Ein heftiges Gewitter hat Freitagabend zu massiven Störungen am Frankfurter Flughafen geführt, rund 100 Maschinen konnten zunächst wegen Blitzschlag und hohen Regenmengen nicht starten. Das hessische Verkehrsministerium erteilte in der Folge 76 Ausnahmegehmigungen für Starts nach 23.00 Uhr – deshalb war es am Himmel über Mainz Freitagnacht so laut. Trotzdem kritisiert die Fraport die Regelungen scharf – und fordert nun Lockerungen bei Ausnahmeregelungen in der Nacht bei Unwettern.
Der Grund: 25 Maschinen mussten vom Rollfeld wieder zurück zu den Terminals, weil sie es nicht mehr schafften, vor 24.00 Uhr zu starten. Insgesamt konnten 41 Flugzeuge nicht mehr starten, betroffen waren davon nach Angaben der Fraport rund 7.000 Passagiere. „Viele Hundert“ davon hätten die Nacht auf Sitzbänken oder Feldbetten in den Terminals verbringen müssen, darunter auch Familien mit kleinen Kindern. Die Passagiere seien „unter teils heftiger Kritik und großem Widerstand“ aus den Maschinen wieder ausgestiegen, gerade internationale Passagiere hätten „mit Kopfschütteln und teils harter Kritik auf diese im internationalen Vergleich schlechte Behandlung“ reagiert.
Grund für das alles war eine riesige Gewitterzelle, die sich Freitagabend für Stunden über dem Frankfurter Flughafen niederließ. „Wegen ungewöhnlich langanhaltender Gewittertätigkeit musste am Freitagabend mehrmals die Abfertigung aus Sicherheitsgründen teilweise über eine Stunde eingestellt werden“, teilte die Fraport mit. Die Gefahr durch Blitzeinschläge für die Beschäftigten auf dem Vorfeld sei zu groß gewesen.
Nach Angaben des hessischen Verkehrsministeriums wurden zunächst die Sicherheitsabstände zwischen den Flugzeugen erhöht, die Anflüge dann aber zwischen 19.45 Uhr und 20.15 vollständig eingestellt. Die Bodenabfertigung habe wegen der Gewitter sogar zweimal eingestellt werden müssen: von 20.30 Uhr bis 21.32 Uhr und von 22.27 Uhr bis 22.32 Uhr. Zwei Vorfeldmitarbeiter seien sogar durch Blitzeinschläge verletzt worden. Dazu konnte die Startbahn West zwischen 18.22 Uhr und 23.02 aufgrund von starkem Rückenwind nicht genutzt werden – die Gewitterzelle im Süden des Flughafens bewegte sich einfach nicht von der Stelle. Die Folge waren massive Verzögerungen und Ausfälle im Flugverkehr, bis zu 150 Flüge waren, teils auch am Samstag, betroffen.
41 Flugzeuge konnten damit Freitagnacht in Frankfurt gar nicht mehr starten, darunter auch zahlreiche Landstreckenflüge. Laut Planfeststellungsbeschluss dürfen Maschinen nach Mitternacht nicht mehr starten und landen, und das kritisiert die Fraport nun scharf: „Obwohl die Passagiere in den Flugzeugen schon bis zu einer Stunde auf dem Vorfeld auf den Start warten mussten, gab es keine erweiterte Genehmigung für einen Start nach 24.00 Uhr“, sagte Anke Giesen, Vorstand Operations der Fraport AG, und das obwohl die Maschinen bereits startbereit an den Bahnen gestanden hätten.
Die Passagiere hätten mit Unverständnis und harscher Kritik darauf reagiert, die Maschinen wieder verlassen und die Nacht in Frankfurt verbringen zu müssen: „Gerade in der Sommerferien-Zeit waren viele Familien mit kleinen Kindern betroffen, die unter nicht einfachen Verhältnissen die Nacht in den Terminals verbringen mussten und alles andere als einen guten Start in die schönste Zeit des Jahres hatten“, sagte Giesen. Die Passagiere hätten „eindeutig und zu Recht mit Kritik auf dieses unverhältnismäßige Vorgehen“ reagiert.
Solche Zustände könne sich Frankfurt nicht leisten, betonte Giesen weiter, darunter leide „nicht nur die Reputation unseres Flughafens, auch unser Ruf als gastfreundliches Land wird beschädigt.“ Sollte das häufiger passieren, würden Reisende künftig Frankfurt meiden, befürchtet die Fraport-Managerin, und forderte deshalb „im Sinne unserer Gäste eine modifizierte Handhabung der Nachtflugregeln in solchen Ausnahmesituationen.“ Die Politik forderte sie auf, „in einen konstruktiven Diskurs über Lösungsmöglichkeiten für eine moderate Handhabung der Nachtflugregeln in Frankfurt mit uns einzutreten.“ Das Ministerium äußerte sich dazu zunächst nicht.
Nach Angaben der Fraport sorgten die Beschäftigten am Flughafen Freitagnacht dafür, dass die gestrandeten Reisen versorgt werden konnten: Mitarbeiterteams der Fraport hätten Snacks und Getränke verteilt, die Flughafen-Feuerwehr kurzfristig 380 Feldbetten aufgebaut. Die Flughafen-Kantine habe den Betrieb mitten in der Nacht noch einmal aufgenommen, um Essen und Getränke auszugeben. Die Fraport hält übrigens genau für solche Fälle Hunderte von Bettenkontongents in den Hotels im ganzen Rhein-Main-Gebiet vor.
Analyse& auf Mainz&: Die Politik ist nun in einer Zwickmühle: Sie muss die Interessen des Flughafens und von in Ausnahmesituationen gestrandeter Reisender abwägen gegen die genau so berechtigten Ansprüche der Region auf Nachtruhe – die schließlich mit dem Nachtflugverbot zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr morgens im Planfestellungsbeschluss für den Flughafen festgelegt ist. Auch die Grenze von 24.00 Uhr steht im Planfeststellungbeschluss – und schließlich waren diese Regelungen der Preis dafür, dass in Frankfurt überhaupt weiter ausgebaut werden durfte.
Doch auch die Kritik der Reisenden ist verständlich – schon im Flieger fertig zum Abflug zu sitzen und wieder aussteigen zu müssen, dafür hat nicht jeder Verständnis. Und nur um diese Flieger geht es bei der Forderung der Fraport. Keine leichte Frage für den hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne): Strikte Ruhe und Wehret-den-Anfängen für jegliche Lockerung kontra flexible Hilfe in Ausnahmesituationen, vor diesem Problem stehen die Hessen jetzt.
Info& auf Mainz&: Wenn Ihr mal lesen wollt, wie am Frankfurter Flughafen schon im Normalfall um jede Minute vor der magischen Grenze um 23.00 Uhr gerungen wird – dann solltet Ihr unsere Reportage vom Nacht-Krimi an Frankfurter Flughafen lesen. Detaillierte Infos zu Verspätungen und Ausnahmeregelungen in Frankfurt findet Ihr beim Hessischen Verkehrsministerium, genau hier.