Es war vor einem Jahr, als die Bundesregierung die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent anhob, im Jahr 2024 war von den Folgen wenig zu hören – bis jetzt: Laut einer neuen Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) belasten steigende Kosten, die erhöhte Mehrwertsteuer und sinkende Umsätze die Branche schwer. Danach befürchte jedes dritte Unternehmen, 2025 in die Verlustzone zu rutschen – in der speisengeprägten Gastronomie seien es sogar 41,7 Prozent. Einer der Hauptgründe: die Wiederanhebung des Mehrwertsteuersatzes auf 19 Prozent. Ein Verbund von Unternehmerverbänden ruft nun für den 29. Januar zu einem „Wirtschaftswarntag“ auf.
Die Bundesregierung hatte in der Coronazeit die Mehrwertsteuer für Gastronomiebetriebe von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt, die Senkung im Juli 2020 sollte den Betrieben helfen, ihre Verluste aus der Pandemiezeit ein wenig aufzufangen. Doch als im Herbst 2023 das Bundesverfassungsgericht den Haushalt der Berliner Ampel-Regierung kippte, war Schluss mit der Erleichterung: Zum 1. Januar 2024 hob die Bundesregierung den Mehrwertsteuersatz wieder auf 19 Prozent an – trotz massiver Warnungen aus der Branche.
Es drohe „eine Katastrophe für die Betriebe und ein Preisschock für die Gäste“, warnte schon im Sommer 2023 der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA – mit fatalen Folgen für Gesellschaft, Staat und Gastgeber. Denn trotz der Corona-Hilfen habe die Branche bundesweit in den Jahren 2020 und 2021 rund 36.000 Gastronomiebetriebe verloren. Die Rückkehr zum alten Satz werde in den Betrieben zu erheblichen Preissteigerungen führen, das aber würden die Gäste nicht mit machen, klagten auch Mainzer Gastronome: Nach Corona, der Inflationsrallye, Kriegen und Krisen sitze das Geld zum Weggehen alles andere als locker.
Rückkehr zur Mehrwertsteuer von 19 Prozent: schwere Belastung
Eine Rückkehr zu den 19 Prozent werde deutschlandweit zu rund 12.000 Betriebsschließungen führen, davon allein zwischen 750 und 1.000 in Rheinland-Pfalz, warnte der rheinland-pfälzische DEHOGA-Präsident Gereon Haumann Ende 2023, und schimpfte: Es sei „ein fataler Irrweg“, nun ausgerechnet das Gastgewerbe bluten zu lassen. Die Politik lege damit „die Axt an den Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält: unsere öffentlichen Wohnzimmer“ und nehme sehenden Auges „durch die Steuererhöhung Insolvenzen, Ausbildungs- und Arbeitsplatzverluste im ländlichen Raum und die Verteuerung von Speisen in fast allen Lebensbereichen in Kauf!“
Im Jahr 2024 war dann allerdings über die Folgen der Wiederanhebung wenig zu hören, jetzt aber meldet sich die DEHOGA mit einer neuen Umfrage zu Wort – und die zeichnet ein düsteres Bild: Die Branche kämpfe mit erheblichen Umsatzverlusten, die Aussichten seien „gedämpft“ bis „pessimistisch“. „Steigende Kosten, die erhöhte Mehrwertsteuer und sinkende Umsätze belasten die Branche schwer“, heißt es in einer Pressemitteilung. Jedes dritte Unternehmen (33,5 Prozent) befürchte, im Jahr 2025 in die Verlustzone zu rutschen – in der speisengeprägten Gastronomie seien es sogar 41,7 Prozent.
„Die Betriebe leiden besonders unter der gestiegenen Mehrwertsteuer“, sagte Haumann: 84,7 Prozent bezeichneten diese als die mit Abstand größte Herausforderung. „Die Heraufsetzung der Mehrwertsteuer hinterlässt gravierende Spuren und hat fatale Folgen für die Betriebe“, klagte der DEHOGA-Präsident: „Viele stehen mit dem Rücken zur Wand.“ So gaben bei der Umfrage im Dezember 2024 an, nominal 4,4 Prozent weniger umgesetzt zu haben als im Dezember 2023.
30 bis 40 Prozent der Gastrobetriebe befürchten 2025 Verluste
In das neue Jahr seien die meisten Betriebe mit Blick auf ihre Geschäftsentwicklung „verhalten“ (49,5 Prozent) gestartet, 21,8 Prozent beurteilten die Aussichten mit „eher negativ“, und 8,5 Prozent zeigen sich sogar „pessimistisch“. Nur 20,2 Prozent, also ein Fünftel, schauten optimistisch auf ihre zu erwartende Geschäftsentwicklung. Gerade im Gaststättengewerbe seien laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes die Umsätze zwischen Januar und November 2024 real um 4,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen (nominal -1,5%).
Ein zentraler Belastungsfaktor für alle Betriebe aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe bleibe der zunehmende Kostendruck, so die DEHOGA weiter: 78,3 Prozent der Umfrageteilnehmer nannten steigende Personalkosten als die größte Herausforderung. Zudem leiden die Betriebe unter den höheren Kosten für Lebensmittel (73,9 Prozent), den gestiegenen Energiekosten (71,0 Prozent) und der Anhebung der Mehrwertsteuer (68,0 Prozent). Hinzu kommt der zunehmende Bürokratieaufwand, der von 63 Prozent zu den größten Herausforderungen gezählt wird.
Um aus der Talsohle herauszukommen, brauche es jetzt einen konsequenten wirtschaftspolitischen Kurswechsel, forderte Haumann: „Ein Weiter so darf es nicht geben.“ Von der künftigen Bundesregierung erwarte er dringend die überfällige Stärkung der Wirtschaft. Für die Branche brauche es vor allem eine einheitliche Besteuerung von Speisen mit 7 Prozent, forderte Haumann zudem: „Die Ungleichbehandlung unserer Branche muss endlich dauerhaft beseitigt werden!“
Denn seit dem Januar 2024 gilt wieder der alte Flickenteppich, nach dem etwa Speisen im Restaurant mit 19 Prozent versteuert werden, gelieferte Speisen aber nur mit 7 Prozent. Das sei „absurd“, findet die DEHOGA – und fordert weiter: „7% einheitlich auf Essen!“ Mehr dazu hier im Internet.
Erster bundesweiter „Wirtschaftswarntag“ am 29. Januar
Von einer „alarmierenden Situation“ spricht derweil der Bund der Systemgastronomie – und ruft für den 29. Januar zum bundesweit ersten „Wirtschaftswarntag“ auf. Gemeinsam mit rund 70 Wirtschaftsverbänden und Unternehmerinitiativen will man dann von den Parteien kurz vor der Bundestagswahl nachdrücklich die Stärkung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit und eine Wirtschaftswende nach der Bundestagswahl fordern. Die Lage sei ernst, Deutschland stehe „an einem wirtschaftlichen Kipppunkt“, die Politik müsse das Ausmaß „endlich begreifen“, heißt es auf der Homepage. Geplant ist am 29. Januar demnach eine Kundgebung in Berlin am Brandenburger Tor sowie Aktionen regionaler Verbände und Unternehmen vor Ort.
„Die Systemgastronomie ist ein bedeutender Wirtschaftszweig und Gastgeber für Millionen Menschen“, betonte Markus Suchert, Hauptgeschäftsführer des Bundes des Systemgastronomie. Auch hier habe sich die Situation „besonders durch die Rückkehr zum regulären Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zu Beginn dieses Jahres dramatisch verschärft.“ Die meist mittelständisch geprägten Unternehmen der Systemgastronomie sähen sich insgesamt mit steigenden Kosten, wachsender Bürokratie und zunehmenden ordnungspolitischen Eingriffen konfrontiert, das erschwere den Alltag der Betriebe und deren unternehmerische Freiheit.
Info& auf Mainz&: Mehr zu dem Wirtschaftswarntag am 29. Januar 2025 findet Ihr hier im Internet. Einen ausführlichen Bericht zum Problem der Mehrwertsteueranhebung auf 19 Prozent könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.