Das nächtliche Tempo 30 auf der Rheinstraße wird wohl zu einem Dauerzustand: Sie werde im Lärmaktionsplan im November die dauerhafte Anordnung von Tempo 30 bei Nacht auf dem Rheinstraßen-Stück vorschlagen, kündigte Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) am Mittwoch an. Der Pilotversuch habe eine Senkung von 3,2 Dezibel Lärm gebracht, „das entspricht einer Halbierung der Verkehrsmenge“, betonte Eder. Angesichts dieser „enormen Werte“ könne das Tempolimit sogar per Straßenverkehrsordnung angeordnet werden.
Zum 1. Juli 2014 hatte Mainz mit Unterstützung des Landes das Pilotprojekt Tempo 30 bei Nach auf 650 Metern zwischen Dagobertstraße und Rathaus auf der Rheinstraße gestartet. Nun stellte Eder zusammen mit dem rheinland-pfälzioschen Umweltstaatssekretär Thomas Griese (Grüne) die Ergebnisse vor.
Durchschnittsgeschwindigkeit sank um 13 kmh – logisch
Ergebnis: die Durchschnittsgeschwindigkeit sank um 13 Stundenkilometer, allerdings konnte dies nur durch eine „quasi-stationäre Überwachung“ erreicht werden konnte. Bei der Einführung sank die Durchschnittsgeschwindigkeit ohne Blitzkontrollen nur um 7 Stundenkilometer. Die durchschnittliche Geschwindigkeit sank von 48 kmh auf 35 kmh.
Entsprechend lag der durschschnittliche Dezibel-Pegel zu Beginn des Projektes nur um ein mageres Dezibelchen. Mit der Minderung um 13 kmh im Schnitt konnte dann eine Sekung um 3,3 Dezibel erreicht werden, heißt es im vorläufigen Bericht, der Mainz& natürlich vorliegt. Die Einzelschallereignisse seien aber um gut 40 Prozent gesunken, hie es weiter.
1564 Verwarnungen, 141 Anzeigen, 16 Fahrverbote
Allerdings hielten sich bis zum Schluss 12,7 Prozent der Autofahrer nicht an das Verkehrslimit. „Wir wollten uns nicht dem Vorwurf aussetzen, direkt mit der Überwachung zur Felde zu ziehen“, erklärte Eder. So wurden die ersten zwei bis drei Monate gar nicht kontrolliert, dann Displays aufgestellt, die auf die Überschreitung hinwiesen. Von Januar 2015 ab wurde dann kontinuierlich überwacht.
Zwischen dem 20. Januar und dem 28. August wurden 1564 Verwarnungen ausgesprochen, also reine „Knöllchen“, aber auch 141 Anzeigen mit einem Punkt und mehr. In 16 Fällen wurden sogar Fahrverbote, weil die Fahrer deutlich über den 30 kmh lagen.
Dezibel sanken von 64,9 auf 61,7
Mit den Kontrollen sank dann auch die gemessene Geschwindigkeit: lag die Überschreitungsquote zunächst bei 21,9 Prozent und ging dann in einer harten und kompletten Überwachungswoche auf 9,9 Prozent zurück. „Die Donnerstagnacht ist immer ein Ausreißer“, berichtete Eder von einem Kuriosum – dann werde auf der Rheinachse immer zu schnell gefahren.
Der Durchschnittsschallpegel sank demnach von 64,9 Dezibel auf 61,7 Dezibel. Griese nannte das trotzdem einen „durchschlagenden Erfolg“: Die Lärmminderungswerte seien „durchschlagend“ und „sehr zufriedenstellend“. Die Geschwindigkeitsreduzierung habe nicht zu einer Beeinträchtigung des Verkehrsflusses und nicht zu Abkürzungsverkehr durch Wohngebiete geführt. Kennt man die Lage von Rheinstraße und Umgebung, verwundert das indes nicht…
Die Ergebnisse seien aus Sicht des Landes „ein Anreiz für andere Kommunen“, sich ebenfalls über Tempo 30 Gedanken zu machen, sagte Griese. Das Land wolle den Kommunen aber „kein Zwangssystem vorgeben“.
Eder: Tempo 30 bei Nacht dauerhaft in Rheinstraße
Eder machte klar, dass sie Tempo 30 bei Nacht nun dauerhaft für die Rheinstraße behalten will. „Wir erhoffen uns einen kontinuierlichen Lärmschutz“, betonte die Dezernentin. Die Stadt werde deshalb im Lärmaktionsplan im November „die dauerhafte Anordnung von Tempo 30 nachts auf der Rheinstraße vorschlagen.“ Tempo 30 bei Nacht sei „immer eine geeignete Maßnahme“, weitere Straßen seien in der Überlegung.
Am 8. September will Eder die ausführlichen Ergebnisse in der gemeinsamen Sitzung von Verkehrs- und Umweltausschuss vorstellen – bei der Pressekonferenz am Mittwoch blieb das Zahlenmaterial nämlich reichlich dünn: Kurven waren nicht vollständig beschriftet und blieben unverständlich.
Eder: „Dass wir Ausschuss befragen ist Goodwill“
„Dass wir den Ausschuss befragen ist Goodwill“, sagte Eder zudem. Sie habe versprochen, die Ausschüsse zu fragen, deshalb tue sie das nun auch, schob die Dezernentin eilig hinterher. Tatsächlich aber gebe die Straßenverkehrsordnung eine Anordnung von Tempo 30 bei diesen Zahlen her.
„Die Lärmkarten sind eindeutig, das kann keiner von der Hand weisen“, betonte Eder. Die erreichten Werte seien gesundheitsschädlich, die Stadt schlage nun „eine Maßnahme vor, die wirksam ist und die günstig ist.“ Gerne werde sie auch die Rheinachse mit Flüsterasphalt auskleiden, betonte Eder, „aber dann brauche ich dafür das Geld.“
Lärmaktionsplan in Gänze gekippt, wenn Tempo 30 abgelehnt wird
Zudem sagte Eder, der Lärmaktionsplan könne nur „in Gänze abgelehnt werden.“ Im Klartext: entscheiden sich die Stadtratsmitglieder gegen Tempo 30, kippen sie damit automatisch den gesamten Lärmaktionsplan. Das erscheint uns bei Mainz& eine sehr hohe Hürde – ist damit Tempo 30 faktisch schon beschlossen?
Die Ergebnisse der Anwohnerbefragung, müssen die Studienmacher selbst einräumen seien übrigens „wenig aussagekräftig“, die seien aber zu einem Zeitpunkt durchgeführt worden, als die Reduzierung noch wenig zu spüren gewesen sei, heißt es weiter. Ein Großteil der Befragten gab nämlich an, die Autos seien nicht merklich langsamer und leiser geworden.