Wie kann, wie soll in Mainz in Zukunft geheizt werden? Spätestens seit dem „Heizungsgesetz“ der Bundesregierung ist das Thema in aller Munde: Bis Mitte 2026 müssen die Kommunen nun eine „Kommunale Wärmeplanung“ vorlegen, die beschreibt, mit welchen Mitteln eine Kommune wo heizen will. Die Grundlage in Mainz bildet ein „Wärmemasterplan 2.0“ – am Dienstagabend stellt die Stadt Mainz ihn den Bürgern vor. Die Kernpunkte: Abschied von Gas und Erdöl als Brennstoff, und eine Definition, welcher Stadtteil künftig vorrangig mit Fernwärme geheizt werden soll – und wo Wärmepumpen oder andere Heizungen nötig werden.

Dichte Bebauung, hohe Wohndichte, viele ältere Häuser: Die Mainzer Neustadt. - Foto: gik
Dichte Bebauung, hohe Wohndichte, viele ältere Häuser: Die Mainzer Neustadt. – Foto: gik

Der Wohnungsbereich ist einer der größten Klimasünder, denn der Großteil der  Wärmeversorgung in Deutschland wird weiterhin mit fossilen Brennstoffen gedeckt: Auch in Mainz heizen noch immer mehrere Zehntausend Haushalte und Gewerbetreibende ihre Häuser und Betriebe mit Erdöl, Kohle oder Erdgas. Das heißt auch: Der Ausstoß von Klimagasen im Wärmebereich ist beträchtlich. Bis 2030 sollen nun bereits die Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken.

So hatte die Stadt Mainz im vergangenen Jahr die Treibhausgasneutralität idealerweise bis 2035 durch den Stadtrat beschlossen. Der Mainzer Stadtrat beschloss zusätzlich im November 2021, diverse Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Dabei steht insbesondere auch die künftige Wärmeversorgung in Form eines überarbeiteten Wärmemasterplans im Fokus. Dessen Ausarbeitung wurde vor gut einem Jahr durch die Mainzer Stadtwerke gemeinsam mit Experten der GEF Ingenieur AG gestartet.

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Wärmemasterplan 2.0 für die Stadt Mainz: Anleitung zum Heizen

Das Ziel: Eine neue Analyse, „wie eine klimaneutrale Wärmewende in Mainz möglichst zügig, wirtschaftlich und mit einer breiten Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger umgesetzt werden kann“, so die Angaben der Stadtwerke. Es ist nicht einmal der erste „Wärmemasterplan“ der Stadt Mainz: 2015 war ein erster Masterplan entstanden, ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem externen Beratungsbüro GEF aus Leimen. „In den vergangenen zwei, drei Jahren haben sich die Rahmenbedingungen an eine nachhaltige Wärmeversorgung jedoch stark verändert“, betont man bei den Stadtwerken Mainz.

Gretchenfrage: Wie wird in Mainz künftig geheizt? Dazu gibt es am Dienstagabend eine Online-Veranstaltung der Mainzer Stadtwerke. - Grafik: Stadtwerke Mainz
Gretchenfrage: Wie wird in Mainz künftig geheizt? Dazu gibt es am Dienstagabend eine Online-Veranstaltung der Mainzer Stadtwerke. – Grafik: Stadtwerke Mainz

In der Tat: Die Bundesregierung hatte bereits mit der Novelle des Bundesklimaschutzgesetzes 2021 die Klimaschutzvorgaben verschärft, und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. Dazu kommt nun das neue „Heizungsgesetz“, nach dem künftig jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss – für Neubaugebiete gilt das ab dem 1. Januar 2024, für ältere Gebäude gibt es Übergangsfristen.

Alte, funktionierende Heizungen müssen aber nicht ausgetauscht werden, sie dürfen sogar repariert werden – welche Übergangsfristen da genau gelten, könnt Ihr hier bei der Bundesregierung nachlesen. Grundlage für die sogenannte „Wärmewende“ ist aber die Planung der Kommunen: In „Wärmeplanungen“ legen die fest, ob in einem Gebiet der Anschluss an ein Fernwärmenetz voraussichtlich möglich sein wird, ob die Wärmeversorgung voraussichtlich dezentral erfolgen soll (etwa durch Wärmepumpen) oder ob ein Gebiet auf Wasserstoff umgerüstet wird.

Mainzer Stadtgebiet: Areale für Fernwärme oder andere Heizarten

In Mainz legten nun Anfang September Umweltdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) und Stadtwerke-Vorstand Tobias Brosze das neue Gutachten für den „Wärmemasterplan 2.0“ vor. Am Dienstagabend wird der Plan nun erst den Ortsvorstehern der Mainzer Stadtteile, und danach in einer Online-Veranstaltung einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Für das fast 100 Seiten umfassende Gutachten wurde das Mainzer Stadtgebiet in 35 Untergebiete aufgeteilt – die Einteilung der Areale erfolgte dabei anhand des aktuellen und künftig erwarteten Wärmeverbrauchs in dem jeweiligen Gebiet, der dort bereits vorhandenen Leitungsnetze wie etwa Fernwärme oder Erdgas sowie aufgrund städtebaulicher Gegebenheiten und existierenden Gebäudestrukturen.

Heizungs-Vorranggebiete für Mainz definiert: Grün in Fernwärme, Rot sind "dezentrale Heizungsformen". - Grafik: Stadtwerke Mainz
Heizungs-Vorranggebiete für Mainz definiert: Grün in Fernwärme, Rot sind „dezentrale Heizungsformen“. – Grafik: Stadtwerke Mainz

Kern dabei ist natürlich der aktuelle und auch der künftig erwartete Wärmeverbrauch in einem Areal – aber eben auch, welche Wärmeleitungen es bereits gibt. Und da ist Mainz nicht einmal schlecht aufgestellt: In Mainz gibt es bereits ein Fernwärmenetz mit einer Länge von mehr als 100 Kilometern. Das ist ausgesprochen günstig, denn Fernwärme ist nicht nur die klimaneutralste Heizart, sondern gerade für Mieter oft sehr günstig. Der Nachteil: Der Fernwärmeausbau ist aufwändig und teuer, Fernwärme eignet sich daher vor allem in Gebieten mit hohem Wärmeverbrauch wie beispielsweise bei einer Blockbebauung.

Das Gutachten hält deshalb die Fernwärme „für Ein- und Zweifamilienhäuser als nicht unbedingt geeignet“ – das hat Folgen für die Kommunale Wärmeplanung in Mainz: Das Gutachten untereilt die Stadtteile in Mainz nun nämlich in „Fernwärme-Vorranggebiete“, in „Fernwärme-Eignungsgebiete“, sowie in Gebiete, die teilweise Fernwärme-geeignet sind. Zu den Vorranggebieten gehört vor allem die dicht besiedelte Innenstadt mit der Altstadt, der Neustadt, aber auch Teilen der Mainzer Oberstadt sowie das Gebiet der Universität.

Sieben Fernwärme-Vorranggebiete – sechs Eignungsgebiete

Insgesamt gebe es sieben Gebiete im Stadtgebiet, „die als Fernwärme-Vorranggebiet möglichst zügig flächendeckend mit Fernwärme erschlossen werden sollen“, sagten die GEF Ingenieure. In Neustadt und Altstadt gebe es aufgrund der engen Bebauung die höchsten Wärmedichten, dazu habe hier das vorhandene Erdgasnetz „einen hohen kurzfristigen Erneuerungsbedarf.“ Wegen dieser Randbedingungen empfehle man, „diesen Gebieten eine hohe Priorität im Rahmen der Wärmewende einzuräumen und zeitnah die Planung für eine gebietsweite Umstellung auf Fernwärmeversorgung anzustoßen“, sagte Stefan Richter.

Auch in der Mainzer Altstadt soll künftig vorrangig mit Fernwärme geheizt werden. - Foto: gik
Auch in der Mainzer Altstadt soll künftig vorrangig mit Fernwärme geheizt werden. – Foto: gik

Eine Sonderrolle nimmt bei den Planungen der Lerchenberg ein, da der Stadtteil bereits ein Fernwärme-Satzungsgebiet ist, und über kein Gasnetz verfügt. Als geeignet für einen Fernwärme-Ausbau sehen die Ingenieure aber auch weite Bereiche des Hartenbergs und von Mombach sowie den Bereich Gonsenheim Nord. Als teilweise Fernwärme-geeignet werden zudem der Gonsenheimer Süden, der Osten von Bretzenheim sowie der Nord-Westen von Weisenau identifiziert.

Als nur bedingt für eine Fernwärme-Trasse geeignet, oder schlicht als zu weit weg, definieren die Ingenieure demnach den breiten Rest des Stadtgebiets: Die Stadtteile Hechtsheim und Finthen, aber auch weite Teile von Bretzenheim, die Mitte von Weisenau, Gonsenheim, Mombach und Hartenberg, sowie den Bereich um die Römersteine in Zahlbach. Ganz außen vor sind demnach Stadtteile wie Marienborn und Drais, Laubenheim, Ebersheim sowie die meisten südlichen Stadtteile von Hechtsheim und Weisenau.

Gutachten sieht „dezentrale Versorgung“ für Einfamilienhäuser vor

Der Grund: Hier gebe es einen hohe Anteil von Ein- und Zweifamilien- sowie Reihenhäusern, diese seien „nur bedingt für eine leitungsgebundene Versorgung“ geeignet. In diesen Gebieten sei dann eine „dezentrale Versorgung“ vorgesehen – will sagen: Hier müssen Hausbesitzer voraussichtlich eine Wärmepumpe einbauen, oder eine andere klimaneutrale Heizform finden. Das Problem dabei: Der Einbau von Wärmepumpen ist derzeit noch oft rund das Dreifache teurer als Gasheizungen, nicht jedes Haus, und schon gar nicht jeder dicht bebaute Ortskern dafür geeignet.

Womit sollen Einfamilien- und Zweifamilienhäuser künftig heizen? - Foto: gik
Womit sollen Einfamilien- und Zweifamilienhäuser künftig heizen? – Foto: gik

Die nächstbeste Variante nach der Fernwärme seien Luftwärmepumpen, gefolgt von Erdwärmepumpen, betonte jedoch Stefan Richter, Vorstand der GEF Ingenieur AG. Danach kämen Holzpelletkessel sowie Wasserstoff-geeignete Gaskessel – ob es in Mainz allerdings eine Versorgung mit Wasserstoff zum Heizen geben wird, ist bislang unklar. Das Problem für die Hausbesitzer: „Reine Erdgaskessel oder Ölheizungen erfüllen die neuen verbindlichen ökologischen und rechtlichen Kriterien des Gebäudeenergiegesetzes nicht, und stellen deshalb keine mittel- und langfristigen Alternativen mehr in der Wärmeerzeugung dar“, betonten die Gutachter.

Umweltdezernentin Janina Steinkrüger unterstrich derweil, der Wärmemasterplan 2.0 stelle zwar „noch keine verbindliche Festlegung für eine bestimmte Art der künftigen Wärmeerzeugung  in einem bestimmten Stadtteil oder Gebiet“ dar. Die Experten machten aber „sehr konkrete Vorschläge und liefern eine fundierte Grundlage für die jetzt anstehende kommunale Wärmeplanung“, sagte sie weiter. Die Zuordnung eines Gebietes zu einer Wärme-Versorgungskategorie lasse zudem „durchaus Ausnahmen zu“, unterstrich Steinkrüger.

Lösungen für „dezentrale Heizformen“ noch unklar

So werde die Mainzer Neustadt zwar als Fernwärme-Vorranggebiet eingestuft, damit müssten aber nicht automatisch alle Gebäude der Neustadt in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ans Fernwärmenetz angeschlossen werden. Im Gegenzug könne es auch sein, dass in einem Stadtteil, der überwiegend für die dezentrale Versorgung als geeignet angesehen werde, in einzelnen Bereichen auch eine Fernwärmeversorgung sinnvoll sein könne. Genaueres dazu soll nun die Kommunalen Wärmeplanung festgelegt, die bis Mitte 2026 fertig sein muss.

Die Mainzer Stadtwerke würden nun parallel zur Kommunalen Wärmeplanung ihre Wärmestrategie konkretisieren, sagte Stadtwerke-Chef Brosze. Das betreffe den weiteren Ausbau der Fernwärme in Mainz, aber auch den Ausbau des Stromnetzes für den zu erwartenden Zubau von Wärmepumpen. „Und wir werden Lösungen weiterentwickeln für Gebiete, in denen der Fernwärmeausbau keinen Sinn macht“, versprach Brosze. Am 11. Oktober soll der Wärmemasterplan bereits im Mainzer Stadtrat beraten werden.

Info& auf Mainz&: Der Online-Infoabend zum Thema Wärmewende und künftige Heizfo5rmen in Mainz findet am Dienstag, den 26. September 2023 von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr statt. Wer teilnehmen möchte, bitte einfach auf die Homepage der Mainzer Stadtwerke gehen. Die gesamte Präsentation sowie ausführliche weitere Informationen zum Wärmemasterplan 2.0 findet Ihr hier bei den Stadtwerken im Internet.