Das Land Rheinland-Pfalz hat drei Staatssekretären jahrelang Sonderurlaube gewährt, und ihnen damit zu üppigen Pensionszahlungen verholfen – das rügt der Bund der Steuerzahler  (BdSt) in seinem aktuellen Jahrbuch. Schlimmer noch: Die Praxis der Sonderurlaube war bereits im Februar 2021 scharf vom Landesrechnungshof als rechtwidrig verurteilt worden – geändert hat sich aber offenbar wenig: Die Mainzer Ampel gewährte bis zu 12 Jahre lange Sonderurlaube für frühere Staatssekretäre, die in anderen Jobs üppig verdienten – ein Unding kritisiert der BdSt. Als Erfolg feiert man hingegen das Aus für die „Grünen Zimmer“ in Mainz.

Das aktuelle Schwarzbuch 2025-2026 des Bundes der Steuerzahler listet erneut zahlreiche Fälle von Steuergeldverschwendung auf. - Foto: BdSt
Das aktuelle Schwarzbuch 2025-2026 des Bundes der Steuerzahler listet erneut zahlreiche Fälle von Steuergeldverschwendung auf. – Foto: BdSt

Jedes Jahr listete der Bund der Steuerzahler in seinem „Schwarzbuch“ besonders krasse Fälle von Steuerverschwendung der öffentlichen Hand an, in diesem Jahr schafften es 100 Fälle bundesweit in das „Schwarzbuch“. Darunter sind etwa teure Wandkalender und Webseiten-Wildwuchs, verpfuschte Bauvorhaben oder Plastiksitzmöbel für 220.000 Euro. In Hessen prangert der Bund der Steuerzahler gleich 12 Fälle an, darunter einen Wildwuchs bei den insgesamt 19 Spezialbeauftragten des Landes – „Kompetenzwirrwarr und mutmaßliche Parteibuchwirtschaft“ inklusive.

Rheinland-Pfalz hat es mit fünf Fällen in das „Schwarzbuch 2025/2026“ geschafft, dazu gehört eine Klärschlammvergasungsanlage in Koblenz, die seit zwei Jahren stillsteht – weil der Klärschlamm fehlt. In Trier stellte die Stadt im April 2023 einen Container zur Nutzung für Prostituierte des örtlichen „Straßenstrichs“ auf, um für „sichere Bedingungen“ zu sorgen. Weil der Schlüssel dafür aber im Rathaus abgeholt werden muss, steht der Container seit zwei Jahren ungenutzt herum – Miete zahlt die Stadt dafür trotzdem.

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Erfolg für BdSt: Stadt Mainz verzichtete auf „Grüne Zimmer“

In Mainz wiederum freut man sich beim Bund der Steuerzahler über einen Erfolg: 2024 hatte der BdSt die Anmietung von gleich drei sogenannten „Grünen Zimmern“ kritisiert. Diese rollenden grünen Oasen sollten für Lärmreduktion, Kühlung durch Verdunstung und mehr Aufenthaltsqualität sorgen, die gerade einmal fünf mal 2,5 Meter kleinen Plattformen seien aber „nur überflüssige Klima-PR zu Lasten der Steuerzahler“, schimpfte der BdSt damals: Für fünf Monate habe Mainz sich gleich drei dieser Plattformen – für satte 100.000 Euro.

Eines der sogenannten "Grünen Zimmer" vor dem Stadthaus in Mainz. - Foto: gik
Eines der sogenannten „Grünen Zimmer“ vor dem Stadthaus in Mainz. – Foto: gik

„Noch im selben Monat nach Veröffentlichung der BdSt-Kritik gab die Stadtverwaltung bekannt, für 2025 auf die erneute Aufstellung der ‚Grünen Zimmer‘ zu verzichten“, freute sich nun der Steuerzahlerbund: „Die Mainzer Steuerzahler kann es freuen, immerhin spart das der Stadtkasse – abhängig von der angenommenen Standzeit – locker 100.000 bis 200.000 Euro pro Jahr.“ Eine Stadt, die wirklich etwas für den Klimaschutz tun wolle, „sollte besser auf mehr dauerhaftes Stadtgrün setzen“, empfiehlt der BdSt. Er hatte schon 2024 der Stadt geraten, man solle doch lieber weniger Bäume fällen und stattdessen mehr pflanzen.

Zudem prangert der Bund der Steuerzahler 2025 erneut ein weiteres eigentlich bekanntes Problem an: Sonderurlaube für Landesbeamte, die in andere Jobs wechseln. Das Problem ist seit 2021 gut beschrieben, denn im Februar 2021 rügte der Landesrechnungshof die Praxis der Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz mit deutlichen Worten. In 30 Fällen habe das Land Rheinland-Pfalz Sonderurlaube von mehr als sechs Jahren bewilligt, die rechtswidrig seien, kritisierte damals Rechnungshofpräsident Jörg Berres – bei 21 Beamten dauerte der Sonderurlaub sogar mehr als zehn Jahre.

Sonderurlaube mehren Pensionsansprüche – trotz Spitzengehältern

Der Hintergrund: Sonderurlaub kann einem Beamten nach der Urlaubsverordnung des Landes gewährt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen – die Beurlaubten erhalten in der Zeit keine Bezüge des Landes. Sonderurlaube von mehr als drei Monaten dürfen aber nur „aus besonders wichtigem Anlass und nur in begründeten Fällen“ bewilligt werden. das aber scherte das Land nicht: 30 Fälle von viel zu langen Sonderurlauben rügte der Rechnungshof damals, acht Personen wurden gleich für 15 bis 30 Jahre „beurlaubt“.

Die SPD-geführte Landesregierung sah weder unter Malu Dreyer noch unter Alexander Schweitzer ein Problem mit den jahrelangen Sonderurlauben ihrer Beamten. - Foto: gik
Die SPD-geführte Landesregierung sah weder unter Malu Dreyer noch unter Alexander Schweitzer ein Problem mit den jahrelangen Sonderurlauben ihrer Beamten. – Foto: gik

Die Beamten wurden dabei an Unternehmen ausgeliehen, an denen das Land mehrheitlich beteiligt ist, 15 Beamte wurden in ihrem Sonderurlaub sogar befördert, drei Beamten gar unbefristet freigestellt und manche bis wenige Monate vor oder sogar bis zum Eintritt in den Ruhestand beurlaubt. Das Hauptproblem dabei: Zwar wurden die Beamten in der Zeit nicht vom Land bezahlt, aber die Sonderurlaubszeit wurde für ihre Pensionen anerkannt, – und das, obwohl die Beamten in ihren neuen Jobs zwischen 150.000 Euro und mehr als 220.000 Euro pro Jahr verdienten.

Das Land argumentierte dabei stets, die Urlaube seien ausgesprochen worden, weil die Beamten danach in den Staatsdienst zurückkehren sollten, doch das taten die meisten eben nie: Sie blieben in ihren sehr gut bezahlten neuen Jobs. Man habe das Problem auch bereits im „Schwarzbuch 2022“ angeprangert, klagte der Bund der Steuerzahler nun, „geändert hat die Landesregierung an diesem prinzipiellen Missstand jedoch nichts!“ Anfang 2026 werde sich ein Staatssekretär sogar nach rund zwölf Jahren Sonderurlaub direkt in die Pension verabschieden. Aus der Mainzer Staatskanzlei hieß es auf SWR-Anfrage hingegen, man gehe immer noch davon aus, dass die Sonderurlaube rechtlich in Ordnung seien – man hab eben „eine andere Rechtsauffassung als der Landesrechnungshof“.

Drei Staatssekretäre in Sonderurlaub – Nach 12 Jahren in Pension

Konkret prangert der BdSt nun den Fall von drei Staatssekretären an, die nun teils bis zu zwölf Jahre lang beurlaubt seien. „Die Landesregierung behauptet einfach, dass die Rückkehr der beurlaubten Staatssekretäre in ihre Ämter vorgesehen sei und die konkrete Umsetzung im Einzelfall zu gegebener Zeit geprüft werde“, kritisiert der BdSt und schimpft: „Die Steuerzahler werden für dumm verkauft!“ Denn in einem Fall sei der Sonderurlaub vor Erscheinen des Schwarzbuchs 2022 beendet worden, im zweiten Fall gehe es für den Beamten nach 12 Jahren Sonderurlaub direkt in den Ruhestand – „mit einer saftig erhöhten Staatspension.“ Im dritten Fall laufe der genehmigte Sonderurlaub just bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode – nämlich von Mai 2021 bis Mai 2026.

Alexander Wilhelm im Frühjahr 2021 als Staatssekretär und Impfkoordinator der Landesregierung. - Foto: rlp.de
Alexander Wilhelm im Frühjahr 2021 als Staatssekretär und Impfkoordinator der Landesregierung. – Foto: rlp.de

Nach Recherchen des SWR handelt es sich in dem einen Fall um den SPD-Politiker Jürgen Häfner, der bis Januar 2014 Staatssekretär im Mainzer Innenministerium war, und dann den höchst lukrativen Job als Geschäftsführer von Lotto Rheinland-Pfalz übernahm. Doch trotz 195.000 Euro Jahresgehalt wurde Häfner in den „Dauer-Sonderurlaub“ geschickt – wenn er im Januar 2026 in Pension geht, betrug der „Urlaub“ satte 12 Jahre.

Fall zwei betrifft den Geschäftsführer beim Landeskrankenhaus in Andernach, Alexander Wilhelm. Er war bis 2021 Staatssekretär im Gesundheitsministerium und agierte unter anderem als „Impfkoordinator“ während der Corona-Pandemie, danach wechselte er auf den höchst lukrativen Posten: 240.000 Euro Jahresgehalt errechnete der SWR – auch Wilhelm wurde dennoch „Sonder-Urlaub“ gewährt, und zwar bis Mai 2026.

Je nachdem, wie alt die Ruheständler würden, gehe es „um sechs- bis siebenstellige Mehrausgaben, die aus den Sonderurlauben zulasten der Steuerzahler resultieren“, kritisiert der BdSt – der Landesrechnungshof sei 2021 im Einzelfall von einer um bis zu 49.000 Euro erhöhten jährlichen Pension ausgegangen. „Was ein Arbeitnehmer nicht einmal in 45 Beitragsjahren an Rente erarbeiten kann, verschenkt die Landesregierung als Pension im Sonderurlaub einfach so“, schimpfte der Steuerzahlerbund: „In einer Zeit zunehmender Politikverdrossenheit ist die Sonderurlaubspolitik der rheinland-pfälzischen Landesregierung bestens geeignet, das Vertrauen der Bürger weiter zu erschüttern.“

Info& auf Mainz&: Unseren ausführlichen Bericht zu den Sonderurlauben der rheinland-pfälzischen Landesregierung und der Kritik des Landesrechnungshofes vom Februar 2021 könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.