Der Al-Nur-Kindergarten in Mainz bleibt geschlossen, der Entzug der Betriebserlaubnis war rechtens, urteilte nun das Oberlandesgericht Koblenz – und verband sein Urteil mit einer Aufsehen erregenden Begründung: Es bestehe nicht nur „die konkrete Gefahr, dass die gesellschaftliche Integration der Kinder erschwert werde“, der Betreiber habe zudem Auflagen nicht eingehalten und nichts unternommen, „um einem Abgleiten der betreuten Kinder in eine religiös geprägte Parallelgesellschaft vorzubeugen.“ Das OVG sah zudem klare Bezüge des Betreibervereins zu einem islamistischen Umfeld. CDU-Stadtrat Karsten Lange fordert nun Aufklärung – er hatte bereits 2007 vor dem Umfeld gewarnt.

Der Al-Nur-Kindergarten in der Mombacher Straße wurde 2019 geschlossen. - Foto: gik
Der Al-Nur-Kindergarten in der Mombacher Straße wurde 2019 geschlossen. – Foto: gik

Im Februar 2019 hatte das Landesamt für Jugend und Soziales dem muslimischen Kindergarten des Arab-Nil-Rhein-Vereins in Mainz die Betriebserlaubnis entzogen und die Kita damit zum 31. März 2019 geschlossen. Der Arab-Nil-Rhein-Verein vertrete Inhalte der extremistischen Muslimbruderschaft sowie von Salafisten und stehe damit nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes, sagte damals der Präsident des Landesamtes, Detlef Placzek.

Die Al Nur-Kita war die einzige muslimische Kindertagesstätte in Rheinland-Pfalz gewesen, 2009 wurde sie vom Arab-Nil-Rhein-Verein gegründet, der Verein bekam die volle Unterstützung der Stadt Mainz und des Landes Rheinland-Pfalz – obwohl es schon damals gravierende Bedenken gegen die Betreiber gab: Die Kinder würden in einer islamischen Kita von der deutschen Gesellschaft und ihren Werten entfremdet, klagte bereits 2007 der Vorsitzende der CDU-Mainz-Neustadt, Karsten Lange. Schon damals waren Verbindungen des Arab-Nil-Rhein-Vereins zu islamistischen Predigern aufgefallen, schon damals hatte sich der Verein nicht von dem Prediger distanziert.

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Auch in den Jahren danach kam es immer wieder zu Auftritten von salafistischen Predigern und zu Zweifeln an der Integrationswilligkeit der Kita-Betreiber, 2019 begründete das Landesjugendamt dann seine Schließung mit zu großer Nähe zur radikal-islamischen Muslimbruderschaft und zu salafistischen Inhalten. Das war Rechtens, befand nun das Oberlandesgericht Koblenz: Der Betreiber sei Auflagen in der Betriebserlaubnis „nicht oder nur unzureichend nachgekommen“ und habe vor allem „nicht im erforderlichen Umfang die ihm als Träger der Einrichtung obliegenden Maßnahmen ergriffen, um einem Abgleiten der betreuten Kinder in eine religiös geprägte Parallelgesellschaft vorzubeugen.“ Es bestehe „die konkrete Gefahr, dass die gesellschaftliche Integration der Kinder erschwert werde.“

Die Al-Nur-Kita steht in der Mainzer Neustadt, einem Stadtteil mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund. - Foto: gik
Die Al-Nur-Kita steht in der Mainzer Neustadt, einem Stadtteil mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund. – Foto: gik

Der Arab-Nil-Rhein-Verein hatte gegen die Schließung vor dem Verwaltungsgericht Mainz geklagt, die Sache landete schließlich vor dem Oberverwaltungsgericht in Koblenz – und die Begründung der dortigen Richter hat es in sich: Die Erlaubnis zum Betrieb des Al Nur-Kindergartens sei zu Recht widerrufen worden, das Wohl der in der Einrichtung betreuten Kinder sei gefährdet – und der Träger der Einrichtung „nicht bereit oder nicht in der Lage, die Gefährdung abzuwenden“. urteilten die Richter.

Mehr noch: Schon vor Erteilung der Betriebserlaubnis sei „die Gefahr der Isolierung der Kinder und ihres Abgleitens in eine Parallelgesellschaft mit einem bestimmten Islamverständnis gesehen worden“, kritisieren die Richter deutlich, dem hätten Auflagen in der Betriebserlaubnis entgegenwirken sollen, dazu gehörten etwa regelmäßige Kontakte mit anderen Kindergärten und ein wissenschaftlicher Beirat. Doch der Betreiberverein habe „gegen diese Auflagen massiv verstoßen“, befanden die Richter: „Von regelmäßigen Aktivitäten mit anderen Kindergärten konnte keine Rede sein, die Auflage zum wissenschaftlichen Beirat wurden ebenfalls nicht erfüllt.“

Das Gericht sah denn auch eine klare „Gefährdung des Kindeswohls durch Erschwerung der gesellschaftlichen Integration der betreuten Kinder, die sämtlich einen Migrationshintergrund aufwiesen.“ Diese Gefährdung sei noch dadurch verstärkt worden,  dass der Verein engen Umgang mit Personen, Schriften und Institutionen aus dem islamistischen Umfeld geführt habe. So habe der Verein, dessen Räume sich im gleichen Gebäude wie die Moschee des Vereins befanden, „im räumlichen Umfeld des Al Nur-Kindergartens Personen auftreten las­sen, die islamistische Auffassungen vertreten, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht in Einklang stehen.“ Es seien dort Schriften mit islamistischen Inhalten bereitgehal­ten worden, die Räume für die Institution eines bekannten Islamisten zur Verfügung gestellt worden.

Die Mainzer Neustadt ist ein Stadtteil mit einem hohen Anteil von Flüchtlingen. - Foto: gik
Die Mainzer Neustadt ist ein Stadtteil mit einem hohen Anteil von Flüchtlingen. – Foto: gik

„Ob der Antragsteller als Träger des Kindergartens darüber hinaus selbst als islamistisch, salafistisch oder den Muslimbrüdern nahe stehend einzustufen sei, kann dahinstehen“, heißt es in der Mitteilung des Gerichts weiter. Aus den genannten Defiziten ergebe sich „die Prognose, das er nicht willens und in der Lage ist, die Gefährdung der gesellschaftlichen Integration der im Al Nur-Kinder­garten betreuten Kinder abzuwenden.“ Zudem habe es zahlreiche Beratungsgespräche mit dem Verein gegeben, die erteilten Auflagen seien trotzdem nicht erfüllt worden. Der Verein biete zudem „im Lichte seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür“, dass er in Zukunft gewillt sei, Auflagen einzuhalten , urteilte das Gericht.

Karsten Lange, heute CDU-Stadtrat, begrüßte das Urteil ausdrücklich und forderte zugleich: „Jetzt müssen wir die Verantwortung von Stadtverwaltung, Ampelparteien, Stadtelternausschuss und des wissenschaftlichen Beirats aufarbeiten, welche es trotz eindringlichen Warnungen zuließen, dass viele Jahre lang Kinder in dieser Kita nach den Vorstellungen der Kitabetreiber erzogen wurden.“ Dem Betreiber seien städtische Gelder „von Verwaltung und Jugendhilfeausschuss trotz vieler Hinweise auf die Fragwürdigkeit des Betreibers hinterhergeworfen worden“, schimpfte Lange: „Jeder, der daran Kritik äußerte, wurde diffamiert.

Nicht ein Vertreter der Ampelparteien oder des Stadtelternausschusses habe bis heute für die Vorgänge „Verantwortung übernommen, oder sich gar für die damals sehr persönlichen Angriffe gegen Kritiker entschuldigt“, kritisierte Lange. Würden die Vorgänge nicht aufgearbeitet, sei zu befürchten, dass „in Mainz bereits in wenigen Jahren irgendein Betreiber einen Antrag zur Eröffnung einer Kita stellen wird, deren Ziel die Indoktrination von Kindern in einem radikal-religiösen oder radikal-politischen Sinne sein wird“ – und das wieder unter dem Deckmantel der Integration daherkomme. Es müsse deshalb nun darüber gesprochen werden, „wie wir so etwas verhindern können, aus den Fehlern der Vergangenheit müssen Lehren gezogen werden“, fügte Lange hinzu.

Info& auf Mainz&: Der Beschluss des OVG Koblenz stammt vom 4. Januar 2022 und ist unter dem Aktenzeichen 7 A 10652/21.OVG zu finden. Mehr zur Schließung der Al-Nur-Kita im Jahre 2019 könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen.