Anfang April waren bei den Bauarbeiten für eine Straßenbahntrasse in der Binger Straße historische Mauerreste gefunden worden, nun zog die Landesarchäologie Bilanz der Funde: Gefunden worden seien „bedeutende Überreste des barocken Münstertors“, dazu ein barocker Wasserkanal am Münsterplatz: das gemauerte Bauwerk leitete einst Frischwasser aus der Münsterquelle und dem Zaybach zur Johanniskaserne in der Bastion Paul und geht auf Planungen des Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn zurück. Während die Mauerreste im Zuge der Bauarbeiten verschwinden, könne der Wasserkanal an Ort und Stelle erhalten werden, heißt es weiter. Ein paar römische Scherben gab es auch.

In der Binger Straße wird seit 2024 eine neue Straßenbahn-Querspange zwischen der Alicenbrücke und dem Münsterplatz gebaut, im Zuge der Bodenarbeiten waren Anfang April historische Mauern aufgetaucht, die sich als Überreste der Mainzer Stadtbefestigung und vor allem des barocken Münstertores entpuppten. Die Festungsmauer habe als „Kurtinenmauer“, also als Verbindungswall zwischen den Bastionen Paul im Norden und Georg im Süden identifiziert werden können, sagte der stellvertretende Leiter der Mainzer Außenstelle der Landesarchäologie in Mainz, Jens Dolata, damals.
Der Fund verzögerte die Bauarbeiten für die Straßenbahntrasse, nach sechs Wochen Grabungsarbeit zog Dolata nun eine Bilanz der Funde: „Im Laufe der letzten Wochen wurden bemerkenswerte Überreste der barocken Münsterbefestigung aufgedeckt und wissenschaftlich dokumentiert“, teilte er per Pressemitteilung mit. Besonders eindrucksvoll sei dabei „der barocke Wasserkanal am Münsterplatz: ein gemauertes Bauwerk, das einst Frischwasser aus der Münsterquelle und dem Zaybach zur Johanniskaserne in der Bastion Paul leitete.“
Münstertor von Mainz samt barockem Wasserkanal gefunden
Die Anlage sei ursprünglich Teil eines komplexen Versorgungssystems mit Weihern, Brücken und Kanälen gewesen, und gehe auf Planungen des Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn zurück, der das Bleichenviertel als neues Stadtquartier erschloss. Gefunden wurden auch die Fundamente des Münstertores, das zwischen 1664 und 1877 das Stadtbild von Mainz an dieser Stelle prägte. Das Münstertor war neben dem Gautor oben auf dem Kästrich im Mittelalter die wichtigste Verbindung von der Stadt ins Umland, es fiel Ende des 19. Jahrhunderts dem Bau der neuen Eisenbahnlinie in Mainz zum Opfer.

„Obwohl das Festungswerk im 19. Jahrhundert unter anderem für den Neubau des Hauptbahnhofs niedergelegt wurde, blieben zahlreiche unterirdische Elemente erhalten.“, berichtete Dolata nun, diese hätten jetzt dokumentiert und vermessen werden können. „Zusammen mit photographischen Aufnahmen und den aktuellen Beschreibungen der archäologischen Fachleute vor Ort sind somit wichtige Erkenntnisse und Dokumente zur Mainzer Stadtgeschichte erarbeitet worden“, die nunmehr die historischen Militärakten und Planunterlagen in Archiven ergänzten.
Erhalten werden die Mauerreste indes nicht, die Landesarchäologie setze nun „die umfangreichen Vermessungsdaten zu einem digitalen Architekturmodell zusammen“, heißt es weiter. Dies werde künftig „als Grundlage für stadtgeschichtliche Forschung dienen und ergänzt die archivalischen Überlieferungen um konkrete, bodengebundene Quellen.“ Eine Ausnahme gibt es indes für den Wasserkanal: Er kann an Ort und Stelle erhalten werden. Dafür sei die Gewölbekappe des Kanals für die archäologische Bauforschung an zwei Stellen behutsam geöffnet und dokumentiert worden.
Keramikscherben und Ziegelreste aus der Römerzeit geborgen
„In den kommenden Tagen wird der Kanalinnenraum mit einem speziellen kalkgebundenen Flüssigboden aufgefüllt, um die Tragfähigkeit für den zukünftigen Straßenbahnbetrieb dauerhaft zu sichern“, berichtete Dolata weiter. Man habe mit der Bauleitung der Mainzer Mobilität vereinbart gehabt, die archäologischen Arbeiten vor Ort spätestens Ende Mai 2025 zu beenden, „das werden wir nach heutigem Planungsstand auch einhalten“, sagte Dolata.

In dem Baugebiet überlagerten sich nahezu alle Epochen der Mainzer Stadtgeschichte, von der römischen Stadtmauer über das mittelalterliche bis hin zum barocken Befestigungswesen. Größere römische Funde wie Gräber, Bauwerke oder Architekturreste seien wurden bei den Ausgrabungen im April und Mai zwar nicht festgestellt worden, man habe aber einzelne Keramikscherben und Ziegelreste gefunden. „Es ist das, was wir üblicherweise innerhalb mittelalterlicher und neuzeitlicher Siedlungsschichten erwarten können“, fügte Dolata hinzu.
Eine ausführliche Betrachtung und Bewertung der Funde soll es voraussichtlich im Jahresbericht der Denkmalpflege im Dezember geben.
Info& auf Mainz&: Mehr zu den Bauarbeiten und den Funden in der Binger Straße lest Ihr hier auf Mainz&.
