Aktuell&: Aus aktuellem Anlass, hier noch einmal unser Artikel vom 20. Juli 2023. — Werden Pizza, Spießbraten und der Restaurantbesuch um die Ecke bald unbezahlbar? Das befürchten die Freien Wähler, und forderten nun im Mainzer Landtag, die reduzierte Mehrwertsteuer für die Gastronomie beizubehalten – denn die läuft Ende 2023 aus. Es drohten sonst massive Preissteigerungen und Insolvenzen, warnte FW-Fraktionschef Joachim Streit – auch auch der Branchenverband DEHOGA warnt vor einer Katastrophe und einem Preisschock und fordert: „Die 7 Prozent müssen bleiben!“

Geschlossene Gastronomie in der Corona-Pandemie: Hohe Einbußen, Tausende Insolvenzen. - Foto: gik
Geschlossene Gastronomie in der Corona-Pandemie: Hohe Einbußen, Tausende Insolvenzen. – Foto: gik

„Als im Juli 2020 der Mehrwertsteuersatz von 19 auf 7 Prozent gesenkt wurde, war das die richtige Entscheidung“, sagte der Fraktionschef der Freien Wähler, Joachim Streit, am Mittwoch im Mainzer Landtag – doch nach den Plänen der Ampel-Regierung in Berlin soll die Sonderregelung Ende 2023 auslaufen. Doch an den gewichtigen Gründen der Stärkung der Gastronomie habe sich „bis heute nichts geändert“, betonte Streit: Die Gastronomie leider heute unter Inflation und Preissprüngen, gestiegenen Personalkosten und ausbleibenden Gästen.

Die Senkung der Mehrwertsteuer im Juli 2020 sollte den Betrieben in der Corona-Pandemie helfen, ihre Verluste ein wenig aufzufangen, nun aber soll die Regelung Ende 2023 auslaufen. Damit drohten zum 1. Januar 2024 aber „eine Katastrophe für die Betriebe und ein Preisschock für die Gäste“, warnt der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA – mit fatalen Folgen für Gesellschaft, Staat und Gastgeber. Denn trotz der Corona-Hilfen habe die Branche bundesweit in den Jahren 2020 und 2021 rund 36.000 Gastronomiebetriebe verloren.

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Drohen Tausende Insolvenzen und ein Preisschock für Gäste?

Auch Streit wiederholte diese Zahlen nun im Landtag, und berichtete, allein in Rheinland-Pfalz hätten 2.500 Gastrobetriebe ihre Türen für immer geschlossen. Und noch immer liege der Gastgewerbeumsatz in diesem Jahr um 12.5 Prozent unter dem Vor-Conora-Niveau, während gleichzeitig aber die Personalkosten um 21,5 Prozent gestiegen seien. Die Betriebe litten unter Inflation und Preissteigerungen, betonte Streit: „Wir fordern die Landesregierung auf, sich im Bundesrat für eine Entfristung der Mehrwertsteuer-Reduzierung einzusetzen – die Dringlichkeit ist gegeben.“

Fordert die reduzierte Mehrwertsteuer für die Gastronomie beizubehalten: Der Fraktionschef der Freien Wähler im Mainzer Landtag, Joachim Streit. - Foto: Freie Wähler
Fordert die reduzierte Mehrwertsteuer für die Gastronomie beizubehalten: Der Fraktionschef der Freien Wähler im Mainzer Landtag, Joachim Streit. – Foto: Freie Wähler

Bei der SPD sah man die Notwendigkeit dazu indes nicht recht gegeben: Eine solche Ausgabe stehe „in Konkurrenz zu anderen wichtigen Herausforderungen“ wie etwa Bildungsausgaben oder Kindergrundsicherung, sagte die SPD-Landtagsabgeordnete Annas Köberlin: „Ist das eine Subvention, die für unsere Lebensqualität ausschlaggebend ist?“ Immerhin koste die reduzierte Mehrwertsteuer den Bund rund 3,3 Milliarden Euro, das Land Rheinland-Pfalz 73 Millionen Euro und die Kommunen rund 3 Millionen Euro.

Streit verwies hingegen darauf, dass mehr Unternehmensinsolvenzen auch weniger Einnahmen bei der Gewerbesteuer bedeuteten, und betonte: Ja, es gehe hier genau um die Lebensqualität im Land. Komme die Anhebung zum alten Satz, drohten weitere „Tausende Insolvenzen“, die Übrigen würden die steigenden Kosten notgedrungen „eins zu eins an die Kunden weitergeben – weil es nicht anders geht“, sagte Streit. Zudem gelte der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf Speisen in der Gastronomie aktuell in 23 von 27 EU-Staaten – in Frankreich, Italien und Österreich seien es 10 Prozent.

„Spießbraten und Pizza können dann viele nicht mehr genießen“

Die aus einer Preissteigerung resultierenden gesellschaftlichen Folgen wären enorm, warnte Streit weiter: „Spießbraten und Pizza um die Ecke könnten dann viele nicht mehr genießen, viele würden dann die Restaurantbesuche zurückfahren – es geht um ein Stück Lebensqualität, es geht um ein Stück Gastrokultur.“ Parallel dazu meldete das Statistische Landesamt in Bad Ems eine Inflation von zuletzt 64, Prozent im Juni 2023, immer noch weniger Gäste im Land als vor der Corona-Pandemie – und stark gestiegene Unternehmensinsolvenzen im ersten Quartal 2023.

Leere Tische in der Gastronomie - das befürchtet die DEHOGA bei weiteren Preissprüngen. - Foto: gik
Leere Tische in der Gastronomie – das befürchtet die DEHOGA bei weiteren Preissprüngen. – Foto: gik

„Mit der Forderung, die Gastronomie zu stärken, rennen Sie offene Türen ein“, sagte die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). Was der Branche helfe, solle man auch umsetzen. Aber der Verzicht auf eine Mehrwertsteuererhöhung sei zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Baustein, der Gastronomie zu helfen, sagte Schmitt weiter, und betonte: „Wir haben die Gastronomie durch die schwere Zeit der Pandemie gebracht, wir werden auch die aktuelle Herausforderung meistern.“ Wie sie das angehen will – das sagte die Ministerin indes nicht.

Derweil warnt die DEHOGA vor massiv steigenden Zukunftsängsten in der Gastrobranche: „Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2024 wäre eine Katastrophe mit fatalen Folgen“, warnt DEHOGA-Präsident Gereon Haumann. Laut einer DEHOGA-Umfrage gaben 97,7 Prozent der befragten rheinland-pfälzischen Unternehmer, sie wären gezwungen, ihre Preise anzuheben. „Nur mit den 7% ist es bisher gelungen, die explodierenden Kosten bei Energie, Lebensmitteln und Personal zumindest teilweise aufzufangen“, sagte Haumann.

In der Folge würden die Preise um durchschnittlich 15,5 Prozent steigen, in der Folge die Nachfrage einbrechen, warnte Haumann: 81,2 Prozent der rheinland-pfälzischen Betriebe gehen davon aus, dass die Nachfrage stark (56,8%) bis sehr stark (24,4%) sinken würde. 86,6 Prozent der Unternehmer rechnen zudem damit, dass die Gäste stark (58,9%) bis sehr stark (27,7%) sparen würden. Damit einhergehend sagen 73,8 Prozent sinkende Nettoumsätze voraus. „Es dürfen nicht noch mehr ‚öffentliche Wohnzimmer‘ verschwinden“, forderte Haumann: „Deshalb müssen die 7 Prozent bleiben.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Umfrage der DEHOGA findet Ihr hier im Internet.