Die Ansage zu Jahresbeginn war deutlich: Seit dem 1. Januar 2025 dürften Altkleiderreste nicht mehr im Hausmüll entsorgt werden, teilte die Stadt Mainz mit, und der Entsorgungsbetrieb Kontrollen der Mülltonnen. Finde man Altkleider in der Mülltonnen, könne die Leerung abgelehnt werden. Nun aber rudert die Stadt Mainz zurück und spricht von einem „Missverständnis“ – der Grund: Die Altkleidercontainer quellen über, die Hilfsorganisationen schlagen Alarm, weil sie der Mengen nicht mehr Herr werden.

Ein Altkleidercontainer der Malteser in Deutschland. - Foto: Malteser
Ein Altkleidercontainer der Malteser in Deutschland. – Foto: Malteser

Deutschland hat bereits seit Langem ein gut ausgebautes Netz von Altkleidercontainern, mit den Überresten des Konsums machen Hilfsorganisationen seit Jahren gute Geschäfte. Daran gibt es seit vielen Jahren auch deutliche Kritik, wurden die Massen von Altkleidern doch gerne nach Afrika verkauft, wo die Billigkleidung die heimische Textilindustrie zerstörte. Das ist bis heute so: Noch im Sommer 2024 klagte die Organisation „Gemeinsam für Afrika“: „Altkleiderspenden überschwemmen afrikanische Märkte und setzen die lokalen Textilindustrien unter Druck“, daran hat sich also weiter nichts geändert, bis heute boomt das Geschäft.

Die Deutschen aber genießen das gute Gefühl, mit ihren alten Klamotten noch „etwas Gutes zu tun.“ Doch zum 1. Januar 2025 trat eine neue EU-Verordnung in Kraft, und die sorgte für Chaos. Denn nun hieß es auf einmal auch von Seiten der Stadt Mainz, Altkleider dürften auf keinen Fall mehr im Hausmüll entsorgt werden – auch nicht, wenn sie stark verschmutzt oder völlig unbrauchbar sei. Bis heute steht das so auf der Homepage der Stadt Mainz: Es gebe nun die „Verpflichtung“, die Altkleider dem Recycling zuzuführen, die Leerung der Mülltonne könne sogar abgelehnt werden, wenn man Kleidung in ihr finde, betonte die Kommunale Abfallwirtschaft KAW, auch wenn bisher keine Kontrollen geplant seien.

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Verunsicherung, Fehlwürfe, überquellende Kleidercontainer

Die Verunsicherung der Verbraucher war groß: Sollte man denn wirklich auch völlig zerrissene oder stark verschmutzte Kleidung in die Abfallcontainer bringen? Prompt passierte genau das – mit dem Ergebnis, dass seit Januar die Altkleidercontainer überlaufen. Die Altkleidersammlung stehe „vor dem Kollaps“, die gemeinnützige Infrastruktur sei in Gefahr, warnte gerade etwa das Deutsche Rote Kreuz in Hessen. Seit dem 1. Januar sorge die EU-Verordnung für Verunsicherung, Fehlwürfe nähmen zu, Container würden zunehmend mit Fremdmüll verunreinigt, klagt der Verband.

Das Deutsche Rote Kreuz ist einer der Hauptanbieter von Altkleidercontainern, auch in Mainz. - Foto: DRK Mainz-Bingen
Das Deutsche Rote Kreuz ist einer der Hauptanbieter von Altkleidercontainern, auch in Mainz. – Foto: DRK Mainz-Bingen

„Die Altkleidersammlung ist mehr als Abfallentsorgung – sie ist ein sozialer und ökologischer Dienst an der Gesellschaft“, unterstrich DRK-Vize Michael Rückert. Gleichzeitig sei der preis für Altkleider zuletzt aber stark gesunken, während die Kosten für Sammlung, Sortierung und Entsorgung stiegen. Erste Verwertungsgesellschaften hätten bereits Insolvenz anmelden müssen. Die Folge: Container würden abgebaut, Lager seien überfüllt, soziale Projekte gerieten in finanzielle Schieflage. „Ein Wegbrechen dieser Mittel hätte weitreichende Folgen für die regionale Versorgung und Prävention“, warnt das DRK.

Das DRK sammelt eigenen Angaben zufolge jährlich bis zu 80.000 Tonnen Altkleider, aber nur etwa die Hälfte davon ist noch tragbar. Dieser Teil landet den Angaben zufolge in Kleiderkammern und Kleiderläden, der Rest wird verkauft und hilft, soziale Projekte zu finanzieren.Die Erlöse aus den Sammlungen kommen der regionalen Jugendarbeit, Bereichen im Katastrophenschutz und lokalen sozialen DRK-Projekten, wie z.B. einem Hausaufgabenbetreuungsangebot zugute“, so das DRK in Hessen weiter.

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Kaputte, stark verschmutzt Kleidung: doch wieder in Hausmüll

Nun rudern die staatlichen Stellen zurück: „Verschlissene und stark verschmutzte Kleidung kann weiterhin über die Restmülltonne entsorgt werden“, heißt es etwa beim Regierungspräsidium in Darmstadt: „Die Getrenntsammlungspflicht gilt dabei nur, wenn sie verhältnismäßig ist.“ Bei der Stadt Mainz spricht die Pressestelle auf Mainz&-Anfrage von einem „Missverständnis“. Im Mainzer Stadtgebiet würden bereits seit 2013 Altkleider gemeinsam mit dem DRK „sehr erfolgreich und flächendeckend“ eingesammelt, vor allem über Altkleidercontainer. Die Alttextilien würden danach „einem auf die Verwertung von Alttextilien spezialisierten Verwertungsunternehmen zur weiteren Verarbeitung übergeben.“

Überquellender Abfallcontainer beim KAW Mainz-Bingen. - Foto: KAW
Überquellender Abfallcontainer beim KAW Mainz-Bingen. – Foto: KAW

Dort würden die Textilien sortiert, aufbereitet und je nach Qualität in den Second-Hand-Handel, an gemeinnützige Zwecke oder zur Produktion von Malervlies und Putzlappen weitergegeben. Auch entsorgte Bettwäsche werde übrigens getrennt aufbereitet und die Federn gereinigt, um als Füllmaterial für neue Bettwäsche zu dienen. Und: „Stark verschmutzte oder stark verschlissene Kleidung und Textilien können nur noch thermisch verwertet werden und gehören deshalb in die Restabfalltonne“, heißt es nun explizit von Seiten der Stadt Mainz – was auf der Homepage bis heute nicht zu lesen ist. Das gelte im Übrigen „aus hygienischen Gründen auch für getragene Unterwäsche.“

Was also ist eigentlich neu an der EU-Verordnung? In Deutschland – eigentlich so gut wie nichts. Die Deutschen sind ohnehin Recycling-Weltmeister. Tatsächlich hatte das novellierte Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) lediglich vorgeschrieben, dass nun alle kommunalen Abfallentsorger sicherstellen müssen, dass Textilabfälle getrennt gesammelt werden. Auch die Europäische Abfallrahmenrichtlinie verpflichtet EU-Mitgliedstaaten unter anderem dazu, Textilien getrennt von anderen Müllarten zu sammeln. Ziel ist ein geschlossener Materialkreislauf, um Textilabfälle zu reduzieren und recycelte Materialien verstärkt in der Textilproduktion einzusetzen.

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Problem „Fast Fashion“: Billigkleidung flutet Märkte, auch in Afrika

Das eigentliche Problem in diesem Bereich laute denn auch „Fast Fashion“, so die Stadt und die Hilfsorganisationen: Kleidung, die kurzfristigen Modetrends folge und deshalb in der Regel preiswert und damit qualitativ minderwertig produziert werde, könne nur sehr schlecht an Second-Hand-Läden weitergegeben werden oder gar recycelt werden, warnt man bei der Stadt Mainz. Statistiken zufolge kaufe jede Verbraucherin pro Jahr im Schnitt etwa sechzig Kleidungsstücke, der Onlinehandel verstärke diese Tendenz zusätzlich noch. Gerade diese günstig produzierten Kleidungsstücke bestünden aber häufig aus Stoffgemischen, was ein verstärktes Alttextilrecycling nahezu unerfüllbar mache.

Der Hinweis also: Schon beim Kauf auf hochwertige und nachhaltige Kleidung achten, die hat übrigens auch oft weniger Allergene und Problemchemikalien in ihren Fasern. Dazu hält sie länger, das ist nachhaltig und schont die Umwelt. Wenn Ihr Kleidung entsorgen müsst, bitte diese unbedingt in Säcke verpacken und erst dann in den Altkleidercontainer werfen, Schuhe immer paarweise bündeln. Sollte ein Container überfüllt sein, bittet die KAW Mainz-Bingen darum: Bitte die Säcke NICHT daneben stellen, sondern wieder mit nach Hause nehmen – und die KAW informieren. Eine schnelle Nachleerung wird danach umgehend veranlasst.

Info& auf Mainz&: Die KAW Mainz-Bingen könnt Ihr per Telefon unter 06131/12 34 56 erreichen oder per E-Mail an abfallberatung@kaw-mainz-bingen.de. Eine Übersicht der Altkleidercontainer des DRK Mainz-Bingen findet Ihr hier im Internet, Informationen zur Altkleiderentsorgung hier bei der KAW Mainz-Bingen. Die Infos der Stadt Mainz mit Tipps zum Vermeiden unnötiger Kleidungskäufe findet Ihr hier im Internet.