Die Krise im deutschen Weinbau hat nun endlich auch die Politik erreicht: In Berlin lud der neue Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) zu einem „ersten Weingipfel“, der tatsächlich kleinere Weichen stellte. Dazu gehören: Eine Million Euro für eine Werbeoffensive für deutschen Wein sowie Änderungen bei Meldepflichten und Saisonarbeitskräften. In Mainz bringt die CDU-Opposition das Thema diese Woche in den Landtag, die Hauptforderungen: Rotationsbrachen sowie spezielle Darlehensprogramme für Winzer. Und die Vereinigung „Freunde der Landwirtschaft“ fordert: „Wir brauchen eine Weinwelle!“

Die Weinlese läuft, aber was bringt der Blick in die Zukunft? Hier schaut Winzer Bastian Klohr aber einfach "nur" in einen Refraktometer zur Messung des Zuckergehalts in den Trauben. - Foto: DWI
Die Weinlese läuft, aber was bringt der Blick in die Zukunft? Hier schaut Winzer Bastian Klohr aber einfach „nur“ in einen Refraktometer zur Messung des Zuckergehalts in den Trauben. – Foto: DWI

Die Weinlese 2025 läuft bereits auf Hochtouren, die Winzer strahlen im Angesicht der Traubenauslese: Die Qualitäten seien hervorragend, die Verbraucher erwarte erneut ein exzellenter Weinjahrgang – wen, ja wenn sie ihn denn trinken. Denn der Weinkonsum sinkt weltweit und auch in Deutschland, 2024 wurde ein neuer Tiefststand erreicht. Im Schnitt trank ein Deutscher über 16 Jahren nur noch 22,2 Liter Wein im Jahr – das waren 0,3 Liter weniger als in der Vorjahresperiode.

Für Mainz kann das natürlich nicht gelten, aber selbst in den Weinanbaugebieten geht der Weinkonsum zurück. Gründe dafür sind auch Preissteigerungen und Inflation, viele Verbraucher gehen seit der Corona-Pandemie deutlich seltener essen, und wenn, dann trinken sie weniger Wein – die Preise in der Gastronomie sind einfach zu stark gestiegen. Die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf 7 Prozent zum Januar 2026 soll da ein wenig Abhilfe bringen, doch die meisten Gastronome sagen bisher: Senken werden sie ihre Preise dann nicht, zu stark sind die Kosten für Energie und Arbeitskräfte gestiegen.

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Sorgenfalten zur Weinlese: Für Weinmost keine Abnehmer

Zum Beginn der Weinlese sind die Sorgenfalten vielerorts deshalb tief, manche Winzer ernten gar „auf den Boden“, holen die Trauben auch gar nicht mehr nach Hause – weil sie für ihren Weinmost keinerlei Abnehmer haben. Das betrifft vor allem Fassweinwinzer, die an Großkellereien liefern, die wiederum Weine für den Einzelhandel produzieren: Die Preise sind im Keller, viele Hersteller von Discountweinen kaufen gar keinen Most mehr an – ein Drama für die produzierenden Weinbauern.

Weinberge sind gerade auch in Rheinhessen wesentlicher Teil der Kulturlandschaft. - Foto: gik
Weinberge sind gerade auch in Rheinhessen wesentlicher Teil der Kulturlandschaft. – Foto: gik

Erst vor wenigen Wochen warnte deshalb eine neu gegründete „Zukunftsinitiative Deutscher Weinbau“, Deutschland drohe der Verlust der Jahrtausende alten Kulturlandschaft Weinbau und eines wichtigen Stücks Identität – es drohe der Verlust von bis zu 50 Prozent der Weinbaubetriebe. Das rüttelte offenbar viele wach: Am Freitag hatte der neue Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) zum „Weingipfel“ nach Berlin geladen. Der Minister traf sich dabei unter anderem mit dem Deutschen Weinbauverband, dem Verband der Wein- und der Sektkellereien sowie der Weinexporteure und der Deutschen Landjugend, wie Letztere auf ihrer Homepage berichtet.

Viel berichtete wurde über den „Weingipfel“ im Anschluss in den Medien nicht, dabei hatte Rainer durchaus einige erste Schritte zur Unterstützung im Gepäck: So habe man „erste überflüssige Meldepflichten im Weinbau gestrichen“ und beschlossen, die kurzfristige Beschäftigung von Saisonarbeitskräften auf 90 Tage auszuweiten. Auch die dauerhafte Stromsteuerentlastung für Land- und Forstwirtschaft stärke die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, betonte Rainer in einer Pressemitteilung: „Wir halten Wort: Mit weniger Bürokratie, mehr Flexibilität bei Saisonarbeitskräften und einer sicheren Energieentlastung verschaffen wir unseren Betrieben Luft.“

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CDU fordert Einführung der „Rotationsbrache“, Kurswechsel in Berlin?

Der rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär Jan Metzler sprach gar von einem „Kurswechsel“ im Bundeslandwirtschaftsministerium, das Rainer von dem Grünen Cem Özdemir übernommen hatte. Nun betonte der Neue im Amt: „Der Weinbau in Deutschland ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sondern auch ein wertvolles Kulturgut, das die Identität und Landschaft vieler Regionen prägt.“ Ihm sei es „wichtig, die Weinbranche in dieser schwierigen Phase zu unterstützen“, er wolle auf die Bundesländer zugehen und sich in Brüssel „für schnelle, praxisgerechte Lösungen einsetzen.“

Eisweinlese in Erden an der Mosel: Edelsüße Spezialitäten, wie sie nur Deutschland kann. - Foto: Moselwein e.V.
Eisweinlese in Erden an der Mosel: Edelsüße Spezialitäten, wie sie nur Deutschland kann. – Foto: Moselwein e.V.

Das Signal aus Berlin sei „ermutigend, dabei darf es aber nicht bleiben“, mahnte denn auch Metzler. Das Problem zu hoher Weinmengen müsse endlich angepackt werden, ein zentrales Instrument sei dafür die „Rotationsbrache“: Dabei können Winzer Weinreben roden und die Flächen einige Jahre brach liegen lassen, ohne aber gleichzeitig die Pflanzrechte zu verlieren, während sie die Flächen für Biodiversitätsmaßnahmen nutzen. Viele Winzer betonten in den vergangenen Wochen gegenüber Mainz&, dies würde sehr helfen: Es gebe dem Winzer Zeit abzuschätzen, wohin sich der Markt entwickele, und welche Rebsorte er als nächstes anpflanze.

Genau diese „Rotationsbrache“ fordert die CDU nun in einem Antrag für den Mainzer Landtag in dieser Woche. Weinbauministerin Daniela Schmitt (FDP) hatte zwar jüngst auch auf die Hilferufe mit einem „Weinbaupaket 2025+“ reagiert, das aber enthielt wenig Neues – und eben nicht das Instrument der Rotationsbrache, das die Weinbauszene schon länger vehement fordert. Die CDU-Landtagsfraktion hatte Schmitt vorgeworfen, die Krise im Weinbau viel zu lange untätig ignoriert zu haben, und bringt nun ihr bereits Mitte November 2024 formuliertes 9-Punkte-Sofortprogramm zur Stärkung der Branche als Antrag in den Landtag ein.

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„Brauchen eine Weinwelle“ zugunsten deutscher Winzer

Wichtigste Förderung für die Winzer in Deutschland aber wäre ein ganz einfaches Mittel: Wenn die Deutschen einfach mal Weine ihrer heimischen Winzer trinken würden. Gut 60 Prozent der in Deutschland gekauften und getrunkenen Weine kommen nämlich aus dem Ausland, dabei haben Winzer aus deutschen Anbaugebieten längst Weltklasse-Weine, Alltags-Trinkweine und edelsüße Raritäten zu ausgesprochen moderaten Preisen zu bieten.

Start einer Werbeinitative für mehr Wein von deutschen Winzern. - Grafik: Freunde der Landwirtschaft"
Start einer Werbeinitative für mehr Wein von deutschen Winzern. – Grafik: Freunde der Landwirtschaft“

Minister Rainer kündigte nun an, der Bund werde mit bis zu einer Million Euro eine Informationsoffensive finanzieren, die den deutschen Wein als Botschafter für Qualität, Vielfalt und Innovation in Deutschland und weltweit stärken soll. „Das ist ein wichtiger Beitrag, um den Absatz zu fördern und das Bewusstsein für heimische Produkte zu stärken“, freute sich Metzler. Besonders erfreut zeigte sich das Deutsche Weininstitut in Bodenheim bei Mainz, zuständig für die bundesweite Weinwerbung: Man danke für die finanzielle Unterstützung und sei „zuversichtlich“, dass man damit „mehr weinaffine Endverbraucher für die Weine aus den deutschen Anbaugebieten begeistern und zum verstärkten Einkauf heimischer Weine motivieren können.“

Andere sind da schon weiter: „Wir brauchen eine Weinwelle“, fordert deshalb nun auch der Verein „Freunde der Landwirtschaft“, eine Vereinigung auf Facebook. Und die schriebt dort nun: „Unsere Winzer stehen am Abgrund! Rückläufige Verkaufszahlen, Bürokratie, immer strengere Auflagen, Nachwuchsmangel – all das hat sich zu einer explosiven Mischung entwickelt, die eine ganze Branche ins Wanken bringt.“ Deshalb starte man jetzt eine Kampagne, um den Absatz regionaler Weine anzukurbeln. Das Foto zeigt die Winzerin Julia Denig und ruft dazu auf, Wein zu kaufen – und zwar direkt beim Winzer in der Region. Der knappe Slogan: „Kauf Wein!“ Eine Million Euro war dafür wahrscheinlich nicht nötig.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Krise im deutschen Weinbau und ihren Ursachen lest Ihr auch hier bei Mainz&. Mehr zu den Plänen der Politiker in Rheinland-Pfalz haben wir hier berichtet.