Die Zahl der Apotheken in Rheinland-Pfalz ist drastisch gesunken, der Apothekerverband Rheinland-Pfalz warnt nun erneut vor einem Apothekensterben – und wirft der Politik völlige Untätigkeit vor. Danach gebe es in Rheinland-Pfalz aktuell nur noch 832 Apotheken, damit stünden im Schnitt nur noch 20 Apotheken für die Versorgung von 100.000 Einwohnern zur Verfügung – das liege weit unter dem EU-Schnitt, klagt der Verband. Und das Sterben treffe nicht nur ländliche Regionen, sondern auch Städte wie Mainz.
Die Apotheker klagen bereits seit Längerem unter stark verschlechterten Bedingungen, gleich mehrfach wurde im vergangenen Jahr zum Apothekerstreik aufgerufen – etwa im Juni 2023 auch in Mainz. Der Grund: hohe Bürokratie bei gleichzeitig steigenden Lieferengpässen bei Medikamenten, dazu stark gesunkene Einnahmen, weil die Apotheken nur Festhonorare erhalten – die aber seien seit zehn Jahren nicht mehr erhöht worden, hieß es 2023.
Inzwischen warnt der Deutsche Apothekerverband, der nach eigenen Angaben rund 95 Prozent der selbstständigen Apotheken vertritt, vor einem regelrechten Apothekensterben: In den vergangenen 15 Jahren sei die Apothekenzahl in Rheinland-Pfalz um rund 24 Prozent gesunken, hatte zu Jahresbeginn 2024 schon die Landesapothekerkammer gewarnt. Rheinland-Pfalz sei damit „negativer Spitzenreiter unter den Flächenländern“, nur im Stadtstaat Bremen sei der Apothekenrückgang mit 25 Prozent stärker ausgefallen.
Zahl der Apotheken in Rheinland-Pfalz auf Tiefststand
„Viele Inhaber geben auf, da sie gegen schwierige Bedingungen wie beispielsweise Inflation, gestiegene Nebenkosten oder die Lieferengpässe ankämpfen müssen“, klagte die Kammer im Januar 2024. Hauptgrund sei aber die Unterfinanzierung der Apotheken, betonte nun Jan-Niklas Francke, Vorsitzender des Apothekerverbandes Rheinland-Pfalz: „Die Apotheken sind angewiesen auf faire Rahmenbedingungen der Bundespolitik. Die Apothekenvergütung ist gesetzlich festgelegt und wurde zuletzt 2013 um 3 Prozent erhöht, seitdem sind die Inflation um knapp 30 Prozent und die Kosten der Apothekenbetriebe um rund 60 Prozent gestiegen.“
2023 hätten deshalb 37 Apotheken in Rheinland-Pfalz ihren Betrieb aufgegeben, dem stehen lediglich drei Neueröffnungen gegenüber. Damit standen Ende 2023 nur noch 852 Apotheken in Rheinland-Pfalz für die Versorgung mit Arzneimitteln zur Verfügung, Ende 2022 waren es noch 889 Apotheken gewesen. Nun ist die Zahl weiter gesunken: Im ersten Halbjahr 2024 hätten weitere 20 Apotheken aufgegeben, keine einzige sei neu geründet worden, teilte der Verband am Montag mit.
Damit sei die Zahl der Apotheken in diesem Bundesland auf den neuen Tiefstand von nun 832 gesunken, das entspreche einem Rückgang um 2,3 Prozent seit dem Jahreswechsel – bundesweit betrug der Rückgang „nur“ minus 1,6 Prozent. Dabei sei sowohl die Zahl der Haupt- und Einzelapotheken ist zurückgegangen (minus 12), als auch die Zahl der Filialen (minus 8). Bundesweit gaben im ersten Halbjahr 2024 insgesamt 283 Apotheken auf, damit sinke die Apothekendichte bundesweit auf nur noch 21 Apotheken pro 100.000 Einwohner – ein Wert, der weit unter dem Durchschnitt der Europäischen Union von 32 liege.
Apothekendichte weit unter EU-Schnitt: Nur noch 20 pro 100.000
In Rheinland-Pfalz beträgt die Apothekendichte sogar nur noch 20 Apotheken pro 100.000 Einwohner. „Von dieser dramatischen Entwicklung sind nicht nur Menschen in ländlichen Regionen betroffen“, warnte Francke zudem: Auch in Mainz ging die Zahl der Apotheken in den vergangenen fünf Jahren deutlich zurück. Wurden 2020 in der Landeshauptstadt noch 62 Apotheken gezählt, so sind es 2024 nur noch 54. Dramatischer sei der Rückgang allerdings in ländlichen Regionen, heißt es beim Verband – vor allem für nicht mobile Menschen sei das eine große Belastung.
Francke forderte die Politik denn auch dringend zum Handeln auf: „Seit Jahren warnen wir vor den Folgen der sinkenden Apothekenzahlen für die Bevölkerung“, schimpfte Francke. Im Februar 2024 habe man von der Bundesregierung gar sofortige Hilfestellungen eingefordert, um das finanzielle Überleben der Apotheken sicherzustellen – doch bisher gebe es „keinerlei messbare Reaktion“.
Es brauche „unbedingt verlässliche Rahmenbedingungen für den Apothekenbetrieb“, den Abbau bürokratischer Hürden sowie mehr Nachwuchs, der später auch bereit sei, eine Apotheke zu leiten und zu übernehmen. „Statt das System endlich zu stabilisieren, wird von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Apothekenreform vorgelegt, die das bewährte System der Arzneimittelversorgung durch inhabergeführte Apotheken qualitativ abwertet und Leistungen für die Bevölkerung kürzt“, klagte Francke weiter.
Der Verband forderte „unmittelbar wirksame Maßnahmen der Bundesregierung zur wirtschaftlichen Stärkung der öffentlichen Apotheken.“ Nur dadurch könne eine sichere Arzneimittelversorgung mit neuen heilberuflichen Leistungen und digitalen Werkzeugen wohnortnah funktionieren.
Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema findet Ihr hier bei der Landesaspothekerkammer Rheinland-Pfalz im Internet und hier bei uns auf Mainz&.