Pünktlich zum Sommerflugplan sozusagen steigt die Zahl der Verspätungslandungen nach 23.00 Uhr am Frankfurter Flughafen wieder an. Nach der Statistik des Hessischen Verkehrsministeriums landeten im Mai 52 Flugzeuge außerplanmäßig nach 23.00 Uhr – im Januar dieses Jahres waren es nur 17 gewesen. Damit stellt sich das Thema nächtliche Verspätungsflüge pünktlich zur Sommersaison erneut ein. Die Serie der Verspätungen hatte besonders in der Sommersaison 2018 die Region bewegt, als die Zahl der verspäteten Landungen bei Nacht auf bis zu 200 hochschnellte. Hauptverursacher sind die Billigfluglinien wie Ryanair, Condor und TuiFly. Das Land Hessen leitete zwar Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, ein Ergebnis hatten die aber bis heute nicht.

Sonnenuntergang am Frankfurter Flughafen mit Maschine im Vordergrund. - Foto: gik
Die Zahl der verspäteten Nachtflüge am Frankfurter Flughafen steigt wieder. – Foto: gik

Am Frankfurter Flughafen dürfen seit Einführung des sogenannten Nachtflugverbots zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr eigentlich keine Flugbewegungen stattfinden, eine Ausnahme gilt aber für die Stunde bis Mitternacht: Verspätete Flugzeuge dürfen dann trotzdem noch landen, wenn ihre Verspätung nicht von der Fluglinie verschuldet wurde, sondern etwa durch Wetterereignisse oder Streiks zustande kamen. Kritiker werfen den Billigfluglinien vor, diese Regelung gnadenlos auszunutzen und ihre Flugpläne so eng zu takten, dass verspätete Landungen vorprogrammiert sind.

Für die Anwohner des Flughafens sind die verspäteten Flieger ein großes Ärgernis, dröhnen sie doch genau in die Schlafenszeit hinein und verkürzen die ohnehin knappe Nachtruhe von sechs Stunden noch weiter. Schon für das Jahr 2017 konstatierte die Fluglärmkommission erheblich gestiegene Zahlen der nächtlichen Verspätungen, 2018 explodierten die Zahlen: 203 Verspätungslandungen gab es allein im Juni 2018, weitere 162 im Juli und noch immer 124 im August. Der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) baute Druck auf die Fluglinien auf und ließ mehr als 138 Verspätungsflüge den Regierungspräsidium Darmstadt zur Überprüfung melden. 88 Ordnungswidrigkeitsverfahren wurden eingeleitet, doch eine Entscheidung dazu liegt auch Monate später nicht vor.

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Die Opposition in Hessen wirft Al-Wazir deshalb vor, er lasse sich von den Billigairlines „auf der Nase herum tanzen“, seine Maßnahmen seien wirkungslos. „Es ist ein untragbarer Zustand, dass das Nachtflugverbot dauerhaft missachtet und durchlöchert wird“, schimpft etwa die Fraktionschef der Linken im hessischen Landtag, Janine Wissler: „Die Fluggesellschaften müssen endlich dazu gebracht werden, die 23-Uhr-Deadline ernst zu nehmen.“ Eigentlich seien acht Stunden für einen gesunden Nachtschlaf notwendig, momentan gebe es faktisch nicht mal sechs. „Die Grünen sitzen seit mehr als fünf Jahren auf der Regierungsbank, stellen sogar den Verkehrsminister – doch das Nachtflugverbot bleibt ein Papiertiger“, schimpfte Wissler.

Die Billigfluglinie Ryanair gilt als einer der Hauptversursacher der verspäteten Landungen in Frankfurt. - Foto: Ryanair
Die Billigfluglinie Ryanair gilt als einer der Hauptversursacher der verspäteten Landungen in Frankfurt. – Foto: Ryanair

Al-Wazir hingegen verweist immer wieder auch auf die Probleme am Himmel über Frankfurt: Die Verspätungen lägen auch an Problemen im europäischen Luftraum und würden durch den Mangel an Fluglotsen auch bei der Deutschen Flugsicherung (DFS) verursacht. Das unerwartet starke Wachstum des Luftverkehrs habe 2018 die gesamte Luftfahrtbranche vor Probleme gestellt, räumt die DFS ein. Besonders in der Hauptreisezeit im Sommer 2018 sei es europaweit zu Flugstreichungen und Verspätungen gekommen.

Am Donnerstag teilte die Deutsche Flugsicherung (DFS) mit, man habe ein umfangreiches Maßnahmenpaket für mehr Pünktlichkeit im Luftverkehr verabschiedet. Dabei sollen für Fluglotsen Anreize geschaffen werden, freiwillige Zusatzschichten zu übernehmen und später aus dem operativen Dienst auszuscheiden. Außerdem will die DFS ihre 2019 gestartete Ausbildungsinitiative ausweiten.

So einigte sich die DFS mit der Gewerkschaft der Flugsicherung darauf, die tariflichen Überstundenzuschläge zu erhöhen, so sollen Zusatzschichten attraktiver werden. Zudem sollen Fluglotsen künftig bis zum 57. Lebensjahr arbeiten können, bislang arbeiteten die meisten Fluglotsen maximal bis zum 55. Lebensjahr im operativen Geschäft. Die 2018 gestartete Ausbildungsinitiative soll zudem bis 2023 ausgedehnt werden. 2019 werden demnach insgesamt 122 Lotsen ausgebildet, 2020 soll die Zahl der Auszubildenden auf 146 steigen, dieses Maximum soll bis einschließlich 2023 gelten. „Damit leisten wir einen Beitrag zur Verbesserung der derzeitigen Situation im Luftverkehr, damit Passagiere pünktlich ans Ziel kommen“, sagte DSF-Chef Klaus-Dieter Scheurle.

Startende und landende Flugzeuge am Frankfurter Flughafen. - Foto: gik
Stau am Himmel über Rhein-Main, das war 2018 zunehmend der Fall. – Foto: gik

Zur Verbesserung der Pünktlichkeit habe man zudem schon 2018 Flugprofile verändert: Gemeinsam mit den Kontrollzentralen der Nachbarländer wurden demnach Flüge auf stark frequentierten Strecken abgesenkt, um den überlasteten oberen Luftraum zu entzerren. Der Anteil der Verspätungen, an denen die Flugsicherungen in Europa einen Anteil hatten, lag 2018 bei rund einem Viertel. Im April 2019 ist dieser Wert auf ein knappes Viertel gesunken.

Die Frage für 2019 ist nun: Wirken die Maßnahmen so, dass nächtliche Verspätungslandungen wirksam verhindert werden können? Tatsache ist: Mit dem Start des Sommerflugplans 2019 zum 1. April stieg auch prompt die Zahl der nächtlichen Verspätungen wieder an: 36 verspätete Flieger landeten im März nach 23.00 Uhr, im April waren es 33 und im Mai bereits 52. Allein in den ersten vier Tagen des Juni kam es zu 14 Verspätungslandungen – im Januar waren es hingegen nur 17 und im Februar 14 gewesen.

Zählt man die verspäteten Starts hinzu, so seien in den vergangenen drei Monaten sogar 284 Flugzeuge zwischen 23.00 und 05.00 Uhr gestartet oder gelandet, kritisiert der Fluglärmbeauftragte der Verbandsgemeinde Nieder-Olm, Bernd-Olaf Hagedorn. Zum Vergleich: 2018 waren es im gleichen Zeitraum 485 verspätete Starts und Landungen. Bei anhaltend gutem Wetter sei für die Verbandsgemeinde Nieder-Olm in den kommenden Monaten wieder ein Anstieg der Nachflüge zu befürchten, warnt Hagedorn.

Info& auf Mainz&:

Auf der VG-Homepage ist ein Muster-Beschwerdebrief zum Protest gegen die Nachtflüge beim hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir hinterlegt. Er kann auch beim Fluglärmbeauftragten angefordert werden, Tel: 0160 20 62 706, fluglaermbeauftragter@vg-nieder-olm.de.

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