Im Mainzer Oberbürgermeister-Wahlkampf sorgt nun ein Studentenwohnheim auf dem Mainzer Kisselberg für Wirbel – ein Wohnheim, das nie gebaut wurde. 2015 wollte dort der Zeitungsverleger Walterpeter Twer, Besitzer der Rhein-Zeitung, ein Wohnheim mit bis zu 400 Wohneinheiten bauen – doch die Stadt lehnte ab. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) persönlich bezeichnete das Vorhaben in einem Schreiben damals als unnötig. In einer Radiosendung von „Antenne Mainz“ am Donnerstag behauptete Ebling jedoch, die Stadt habe auf den Verlauf „keinen Einfluss“ gehabt – die Grundstückseigentümer und auch der damalige Projektbeauftragte Twers, Marco Herzmann, widersprachen umgehend: „Eblings Aussage ist falsch.“ Twer prüft inzwischen eine Millionenklage gegen die Stadt.

Gewerbegebiet auf dem Kisselberg. - Foto: GVG Mainz
Gewerbegebiet auf dem Kisselberg. – Foto: GVG Mainz

Twer wollte 2015 über die eigens gegründete Projektgesellschaft Paul Parey Invest GmbH ein Wohnheim mit 400 Plätzen in Mainz bauen – auf dem Kisselberg, in unmittelbarer Nähe zur Mainzer Universität bauen. Auch eine Medienwerkstatt sollte in dem Bau entstehen. Die Stadt lehnte das Vorhaben aber als überflüssig ab, zudem sei in dem Gebiet kein Studentenwohnheim genehmigungsfähig, hieß es 2015. Inzwischen aber plant ein Hamburger Investor auf demselben Gelände ein „Studentenhotel“.

Das Thema sorgte am Donnerstagabend in einem Radioduell von „Antenne Mainz“ von Ebling gegen seinen Herausforderer für die OB-Stichwahl am Sonntag, Nino Haase (CDU/ÖDP/FW), für Wirbel. In dem Duell wurde Ebling nach seiner Absage für das Studentenwohnheim gefragt, der Oberbürgermeister sagte daraufhin: „Es war nicht eine Entscheidung der Stadt, etwas abzulehnen. Es war die Entscheidung des Grundstückseigentümers anders zu verkaufen“, die Stadt habe da „keinen Einfluss darauf“ gehabt.

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Der damalige Projektbeauftragte Marco Herzmann zeigte sich daraufhin auf Mainz&-Anfrage empört: „Das ist nicht richtig“, betonte Herzmann, man habe damals ein Absageschreiben von Ebling persönlich bekommen. Ziel des Vorhabens sei es gewesen, günstigen Wohnraum für Studenten zu schaffen und mit der Medienwerkstatt jungen Journalistennachwuchs zu fördern, sagte Herzmann: „Eblings Aussage ist falsch.“

Offizielles Studentenwohnheim auf dem Kisselberg heute. - Foto: Studierendenwerk Mainz
Offizielles Studentenwohnheim auf dem Kisselberg heute. – Foto: Studierendenwerk Mainz

Tatsächlich wandte sich Ebling in einem persönlichen Schreiben am 24. April 2015 an Herzmann, das Schreiben liegt Mainz& vor. Darin verweist Ebling darauf, dass gerade in Mainz weitere 1.000 Wohnheimplätze entstünden, und betont: „Aufgrund des zwischenzeitlich gewachsenen Angebotes im Bereich der Studentenwohnheime sieht die Stadt Mainz derzeit keinen Bedarf mehr, bestehende Dienstleistungsstandorte aufzugeben, um zusätzlichen studentischen Wohnraum zu ermöglichen.“ Ein entsprechendes Bauleitplanverfahren werde deshalb nicht angestrebt.

Zudem widerspreche der Bebauungsplan des Gebietes dem Vorhaben eines Studentenwohnheims, der Verlag könne aber eine formale Prüfung der Zulässigkeit auf den Weg bringen, in dem er einen Antrag zur Änderung des Bebauungsplans stelle. Am Freitag betonte Ebling in einer Stellungnahme gegenüber „Antenne Mainz“, dies habe der Verlag dann auch getan und im Januar 2016 einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt. Dieser sei im Mainzer Stadtrat im Oktober 2016 aber einstimmig abgelehnt worden. Da der das Projekt des Vorhabenträgers „rein rechtlich an dieser Stelle nicht genehmigungsfähig war, hätte ich als Oberbürgermeister gar keine andere Bewertung vornehmen dürfen.“

Der damalige Eigentümer des Grundstücks widerspricht Ebling jedoch, das Vorhaben sei den den Grundstückeigentümern gescheitert: „Das ist nicht korrekt“, sagte Sprecher Karl-Otto Hofmann „Antenne Mainz“. Die Eigentümer hätten damals das Grundstück an den Verleger verkaufen wollen, der habe sich um eine Genehmigung bei der Stadt für ein Studentenwohnheim bemüht, „dieses wurde von der Stadt nicht genehmigt“. Auch die Eigentümer „wollten damals eine Nutzungsänderung für unser Grundstück erwirken“, sagte Hofmann weiter. Schließlich liege das Grundstück nur 150 Meter entfernt von einem anderen Grundstück im gleichen Baugebiet, auf dem bereits im Herbst 2013 ein Studentenwohnheim eröffnet wurde.

Die Mainzer Neustadt von oben. - Foto: gik
Wohnungen sind in Mainz inzwischen richtig teuer, auch in der früher günstigen Mainzer Neustadt. – Foto: gik

Man habe die Projektidee der Paul Parey Invest GmbH einfach gut und sinnvoll gefunden, erklärte Hofmann. Ebling habe das Vorhaben in einem Schreiben an ihn, Hofmann, mit der Begründung abgelehnt, der „Hype“ um den Bau von Studentenwohnheimen sei überschritten, ein weiteres brauche man nicht mehr. Die Absage von Ebling, man habe doch genügend Wohnheimplätze und somit keinen Bedarf, habe man deshalb nicht nachvollziehen können. 2018 sei dann genau dieses Grundstück an einen anderen Investors verkauft worden – und dessen Projekt sei „mit der Genehmigung der Stadtspitze“ versehen worden, sagte Hofmann weiter.

Der Hamburger Investor plant nun auf dem 8000 Quadratmeter großen Gelände ein sogenanntes „Stay-Nomad-Hotel“ mit Mikroappartments für Studenten und Touristen. Ebling betonte in seiner Stellungnahme am Freitag zudem, die Stadt habe damals dem Verleger Ausweichstandorte angeboten. Herzmann sagte dazu, diese Ausweichquartiere seien allesamt wesentlich zu klein für das Projekt von 400 Wohneinheiten gewesen. „Wir hätten mindestens 8.000 Quadratmeter Grundstücksfläche benötigt, die Stadt hat uns aber ausschließlich Verhinderungsvorschläge unterbreitet“, betonte Herzmann. Verleger Twer prüfe nun eine Schadenersatzklage gegen die Stadt Mainz in Millionenhöhe.

Am Mittwoch gingen in Mainz rund 150 Studierende auf die Straße und protestierten gegen den Mangel an Wohnheimplätzen in der Stadt sowie gegen die hohen Mieten. „Im bundesweiten Vergleich sind die Mainzer Wohnheimsmieten seit Jahren mit Abstand auf Platz 1“, kritisierte der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) im Vorfeld der Demo. Die Mieten lägen in diesem Jahr mit 351 Euro um rund 100 Euro über dem Bundesdurchschnitt, die Preise für WG-Zimmer seien mit durchschnittlich 400 Euro fast 67 Euro teurer als noch vor fünf Jahren. Die durchschnittliche Miete sei somit selbst mit der aktuellen Erhöhung des BAföG-Satzes für Wohnen auf 325 Euro nicht zu bezahlen. „Mainz wird durch die hohen Mieten auch als Hochschulstandort unattraktiver, was sich auch in den zuletzt sinkenden Studierendenzahlen niederschlägt“, warnt der AStA.

Info& auf Mainz&: Den Bericht von „Antenne Mainz“ findet Ihr hier auf der Internetseite des Radiosenders, die Aussagen Eblings und Hofmanns liegen uns als Audiofiles vor.

 

 

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