Die Mainzer haben komplett entgegen Bundes- und Landestrend die Grünen erneut zur stärksten Partei gemacht. Bei der Stadtratswahl am Sonntag kamen die Grünen auf 24,8 Prozent der Stimmen, dicht dahinter folgt die CDU mit 23,6 Prozent. Die Mainzer SPD landet mit 19,5 Prozent auf Platz drei. Die FDP kommt auf 5,3 Prozent, viertstärkste Kraft aber ist die Linke mit 6,9 Prozent. Damit hat die Ampel keine Mehrheit mehr.
Bei der Stadtratswahl am Sonntag waren 162.032 Mainzer zur Stimmabgabe aufgerufen, 102.997 gingen tatsächlich zur Wahl – das entspricht einer Wahlbeteiligung von 63,6 Prozent. Bei der gleichzeitig stattfindenden Europawahl waren die Grünen von den Wählern stark abgestraft worden, sowohl im Bund, als auch im Land Rheinland-Pfalz verloren sie rund 8 Prozent Stimmen.
Nicht so in Mainz: Hier wählten die Mainzer die Grünen erneut auf Platz 1, und zwar mit 24,8 Prozent. Das waren allerdings 2,8 Prozent weniger als 2019, als die Grünen ihr Rekordergebnis von 27,6 Prozent einfuhren. Damit hat die Ampel in Mainz keine Mehrheit mehr im neuen Stadtrat, denn die SPD kam nur auf 19,3 Prozent – 2019 waren es noch 20,5 Prozent gewesen. Auch die FDP musste mit 5,3 Prozent leicht Federn lassen, 2019 hatten die Freidemokraten noch 5,9 Prozent erzielt.
Die CDU wird erneut mit 23,6 Prozent zweitstärkste Kraft im Stadtrat, und hielt damit weitgehend ihr Ergebnis von 2019, als sie 23,4 Prozent erzielte. Die Linke wird mit 6,9 Prozent viertstärkste Kraft vor der AfD, die in Mainz nur auf 6 Prozent kommt – das sind allerdings 0,7 Prozent mehr als 2019. Die ÖDP kommt im neuen Stadtrat nur noch auf 3,8 Prozent (2019: 4,2 Prozent), die Freien Wähler verdoppeln sich nahezu auf 3,4 Prozent (2019: 1,9 Prozent). Die Europapartei Volt zieht mit überraschend starken 5,2 Prozent in den Stadtrat ein (2019: 1,2 Prozent), die Satirepartei „Die Partei“ sinkt auf 1,5 Prozent.
Damit ändert sich auch die Sitzverteilung im Mainzer Stadtrat: Die Grünen haben künftig 15 Sitze, die SPD 12 und die FDP 3 – damit kommen die bisherigen Koalitionspartner gemeinsam nur auf 30 Sitze, das reicht nicht für eine Mehrheit im 60 Sitze fassenden Stadtrat. Damit sind neuen Koalitionen Tür und Tor geöffnet, denn die CDU kommt auf 14 Sitze, die Linke aber auf 4 Sitze – damit hätten SPD, Grüne und Linke eine Stimme mehr und damit eine Mehrheit. Eine eigene Stimme hat zudem der Oberbürgermeister selbst.
ÖDP und Freie Wähler kommen auf jeweils zwei Sitze, die AfD hält 4 Sitze, Volt bekommt 3 Sitze und Die Partei 1. Die Auszählung der Wahl dauerte so lange, weil bei etwa einem Drittel der Stimmzettel eifrig kumuliert und panaschiert wurde. Bemerkenswertestes Ergebnis: Innenminister Michael Ebling (SPD) wurde von Platz 30 auf Platz 4 vor-kumuliert – damit zieht der Innenminister in den Stadtrat ein. Das ist allerdings rechtlich stark umstritten, da der Innenminister der oberste Dienstherr der Kommunalaufsicht ist.
„Wir haben das geprüft, und sehen erst einmal keinen Grund, dagegen zu intervenieren“, sagte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) am Montagabend dazu. Er erwarte, dass jeder Gewählte sein Amt annehme, und es auch „mit vollem Einsatz“ ausfülle. Wenn der Innenminister das „mit seinem Terminplan vereinbaren kann, dann wünsche ich gutes Gelingen“, sagte Haase.
Nicht geschafft haben es mit dem Einzug hingegen zwei grüne Ministerinnen: Weder Umweltministerin Katrin Eder noch Integrationsministerin Katharina Binz schafften den Einzug in den Stadtrat – auch weil bei den Grünen ausgesprochen wenig kumuliert und panaschiert wurde. Der neue Stadtrat konstituiert sich am 9. Juli, die Verhandlungen über eine neue Koalition werden sich aber sicher hinziehen.
„Es ist ein sehr, sehr diverser Stadtrat“, sagte Haase noch. Eer sei „überzeugt, Ich bin überzeugt, dass wir deutlich machen können, dass wir in einer Stadt leben, in der es ziemlich gut läuft“, betonte der OB. Künftig werde man sich „eben an der einen oder anderen Stelle mal sachorientiert zusammensetzen müssen“, sagte er weiter, und fügte angesichts der neuen Mehrheiten hinzu: „Das wird interessant.“
Lange Schlangen und Wahlverzögerung: Stimmzettel fehlten
In Mainz war die Beteiligung an der Wahl höher als 2019, und viele Menschen gingen offenbar kurz vor 18.00 Uhr erst zur Wahl. „Man konnte aus dem Stadthaus manchen Sprint zum Briefwahlbüro in letzter Minute beobachten“, berichtete Haase. In Mainz-Gonsenheim und in Drais gingen gar am Nachmittag die Stimmzettel aus, die Wahl musste hier sogar eine Weile pausiert werden, bis neue Stimmzettel nachgeliefert waren.
Wegen der aufwändigen Kommunalwahl mit Kumulieren und Panaschieren bildeten sich zudem vor manchen Wahllokalen so lange Schlangen, dass der Wahlvorgang sogar verlängert werden musste. „In manchen Wahllokalen wurde länger gewählt, weil die Schlangen so lang waren“, bestätigte Peterhanwahr: „Wir haben gesagt, jeder kommt zu seinem Recht.“ Wahlleiter hätten genau beobachtet, wer um 18.00 Uhr bereits angestanden hätte, diese hätten noch ihre Stimme abgeben dürfen.
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