher Standards alle bisher erhobenen Daten und teilen diese mit Zulassungsbehörden auf der ganzen Welt“, betonte Pfizer-CEO Albert Bourla. Angesichts von hunderttausend Menschen, die sich jeden Tag weltweit mit dem Virus infizierten, „brauchen wir dringend einen sicheren und wirksamen Impfstoff.“ Man sei „in der Lage, den Impfstoff innerhalb von wenigen Stunden nach der Zulassung auszuliefern“, betonten Biontech und Pfizer. Nach ihrer derzeitigen Planung gehen die beiden Unternehmen davon aus, noch im Jahr 2020 weltweit bis zu 50 Millionen Impfstoffdosen produzieren zu können, und weitere bis zu 1,3 Milliarden Dosen bis Ende 2021.

Info& auf Mainz&: Mehr zum neuen Corona-Impfstoff von Biontech und den Studien dazu haben wir ausführlicher hier bei Mainz& berichtet, wie der Impfstoff genau wirkt könnt Ihr hier noch einmal nachlesen. Und wir weisen aus aktuellem Anlass noch einmal auf unser wirklich umfangreiches Corona-Dossier hin: Unter diesem Link findet Ihr alle Berichte und Analysen auf Mainz& seit Beginn der Pandemie im März. Reinschauen! Unten am Ende der Seite könnt Ihr Euch durch die ganzen Seiten klicken.

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