Sein Amt wurde nach der Kommunalwahl 2019 neu geschaffen, seine Berufung war höchst umstritten: Volker Hans (FDP) war in der vergangene Legislaturperiode des Mainzer Stadtrats der Beteiligungsdezernent der Stadt Mainz, ehrenamtlich tätig – und verliert mit der Stadtratswahl am Sonntag seinen Job. Was hat der FDP-Politiker eigentlich in seinen Amtsjahren erreicht? Wie viele Fördergelder konnte er einwerben, und hat sich das Ganze überhaupt gelohnt? Die Opposition sprach bei seiner Wahl von einer „Lex FDP“, und „unwürdigem Postengeschacher“ – Mainz& hat mit Hans gesprochen und mit ihm Bilanz gezogen. Sein selbstbewusstes Fazit: „Ich habe 211 mal meine Kosten wieder eingespielt.“

Volker Hans im Kommunalwahlkampf 2019. - Foto: FDP Mainz
Volker Hans im Kommunalwahlkampf 2019. – Foto: FDP Mainz

Nach der Stadtratswahl am 27. Mai 2019 hatten Grüne, SPD und FDP erst nach fast einem Jahr im Februar 2020 ihren Koalitionsvertrag zur Fortsetzung der Ampel-Koalition vorgelegt, doch die „Ampel“ hatte ein Problem: Der bisherige Vertreter der FDP im Stadtvorstand, Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte, schmiss im Dezember 2018 völlig überraschend drei Tage vor seiner Wiederwahl seinen Job hin – ins Amt wurde daraufhin die CDU-Kandidatin und Unternehmerin Manuela Matz gewählt.

Nun forderte die FDP 2019, als Koalitionspartner müsse sie auch einen Platz im Stadtvorstand haben – und griff zunächst nach dem Wirtschaftsdezernat. Die Folge war ein empörter Sturmlauf von Wirtschaft und Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen der FDP, ein FDP-Parteitag am 14. Februar 2020 kippte das Vorhaben nach dramatischen Debatten.

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Seit Januar 2021 Dezernent für Fördermittelmanagement

In der Folge suchte die FDP nach einer neuen Lösung, im Mai 2020 wurde kurz der Mainzer Unternehmen Andreas Valentin als ehrenamtlicher Dezernent für Kommunale Zusammenarbeit gehandelt – im Herbst zog Valentin nach erheblicher Blockade durch die anderen Koalitionspartner SPD und Grüne zurück. Anfang November dann Anlauf Nummer drei: Der Finanzfachmann Volker Hans wurde am 18. Dezember 2020 zum ehrenamtlichen Dezernenten für „Kommunales Fördermittelmanagement“ gewählt.

Ernennung von Volker Hans zum Dezernenten im Dezember 2022, noch mit Masken wegen der Corona-Pandemie. - Screenshot: gik
Ernennung von Volker Hans zum Dezernenten im Dezember 2022, noch mit Masken wegen der Corona-Pandemie. – Screenshot: gik

Hans‘ Aufgabe: Sich um die Beschaffung von Fördermitteln für die Stadt Mainz kümmern. Das Vorhaben wurde von großer Skepsis begleitet, Mainz& wollte deshalb zum Ende der Amtszeit von Hans wissen: Was ist aus seiner Jobbeschreibung geworden – und hat sich das Ganze nun für die Stadt Mainz gelohnt, oder nicht? Mit dem heute 69 Jahre alten Versicherungskaufmann und Volkswirtschaftler sprach Mainz&-Chefredakteurin Gisela Kirschstein.

Frage: Hallo Herr Hans, was haben Sie die letzten fünf Jahre eigentlich gemacht?

Hans: Es waren ja nur dreieinhalb Jahre.

Frage: Wie das?

Hans: Weil wir nach der Kommunalwahl 2019 eine längere Interimszeit hatten, in der sich die Grünen erst einmal finden mussten, und wegen dem damaligen OB-Wahlkampf gesagt haben: Wir können jetzt gar nicht verhandeln, das muss jetzt alles pausiert sein. Erst nach der OB-Wahl 2019 konnten wir deshalb in Koalitionsverhandlungen gehen, und da stand am Anfang gar nicht fest, dass die „Ampel“ weiter macht – die Linke war ja damals auch im Gespräch.

FDP hätte 2019 gerne Stadtentwicklung bearbeitet

Frage: Oh richtig, es hätte ja beinahe eine Koalition mit der Linken gegeben…

Hans: Ja, die eine Hälfte der Grünen war der Meinung: streiche FDP, setze die Linke – das war damals eine offene Frage, das darf man nicht vergessen. Aber dann hat sich die SPD sehr eindeutig gegen eine Beteiligung der Linken ausgesprochen, aber wegen all dem kam es erst im Oktober-November zu den Koalitionsverhandlungen. Man war sich aber von Anfang an klar: Wenn wir gemeinsam eine Regierung bilden, dann müssen wir auch gemeinsam im Stadtvorstand sein. Und dann hat man nach einer Lösung gesucht: Wirtschaftsdezernat, regionale Beziehungen – bei andere Themen, die wir angesprochen hatten, hieß es von vornerein: Nein, das Thema kriegt ihr nicht.

Frage: Welches Thema war das?

Blick aus dem Büro von Volker Hans im Stadthaus über die Dächer des Bleichenviertels. - Foto: gik
Blick aus dem Büro von Volker Hans im Stadthaus über die Dächer des Bleichenviertels. – Foto: gik

Hans: Vor allem die Stadtentwicklung, das wurde uns glatt abgelehnt. Schließlich kamen der OB und der Finanzdezernent und haben gesagt: Ja, wir hätten gerne mehr Fördermittel, habt Ihr keinen, der das machen kann? Und dann haben sich bei uns alle umgedreht und gesagt, Volker, Du bist doch Rentner, Du hast doch Zeit! Ja, so kam das.

Frage: Das heißt, es gab tatsächlich schon ein Bewusstsein in Mainz, in der Stadtspitze: Wir haben da ein Defizit, und wir schöpfen eigentlich die Fördermittel nicht gut genug aus?

Hans: Ja, genau das war’s, genau das war der Ursprung. Wobei dann die öffentliche Debatte aufkam, einen Dezernenten brauche man nicht, zwei Referenten seien viel billiger und effektiver – bis der damalige Finanzexperte von der SPD fragte: Habt Ihr mal nachgerechnet, ist Euch klar, dass ein ehrenamtlicher Dezernent nur halb so viel kostet? Die CDU meinte aber weiter, „das ist der Betteldezernent“ – ja: Es war meine Aufgabe zu Betteln.

Frage: Da hätten wir dann ja schon die Überschrift! Wo haben Sie denn gebettelt?

Hans: Bei jedem, der mir irgendwie in die Füße gekommen ist, und der was angeboten hat. Die Aufgabenstellung, die uns damals der Stadtrat gegeben hat, hieß ja: Du machst für alle die zentrale Recherche und gibst das Angebot an die Dezernate – und die entscheiden dann fachlich, ob sie das machen wollen oder nicht. Am 18. November 2020 war dann die Wahl, und am 2. Januar 2021 ging’s dann hier im Stadthaus in meinem Büro los.

Erstes Projekt: Fördermittel für Wasserstoff-Studie

Frage: Das waren ja fast zwei Jahre nach der Kommunalwahl…

Hans: Das war so, und zuerst mussten zudem die Strukturen für die Zusammenarbeit geschaffen werden, wie ich da reinpasste. Aber am 28. April kam vom Bund die Ansage: Zehn Kommunen in Deutschland können 400.000 Euro kriegen für das Thema Wasserstoff, wer Lust hat, kann sich melden.

Frage: Und lassen Sie mich raten: Mainz ist eine davon geworden?

Volker Hans beim Interview mit der Internetzeitung Mainz& in seinem Büro. - Foto: gik
Volker Hans beim Interview mit der Internetzeitung Mainz& in seinem Büro. – Foto: gik

Hans: So ist das. Weil ich das Thema Wasserstoff schon etwas länger auf der Pfanne habe, bin ich also zu Katrin Eder, der damaligen Umweltdezernentin (Grüne) gegangen und habe gesagt: guck mal. Zu dem Zeitpunkt war Mainz mit 1,4 Milliarden überschuldet, das heißt die Ansage meiner Kollegen war: Bitte, wenn du was findest, dann mindestens mit 90 Prozent Förderung, weil einen Eigenanteil können wir uns eigentlich nicht leisten, und selbst wenn wir das können, bis wir das bei der ADD genehmigt bekommen haben, dann ist die Bewerbungsfrist wahrscheinlich schon vorbei. So waren damals nun leider mal die Zeitabläufe.

Also habe ich zu Katrin Eder gesagt: Bewerben wir uns? Abgabetermin ist der 18. Juni. Sechs Wochen, reicht doch, oder? Im Umweltamt gab es aber leider keinen, der mir bei der Bewerbung helfen konnte. Ich wusste aber, wen ich fragen konnte: einen Experten bei den Stadtwerken und drei Professoren, die sich hier in der Gegend mit dem Thema beschäftigen. Antwort: dann frag halt. Und schließlich: Ja, dann mach halt.

Am 12. Mai hatten wir einen runden Tisch mit zwei Ministerien, zwei Hochschulen, IHK, Handwerkskammer und zwei Beratungsfirmen, 12 bis 15 Teilnehmer, die alle gesagt gesagt haben: Wenn Ihr Euch bewerbt, dann unterstützen wir das mit einem „Letter of Intent.“ Das ist bei so einer Bewerbung immer das Entscheidende: Ohne solche „Letter of Intent“ hat eine Bewerbung kein Gewicht. Insofern waren die Voraussetzungen geschaffen, dass wir uns tatsächlich bewerben konnten.

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Mainzer Industrie verursacht ein Drittel des CO2-Ausstoßes

Frage: Was ist denn die Idee bei diesem Wasserstoffprojekt genau gewesen?

Hans: Die Idee war, dass man prüft: Wo habt ihr in der Stadt oder im Umland tatsächlich Bedarf für das Thema? Habt Ihr überhaupt irgendeinen Bedarf? Gibt es hier Industrie, die grünen Wasserstoff braucht? Und wenn, wer kann es denn produzieren? Gut, jetzt haben wir in Hechtsheim unseren Energiepark, wo wir schon jetzt 44 Busse ein Jahr lang mit dem, was dort produziert wird, mit Wasserstoff betanken können. Aber im Zuge der Begutachtung, die wir dann gewonnen haben, haben wir ja festgestellt, dass wir deutlich höhere Bedarfe haben.

Frage: Wo sind die Bedarfe denn?

Mitarbeiter an einer Glasschmelzanlage beim Mainzer Spezialglashersteller Schott. - Foto: Schott
Mitarbeiter an einer Glasschmelzanlage beim Mainzer Spezialglashersteller Schott. – Foto: Schott

Hans: Um es mal einzuordnen: Mainz verursacht im Jahr rund 4 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß, davon kommt eine Million Tonnen von der Firma Schott AG, nachzulesen im Geschäftsbericht 2019 – hauptsächlich durch die Glasschmelze. Daneben gibt es aber auch noch Firmen wie die Essity in Mainz Kostheim, die schreiben: Wir sind verantwortlich für 144.000 Tonnen pro Jahr. Dann haben wir ja noch andere Firmen wie Werner und Merz, wir haben die WEPA und andere.

Also kann man davon ausgehen dass in Mainz ein Drittel unserer CO2-Belastung aus der Industrie kommt. Und die einzige technische Lösung, die weltweit bekannt ist, um das zu lösen, um tatsächlich CO2-neutral zu werden, ist: Ersetze Erdgas in der Produktion durch grünen Wasserstoff. Wir haben also im Zuge unserer Begutachtung herausgefunden, dass wir tatsächlich große Verbraucher haben, die unbedingt grünen Wasserstoff brauchen, und zwar so schnell wie möglich. Übrigens, sowohl Schott, als auch die Essity sind technisch bereits heute in der Lage, mit 100 Prozent grünem Wasserstoff zu arbeiten.

Frage: Jetzt sind wir ja bei der spannenden Erkenntnis, dass Sie eigentlich Umweltschutz machen?

Hans: Genauso ist das. Die 10 Millionen Euro an Fördermitteln, die wir in dieser dreieinhalb jährigen Zeit reinbekommen haben, betreffen zu 99 Prozent Umweltthemen. Das liegt nicht nur daran, dass wir da vielleicht speziell gesucht haben, sondern auch daran, dass die EU in der gerade abgelaufenen Förderperiode auf das Thema Nachhaltigkeit gesetzt hat – und Bund und Land haben sich da draufgesetzt.

Grüner Wasserstoff: Bedarfe ermittelt, Pipeline-Anschluss geplant

Frage: Und was kam jetzt bei der Wasserstoff-Studie heraus?

Hans: Wir wissen jetzt, welche Bedarf wir haben, und wissen auch: Wenn wir rauskommen wollen aus der Nummer mit dem CO2-Ausstoß, dann müssen wir Erdgas durch Wasserstoff ersetzen – und das ist in dieser Größenordnung nur möglich mit einer Pipeline.

Frage: Und wo kommt die her?

Speicher für Wasserstoff und Gas im Wirtschaftspark in Mainz-Hechtsheim. - Foto: gik
Speicher für Wasserstoff und Gas im Wirtschaftspark in Mainz-Hechtsheim. – Foto: gik

Hans: Am 21. Mai hat die EU die Fördermittel freigegeben, um Wasserstoffpipelines zu bauen. Das nennt sich „European Backbone“, in Deutschland spricht man vom deutschen Kernnetz. Das kommt oben von Ludmin an der Ostsee, geht von dort an der Oder-Neiße-Grenze herunter zur tschechischen Grenze, und dann durch Nordhessen und hinter Wiesbaden vorbei bis hinunter nach Lampertheim. Dort ist der Knoten, der nach Baden-Württemberg ‚rüber geht, und nach Ludwigshafen zur BASF, und von dort wieder zu uns.

Frage: Ach so? Wir können hier nicht Wiesbaden anzapfen?

Hans: Doch! Das ist unser Ding! Meine Aufgabe ist es jetzt seit einem Jahr, mit Wiesbaden zu reden, beziehungsweise die Mainzer Netze zu motivieren: Leute, bitte redet mit Wiesbaden, wir brauchen das Anschlussnetz, sobald 2032 auf dieser Leitung der grüne Wasserstoff fliest, damit wir sofort unsere Firmen dort auch angeschlossen kriegen.

Frage: das heißt, diese Pipeline, das ist keine spinnerte Idee…

Hanns: Nein, die kommt, das läuft gerade. Wenn wir CO2 neutral werden wollen als Stadt Mainz, und ein Drittel unserer Emissionen an dem Thema Industrie hängt – dann sind wir an dem Hebel 2032 fertig, dann haben wir ein Drittel weniger! Wichtig ist natürlich, den Anschluss rechtzeitig fertig haben, wir brauchen ja auch 4 bis 5 Jahre für die Planung. 2032 soll der grüne Wasserstoff fließen das ist die Ansage.

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Frage: Wo und wie wird er denn dann produziert?

Hans: Weltweit – es gibt Produktionsstandorte in Australien, in Mauretanien, in Namibia, in Patagonien, in Schottland, vor der norwegischen und vor der holländischen Küste. Die Dogger Bank in Schottland ist im Augenblick das „Power Pack“ des Wasserstoffs, Aqua Ventus ist die Leitung, die von da oben in Wilhelmshaven oder in Delft auf der niederländischen Seite ankommt. Zwischen Oldenburg und der Küste ist einer der großen Gasspeicher, das sind in Wirklichkeit große Kavernen, und der hinter Oldenburg wird im Augenblick geprüft, ob er geeignet ist, dass man ihn mit Wasserstoff füllen kann anstatt mit Erdgas.

Ein Elektrolyseur im Energiepark Mainz-Hechtsheim. - Foto: gik
Ein Elektrolyseur im Energiepark Mainz-Hechtsheim. – Foto: gik

Wir brauchen den Wasserstoff auch als Netzstabilisator, als grundlastfähige Energieeinspeisung, weil wir ja Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke abstellen, die dauerhaft mit dem gleichen Level einspeisen. Ich war neulich auf einem Wasserstoffkongress, da haben sie erzählt, selbst in diesem Winter hatten wir negative Strompreise, weil zu bestimmten Zeiten Windstrom in einer Größenordnung da war, deutlich mehr, als das Netz aufnehmen kann, deutlich mehr, als wir abgeben können. Wir brauchen als Puffer für Schwankungen den Wasserstoff, da macht die Debatte über Effizienz wenig Sinn – es ist in jedem Fall ein Gewinn.

Frage: Außerdem kann die Effizienz ja auch steigen, oder nicht?

Hans: Ja, das merken wir ja jetzt erst, wo wir auf einmal sagen, wir wollen in das Thema einsteigen. Jetzt plötzlich kommen die Forscher, und sagen da hab ich jetzt diesen Skalierungssprung, das ist das Übliche, was passiert, wenn man endlich mal mit Masse in ein Thema rein geht. Wir werden da andere Preise erleben. Wir werden da andere Technik erleben, neue Materialien, wie bei den Batterien ja auch. Da passiert derzeit sehr viel.

9,5 Millionen aus KIPKI-Programm des Landes für Umweltthemen

Und da sind wir schon beim nächsten Thema, denn wir haben ja 9,5 Millionen Euro im Rahmen des KIPKI-Programms bekommen, und da ist eines unserer großen Themen: Batteriespeicher. Wir werden also tatsächlich hier in Mainz einen ein richtigen Pufferspeicher beim Wirtschaftsbetrieb bekommen, der dazu beiträgt, dass wir Netzstabilität gewährleisten können. Das ist eines der KIPKI-Elemente, neben einer großen Photovoltaik-Anlage, damit man in den eigenen Speicher einspeisen kann.

Frage: Aber für KIPKI können Sie doch gar nichts, oder?

Photovoltaikanlage auf der Anne Frank-Schule in Mainz: Viel zu wenig Sonnenkollektoren auf den städtischen Dächern. - Foto: gik
Photovoltaikanlage auf der Anne Frank-Schule in Mainz: Viel zu wenig Sonnenkollektoren auf den städtischen Dächern. – Foto: gik

Hans: Genausowenig, wie ich etwas dafür kann, dass der Bund 400.000 Euro zur Verfügung stellt für eine Wasserstoffstudie. Sie müssen jemanden haben, der es machen kann, der den Antrag stellt. Wenn Sie kein Personal dafür haben, dann haben Sie ein Problem. Und in dem Fall KIPKI war es ein Gottesgeschenk, dass es uns schon gab, und die Umweltverwaltung sagen konnte: das Land hat gerade gesagt wir könnten da was kriegen, kannst du das machen?

Das war eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Umweltdezernat und uns: Die Ideensammlung hat das Dezernat gemacht, die haben stadtweit Ideen gesammelt, und wir haben dem Stadtrat dadurch eine priorisiert Liste mit Projekten vorlegen können. So konnten wir fristgerecht den Antrag einreichen, und waren sogar noch eine der ersten – und bekamen die klare Rückmeldung: Euer Antrag war der beste.

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Und da sind wunderbare Projekte dabei: Wir werden eine ganze Reihe von Schulen von Normalbeleuchtung auf LED umstellen, ebenso Turnhallen und Sportplatz-Beleuchtungen. Wir werden Sensorik für Jungbäume haben, die gerade angepflanzt werden, bei denen gemessen wird: Wer braucht Wasser? Und daneben haben wir zur Bestandssicherung eine andere Sensorik für alte Bäume im Stadtgebiet, die uns sagt, da oder da muss bewässert werden.

Mittel für Bibliotheken oder Spielplätze

Frage: Das waren jetzt zwei Projekte, haben Sie sonst nichts gefunden?

Hans: Doch, aber die anderen Projekte waren deutlich kleiner, da haben wir mal 20.000 Euro reingeholt, mal 1.500 Euro, mal für eine Bibliothek oder altersgerechte Geräte auf einem Spielplatz aufstellen können – das waren oft Kleckerbeträge.

Frage: Spielgeräte – das haben sie auch gemacht?

Spielplatz auf dem Ernst-Ludwig-Platz in Mainz. - Foto: gik
Spielplatz auf dem Ernst-Ludwig-Platz in Mainz. – Foto: gik

Hans: Ja, wobei wir uns da an der einen oder anderen Stelle auch einmal eine blutige Nase geholt haben. Mann hat dann eine Förderung bekommen, bist fertig und sagst: So, Ihr könnt jetzt aufstellen – und dann kommt die Antwort: Wie, aufstellen? Dafür sind wir doch gar nicht zuständig. Und der andere sagt: Nein, dafür haben wir kein Personal, das hätte ich Dir gleich sagen können, Du hättest gar nicht suchen müssen.

Frage: Also das Aufstellen eines Spielgerätes ist schwieriger, als das Einwerben des Geldes dafür…

Hans: Das ist am Anfang erst einmal daran gescheitert, später lief das dann. Wir haben der in der Stadt rund 1.200 unbesetzte Stellen, das darf man nicht vergessen. Wir stoßen an manchen Stellen tatsächlich an die Kapazitätsgrenze. Und manchmal war auch einfach der Aufwand an Dokumentation größer als der Nutzen. Wir haben viele Angebote geben können, aber am Ende lag die fachliche Entscheidung in dem jeweiligen Dezernat, das sagte: mache ich oder mache ich nicht, brauche ich das oder nicht, kann ich es umsetzen und passt es sowieso zu etwas, das ich machen will.

Rund 200 Manager für Fördermittelmanagement bundesweit

Frage: Sie haben ja am Anfang auch gesagt: Es gibt unheimlich viele Fördertöpfe, die die Stadt Mainz gar nicht auf dem Schirm hat und die suche ich jetzt mal. Was ist denn daraus geworden, haben Sie die denn gefunden?

Viele Kommunen sind mit dem Einwerben von Fördermitteln schlicht überfordert - meist fehlt das Personal. - Foto: gik
Viele Kommunen sind mit dem Einwerben von Fördermitteln schlicht überfordert – meist fehlt das Personal. – Foto: gik

Hans: Ja, wir haben vieles gefunden. Wir haben am Anfang erst einmal eine Bestandsaufnahme gemacht, was läuft denn überhaupt schon, wer macht denn schon was. Und zu dem Zeitpunkt, als ich anfing, fand gerade ein Kongress von Experten zum Thema Fördermittel-Management statt, das war tatsächlich ein wunderbarer Türöffner. Damals gab es eine Kleingruppe von etwa 40 Fördermittel-Managern bundesweit, die sich mit dem Thema beschäftigten, wir hatten da praktisch unseren eigenen Chatroom. Mittlerweile ist das Thema explodiert, es gibt bundesweit fast 200 solcher Manager – weil viele Kommunen gemerkt haben: Mist, es gibt viele Fördermittel, aber wir haben keine.

Wir haben auch gemeinsam mit einigen Kollegen ein Papier erarbeitet, dass wir dem Deutschen Städtetag im Bund gegeben haben, wie sollte die Fördermittellandschaft verändert werden, wie sollte die Fördermittelvergabe für Kommunen verbessert werden, damit wir auch eine reale oder faire Chance haben, dass wir auch tatsächlich Fördermittel bekommen können. Das wurde dann über den deutschen Städtetag an den Bund weiter gereicht, damit der sich dem Thema entsprechend annimmt.

Frage: Und, tut er das dann jetzt auch?

Hans: Wir haben noch keine Rückmeldung. Wir müssen da jetzt natürlich regelmäßig nachhaken und fragen, wo stehen wir denn, was kommt denn an Verbesserungen?

Volker Hans: Würde gerne weitermachen

Frage: Das klingt jetzt nicht so, als wären sie mit ihrer Arbeit schon fertig, sondern als wären sie eigentlich noch mittendrin?

Hans: Ja, das ist so.

Frage: Das heißt, Sie würden gerne weitermachen?

Hans: Ja. Aber als ehrenamtlicher Beigeordneter ist man ja an die Amtszeit des wählenden Gremiums gebunden, also des Stadtrats – und der endet jetzt, und insofern auch meine Amtszeit. Ich bin noch bis Ende Juni im Amt, danach muss der neue Stadtrat, der sich Anfang Juli konstituiert, sagen, was er will.

Wahlplakate der Mainzer FDP im Kommunalwahlkampf 2024. - Foto: gik
Wahlplakate der Mainzer FDP im Kommunalwahlkampf 2024. – Foto: gik

Frage: Nun werden die Parteien in Mainz es nicht bis Anfang Anfang Juli hinbekommen haben, eine neue Koalition zu schmieden.

Hans: Nein, davon ist nicht auszugehen, das halte ich auch für völlig ausgeschlossen.

Frage: Sehen Sie denn eine Chance, oder haben Sie schon irgendwelche Zeichen, dass es weitergehen könnte? Können wir uns das denn leisten, Sie weiter zu beschäftigen?

Hans: Wenn ich jetzt 211 Mal das reingeholt habe, was meine Amtszeit gekostet hat…

Frage: … dann wäre der Stadtrat ziemlich dämlich, wenn wir jetzt den gut eingearbeiteten Dezernenten vor die Tür setzen würden, wollen Sie sagen?

Hans: Richtig. Ich sag’s mal so: Wenn die FDP in einer Koalition mit dabei wäre, dann hätte sie ja erneut das Problem, dass sie im Stadtvorstand nicht vertreten ist. Man müsste also erneut eine Lösung finden – ich kann mir nicht vorstellen, dass die FDP dann eine andere Lösung anstrebt, als genau diese.

Herr Hans, wir danken für das Gespräch!

Info& auf Mainz&: Mehr zur Wahl von Volker Hans und der Kommunalwahl 2019 lest Ihr hier bei Mainz&.