Die Afrikanische Schweinepest weitet sich trotz scharfer Schutzmaßnahmen immer weiter aus: Im Kreis Groß-Gerau wurden nun in zwei weiteren Hausschweinbetrieben infizierte Tiere gefunden, damit müssen in Hessen nun schon mehr als 1.300 Hausschweine aus Seuchenschutzgründen getötet werden. Auch im Kreis Mainz-Bingen werden immer mehr infizierte Wildschweine gefunden, ein Elektrozaun soll nun die Verbreitung eindämmen. Doch Hundehalter und Spaziergänger ignorieren immer wieder Absperrungen rund um Oppenheim sowie die Leinenpflicht – jetzt drohen Bußgelder.

Ein ausgewachsenes Wildschwein beim Suhlen. – Foto: Wikimedia 4028mdk09
Ein ausgewachsenes Wildschwein beim Suhlen. – Foto: Wikimedia 4028mdk09

Mitte Juni war erstmals im Kreis Groß-Gerau bei einem verendeten Wildschwein in der Nähe von Rüsselsheim die Afrikanische Schweinepest nachgewiesen worden, seither versuchen die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz, die Ausbreitung der tödlichen Tierseuche zu verhindern. Die Afrikanische Schweinepest ist eine für Haus- und Wildschweine hoch ansteckende und meist tödliche Tierseuche, für den Menschen ist sie indes ungefährlich.

Allerdings spielt der Mensch eine entscheidende Rolle bei der Ausbreitung der Seuche: Ein wichtiger Übertragungsweg sind nämlich achtlos weggeworfene Speisereste, da das Virus jahrelang sogar in behandelten Fleischprodukten wie Schinken oder Salami überleben kann. Zudem können Menschen und auch ihre Hunde das Virus unbemerkt weitertragen, und so zur Verbreitung beitragen, nach dem Ausbruch der seuche wurde deshalb umgehend eine Leinenpflicht für Hunde sowie eine Schutzzone rund um den Fundort erlassen.

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Schutzzone auch in Mainz: Acht Kadaver – Elektronzäune sollen helfen

Die Schutzzone erstreckte sich von Anfang an auch auf das Stadtgebiet Mainz sowie entlang der Rheinschiene nach Süden, da die Behörden fürchteten, dass infizierte Wildschweine den Rhein überqueren könnten. Das ist inzwischen wohl auch geschehen: In den vergangenen Tagen wurden im Gebiet des Landkreises Mainz-Bingen insgesamt acht Wildschweinkadaver gefunden worden, davon seien mindestens zwei Tiere definitiv infiziert gewesen, teilte der Landkreis Mainz-Bingen mit. Im Nachbarlandkreis Alzey-Worms gebe es mittlerweile fünf Fälle.

Aufstellen von Elektrozäunen in Hessen mit Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU, ganz rechts). - Foto HMLU
Aufstellen von Elektrozäunen in Hessen mit Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU, ganz rechts). – Foto HMLU

Die Ausbreitung geht also weiter, und das, obwohl in Hessen kurz nach Ausbruch der Seuche rund 60 Kilometer lange Elektrozäune errichtete, die unter anderem die Wildschweine vom Rheinufer fernhalten sollte. Ein ähnlicher Zaun soll nun auch auf rheinland-pfälzischer Seite die Wanderung infizierter Tiere unterbunden helfen: Ab Mittwoch werden zwischen Mainz und Guntersblum rund 30 Kilometer Elektrozaun am Rhein aufgestellt, um die mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) infizierten Wildschweine im Kerngebiet zu halten, teilte die Kreisverwaltung mit.

Eine EU-Mission hatte zudem rund um den 11. Juli vor allem das hessische Krisengebiet besucht, und sich über die Bekämpfungsmaßnahmen gegen die Tierseuche informieren lassen. Die internationalen Veterinär-Experten hätten sich drei Tage lang umgesehen und den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz „sehr gute Krisenarbeit bescheinigt“, teilten die zuständigen Ministerien mit.

Viruslast hoch, Seuche tobt wohl schon seit drei Monaten

Doch die internationalen Experten stellten auch fest: Der älteste positiv getestete Kadaver sei bereits drei Monate alt – so lange könnte die Seuche also bereits grassieren. Als Ausgangspunkte werden inzwischen der Bereich nahe der Opelrennbahn, wo mehrere positive Kadaver gefunden wurden, oder das Naturschutzgebiet Kühkopf mit Funden auf beiden Seiten des Rheins vermutet.

In Hessen müssen bereits mehr als 1.300 Hausschweine wegen der Afrikanischen Schweinepest getötet werden. - Foto: gik
In Hessen müssen bereits mehr als 1.300 Hausschweine wegen der Afrikanischen Schweinepest getötet werden. – Foto: gik

Das EUVET-Team warnte zudem: Die gefundene Viruslast sei sehr hoch, das könne „für den Hausschweine-Bestand problematisch werden.“ Genau das geschah denn auch: In zwei weiteren Hausschweinbeständen im südlichen Kreisgebiet von Groß-Gerau sei das Afrikanische-Schweinepest-Virus (ASP) nachgewiesen worden, teilte das  Hessische Landwirtschaftsministerium am Dienstag mit. Zuvor waren schon in zwei weiteren Betrieben mit Hausschweinen infizierte Tiere gefunden worden.

Damit müssen nun insgesamt mehr als 1.300 Hausschweine getötet werden – die neu infizierten Betriebe halten demnach einmal 17 und einmal 170 Schweine. Am 18. Juli war bereits in einem Betrieb bei Stockstadt im Kreis Groß-Gerau das Virus bei drei toten Schweinen und mehreren lebenden aufgetreten – allein hier mussten mehr als 1.100 Schweine aus Gründen der Seuchenbekämpfung getötet werden.

Verstöße gegen Absperrungen und Leinenpflicht: Bußgelder drohen

Die wiederholten Ausbrüche in Hausschweinbeständen seien jedoch „regional stark konzentriert und verdeutlichen die enorm hohe Viruslast in dem Gebiet rund um die Knoblochsaue und den Kühkopf“, hieß es vom Landwirtschaftsministerium weiter. Die hohe Viruslast komme „nicht überraschend“, sie zeigten zudem, dass es bisher „gut gelungen ist, eine Verschleppung in angrenzende Regionen zu verhindern.“ Allerdings war es nicht gelungen, das Virus von den Betrieben fern zu halten – das bedroht auch rund 700 Hausschweine im Kreis Mainz-Bingen.

Absperrzaun mit Warnschild in Sachen Afrikanische Schweinepest: Bitte Ernst nehmen! - Foto: Kreis Mainz-Bingen
Absperrzaun mit Warnschild in Sachen Afrikanische Schweinepest: Bitte Ernst nehmen! – Foto: Kreis Mainz-Bingen

Denn offenbar halten sich immer noch viele Menschen nicht an die derzeit geltenden Beschränkungen und Regeln: Die Behörden in Hessen und Rheinland-Pfalz mahnen eindringlich, sich an die immer noch geltende Leinenpflicht für Hunde zu halten, und Wege im freien Gelände nicht zu verlassen. In Hessen muss die Landwirtschaft zudem ihre Felder zwingend vor einer maschinellen Bearbeitung auf Wildschweine überprüfen. „Alle schweinehaltenden Betriebe sind dazu aufgefordert, zwingend die strengsten Biosicherheitsmaßnahmen einzuhalten und ihre Bestände fortlaufend zu kontrollieren“, heißt es aus Hessen zudem.

Auf rheinland-pfälzischer Seite mahnte das Veterinäramt des Landkreises Mainz-Bingen nochmal „inständig die Bevölkerung, bitte beachten Sie die Absperrungen im Kerngebiet zur Afrikanischen Schweinepest (ASP)“, das gelte besonders für das Oppenheimer Wäldchen. „Leider mussten wir feststellen, dass die Absperrzäune von unvernünftigen Zeitgenossen zur Seite geräumt, und die Wege trotz Verbots benutzt wurden“, sagte der zuständige Beigeordnete Erwin Malkmus. Zudem würden Hunde frei herumlaufen und seien nicht angeleint.

Bevölkerung zur Hilfe aufgerufen, Hundestrand Oppenheim gesperrt

„So bekommen wir aber die Afrikanische Schweinepest nicht in den Griff“, kritisierte Malkmus. Das gelinge nur, wenn sich alle an die tierseuchenrechtlichen Vorgaben hielten. Malkmus betonte zudem, bei Verstößen könnten Bußgelder fällig werden, denn die Folgen könnten erheblich sein: „Wenn das Virus zum Beispiel unbemerkt durch Hunde im Dickicht aufgenommen, und aus der Kernzone herausgetragen wird, besteht die Gefahr, dass sich die Seuche über die bisher betroffenen Gebiete ausbreitet“, warnte er.

Der Strand am Oppenheimer Rheinbad ist noch frei, weite Bereiche des Ufers sollen aber nicht betreten werden - und der Hundestrand ist gesperrt. - Foto: gik
Der Strand am Oppenheimer Rheinbad ist noch frei, weite Bereiche des Ufers sollen aber nicht betreten werden – und der Hundestrand ist gesperrt. – Foto: gik

Es reiche schon, wenn man zu Fuß über eine Fläche laufe, auf der zuvor ein infiziertes Wildschwein entlanglief. „Das sehr widerstandsfähige Virusmaterial bleibt an den Schuhen haften und wird so nach draußen getragen, wo es lange überlebt und für neue Infektionen sorgen kann“, erklärte Malkmus. Zur Eindämmung der Seuche war in den vergangenen Tagen bereits der Oppenheimer Hundestrand nach dem Fund eines toten Wildschweins in unmittelbarer Nähe gesperrt worden.

„Dieser Schritt soll verhindern, dass die Hunde im Gebüsch vorhandene Viruslast aufnehmen und aus der Kernzone heraustragen“, betonte Malkmus. Gesperrt sind zudem der Leinpfad in Oppenheim, auch die Bootsanleger im Oppenheimer Hafen dürfen nicht genutzt werden. Die Zufahrt zum Strandbad, zum Rheinrestaurant und zum Campingplatz sind aber frei. Besucher sind aufgerufen, vor allem in Rheinnähe zwischen Oppenheim und Guntersblum und noch weiter in den Kreis Alzey-Worms hinein nicht entlang des Rheinufers in der Nähe von Wäldchen zu Joggen, zu Grillen, zu Feiern oder andere touristische Aktivitäten zu unternehmen, um Wildschweine nicht aufzuscheuchen.

Warnschild Afrikanische Schweinepest. - Foto: Kreis Mainz-Bingen
Warnschild Afrikanische Schweinepest. – Foto: Kreis Mainz-Bingen

Die Behörden versuchen nun, mit Jägern und Drohnen die Gebiete in der Sperrzone nach infizierten Tieren abzusuchen. Oberstes Ziel sei dabei, in Kerngebiet und infizierter Zone möglichst Ruhe zu halten, damit die Wildschweine nicht aufgeschreckt und vertrieben würden. Eine Ansteckung der Tiere, die sich bereits in den Zonen befinden, könne und solle nicht verhindert werden, betonte Malkmus: „Das Virus ist hier bereits verbreitet. ASP hört dann auf, wenn das Virus keinen Wirt mehr findet.“

Info& auf Mainz&: Aktuelle Infos zur Afrikanischen Schweinepest gibt es auf der Sonderseite zum Thema beim Landkreis Mainz-Bingen. Dort werde es auch fortlaufend neue Informationen über die Anzahl der gefundenen Schweine geben. Am Donnerstag, den 25. Juli 2024, gibt es zudem um 19.00 Uhr im Ratssaal der Verbandsgemeinde Rhein-Selz (Sankt-Ambrogio-Ring 33) eine Infoveranstaltung für interessierte Bürger. Informationen zu den genauen Karten der aktuell geltenden Sperrzonen findet Ihr hier beim Umweltministerium Rheinland-Pfalz im Internet.