Jetzt ist es offiziell: Mitte August erscheint ein neues Buch zur Flutkatastrophe im Ahrtal – es ist das erste Buch, das die politische Verantwortung bei der Flutkatastrophe in den Blick nimmt. Zwei Jahre lang hat Mainz&-Chefredakteurin Gisela Kirschstein intensiv recherchiert, vom eigenen Erleben der Flutschäden im Ahrtal bis hin zur minutiösen Aufarbeitung der Ereignisse aus der Flutnacht des 14. Juli 2021 im Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags. Herausgekommen ist ein wahrer Krimi – ein Krimi über Helden und Wegducker, über Faxe aus dem Jenseits und einen Staat, der im Angesicht einer Jahrhundertkatastrophe bei der wichtigsten Aufgabe versagt: Menschenleben zu retten. Ein Krimi, der die Frage stellt: Quo vadis Katastrophenschutz?

Die Bahnstation in Dernau am 20. Juli 2021: Zusammenbruch eines Staatswesens. - Foto: gik
Die Bahnstation in Dernau am 20. Juli 2021: Zusammenbruch eines Staatswesens. – Foto: gik

Am kommenden Freitag jährt sich zum zweiten Mal die Flutkatastrophe im Ahrtal – es war der 14. Juli 2021, der für die Menschen im Ahrtal alles ändern sollte. Starkregen war gemeldet, doch vor dem Ausmaß des Extrem­wetters warnte niemand. Eine bis zu zehn Meter hohe Flutwelle rauschte durch das Ahrtal und riss alles mit, was im Weg stand. Brücken wurden zerstört, Bahngleise weggerissen. Autos standen senkrecht in Vorgärten, während das Wasser in den Häusern giftigen Schlamm zurückließ. Die Katastrophe schuf Bilder, die kaum zu begreifen waren. Viele Anwohner standen vor den Ruinen ihrer Existenz. Sie alle sagten eines: Gewarnt wurden wir nicht.

Als Mainz&-Chefin Gisela Kirschstein wenige Tage nach der Katastrophe im verwüsteten Dernau steht, fragt sie sich, wie das sein kann. Niemand schickt eine Warnung, niemand evakuiert – mitten in Deutschland, im 21. Jahrhundert. Zwei Jahre widmet sie der Aufklärung und kommt zum Schluss: „Es gibt nur ein Wort für das hier – Staats­versagen.“

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Chronik der Flutnacht: Wo waren Verantwortliche am 14. Juli 2021?

Das aus ihren Recherchen entstandene Buch „Flutkatastrophe Ahrtal“ zeigt die Chronik der Flutnacht – es ist die Chronik eines Versagens von staatlichen Stellen und Ämtern, in denen Dienst nach Vorschrift wichtiger war, als Leben zu retten. Es zeigt überforderte Krisenstäbe und hilflose Helfer, fehlgeschlagene Warnsysteme und Politiker, denen Image wichtiger war als Handeln – aber auch Männer und Frauen, die Heldenhaftes leisteten und hunderten Menschen das Leben retteten.

Das neue Buch "Flutkatastrophe Ahrtal - Chronik eines Staatsversagens" arbeitet die Frage der (politischen) Verantwortung in der Flutnacht auf.
Das neue Buch „Flutkatastrophe Ahrtal – Chronik eines Staatsversagens“ arbeitet die Frage der (politischen) Verantwortung in der Flutnacht auf.

Neben ihren eigenen umfangreichen Recherchen stützt sich die Autorin auf die Aufklärung des Untersuchungsausschusses des Mainzer Landtags zur Flutkatastrophe. Mit ihrem Buch will sie einen Beitrag zu einem besseren Katastrophenschutz in Deutschland leisten – einer eigenen Zeitenwende, damit das Land in der Lage ist, seine Menschen zukünftig besser zu schützen.

So weit der Ankündigungstext des Verlages.

Anmerkung& der Autorin: Das Buch ist die Aufarbeitung der Arbeit des Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe im Ahrtal, der im September 2021 vom Mainzer Landtag eingesetzt wurde, und im Dezember 2021 mit der öffentlichen Beweisaufnahme begann. 42 Sitzungen lang spürte der U-Ausschuss der Frage nach: Wer trägt die Verantwortung für die 136 Toten in der Flutnacht des 14. Juli 2021? Wo waren die Verantwortlichen in der Nach, was taten sie, was veranlassten sie – und kümmerten sie sich darum, Menschen zu warnen, Leben zu retten?

Bilanz der Arbeit des U-Ausschusses Flutkatastrophe Ahrtal

285 Stunden lang tagte das Untersuchungsgremium, es vernahm 22 Sachverständige und 225 Zeugen, manche davon mehrfach. Die Sitzungen dauerten oft von 8.00 Uhr morgens bis tief in die Nacht – der Höhepunkt war wohl der 08. April 2022, als nacheinander im Ausschuss die Staatssekretär Erwin Manz und Randolph Stich, der damalige Innenminister Roger Lewentz und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (beide SPD) vernommen wurden – die Befragung Dreyers endete erst um Mitternacht.

Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe im Ahrtal in einer Pause. - Foto: gik
Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe im Ahrtal in einer Pause. – Foto: gik

Die Autorin des Buches war bei geschätzt 90 Prozent der Ausschuss-Sitzungen dabei. Sie hat unzählige Seiten an detaillierten Mitschriften der Zeugen verfasst, Stellungnahmen gelauscht und mit Gutachtern gesprochen, und all dies mit eigenen Recherchen ergänzt. Das Buch „Flutkatastrophe Ahrtal“ ist die Bilanz aus zwei Jahren Arbeit – der U-Ausschuss hat Ende April 2023 seine öffentliche Beweisaufnahme beendet.

Das Buch hält sich denn auch an den Zeitrahmen, den der Ausschuss untersucht hat: Es endet am Morgen des 15. Juli 2021. Es arbeitet demzufolge nicht Fragen zu Helfern im Ahrtal und den Begebenheiten nach dem 15. Juli 2021 auf – wer weiß, das wird vielleicht einmal auf einem anderen Blatt stehen. Dieses Buch konzentriert sich auf die Frage: Wo waren die Verantwortlichen der Landesregierung in der Flutnacht, was wussten sie – und was taten sie? Es spürt als erstes Buch überhaupt der Frage der politischen Verantwortung nach – und es zeichnet minutiös nach, was über das Geschehen in der Flutnacht bekannt ist.

Konsequenz aus Krimi: Quo vadis Katastrophenschutz?

Das Buch geht aber auch der Frage nach, was sich im Katastrophenschutz grundlegend ändern muss, damit sich so ein Versagen wie am 14. Juli 2021 nie wiederholt. Es geht um Strukturen des Katastrophenschutzes, um Warnungen vor Unwettern und um Hierarchien, die Handeln unterbinden anstatt es zu fördern. Und es endet mit den Sätzen eines engagierten Feuerwehrmannes, der selbst in der Flutnacht des 14., Juli unter Einsatzes seines eigenen Lebens Menschen rettete – er ist einer der wahren Helden der Flutnacht:

„Liebes Land Rheinland-Pfalz, ich bin enttäuscht und gleichzeitig entsetzt: Würde eine Katastrophe in diesem Moment wiederkehren – wir stünden genauso schlecht da wie zuvor. Rheinland-Pfalz – Du hast in meinen Augen nichts gelernt.“ — Tobias Lussi, Freiwillige Feuerwehr von Schuld.

Mainz&-Chefin und Buchautorin Gisela Kirschstein bei einer Lesung. - Foto: privat
Mainz&-Chefin und Buchautorin Gisela Kirschstein bei einer Lesung. – Foto: privat

Die Autorin: Gisela Kirschstein wuchs in Bonn auf und studierte Englische und Amerikanische Literatur und Geschichte in Würzburg, Austin/Texas und Mainz. Seit 1997 beo­bachtet sie als Journalistin Politik, Land & Leute in Mainz, Rheinland-Pfalz und Hessen – in dieser Zeit arbeitete sie unter anderem für ddp/dapd, Die Welt, die Frankfurter Neue Presse und den SWR. Für die Rhein-Zeitung war sie sieben Jahre lang in der Landespolitik tätig, und erlebte im Juli 2021 hautnah die Flutkatastrophe im Ahrtal mit. 2014 gründete sie die Internetzeitung Mainz& (www.mainzund.de), deren Chef­redakteurin und Herausgeberin sie ist: ein Regionalmagazin in Sachen Politik, Gesellschaft & Wein.

Info& auf Mainz&: Das Buch „Flutkatastrophe Ahrtal – Chronik eines Staatsversagen“ ist am 14. August 2023 erschienen, und zwar im renommierten Verlag „Frankfurter Allgemeine Buch“ –  ISBN 978-3-96251-149-4. Die 192 Seiten sind für 24,- Euro zu haben, zu bestellen am besten hier beim Verlag selbst.