Es ist so weit, die Weihnachtstage stehen vor der Tür, die Hektik schwindet, die Besinnlichkeit hält Einzug – oder ist es mehr Erschöpfung? 2024 war ein Jahr, das diesem Land, das uns allen viel abverlangt hat. Und noch abverlangen wird: Demokratie kritische Medien und die Freiheit – sie sind in Gefahr wie nie. Vor allem durch Ignoranz, Borniertheit und Realitätsverweigerung. Es läuft nicht gut im Staate Deutschland, und doch ist da Hoffnung: Eine neue Wahl kann auch Weichen neu stellen – wenn die Bereitschaft in den Köpfen dafür da ist. Wir wünschen jedenfalls allen Lesern und allen da draußen: Fröhliche und vor allem friedliche Weihnachten! Und vor allem: Bleibt wachsam und bleibt neugierig – wir werden es brauchen.
“Schicksalsjahre einer Republik”, das schrieb Mainz&-Chefredakteurin Gisela Kirschstein vor genau einem Jahr an dieser Stelle – es wurde mehr als wahr. 2024 war geprägt von mehr Krieg statt mehr Frieden, von mehr Hass und Spaltung, und am Ende auch noch von einem furchtbaren Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt, ausgerechnet. Der Angriff von Autokraten und von freiheitsfeindlichen Ideologien auf die westlichen Demokratien läuft längst auf Hochtouren – aber viele weigern sich noch immer, die Realität zur Kenntnis zu nehmen: Putin will keinen Frieden, Donald Trump bläst zum Sturm auf die Demokratie USA und Fakenews vernebeln die Hirne auch in unseren Landen in einem Ausmaß wie nie.
Wenn sich Menschen zunehmend von professionellen Medien abwenden, wenn sie Qualitätsmedien als “gesteuert” diffamieren, lieber den gesteuerten Botschaften in sozialen Netzwerken glauben – dann sind Demokratie und Freiheit wahrlich in Gefahr. Deutschland ist auf diesem Pfad 2024 in einem Ausmaß voran gekommen, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. “Ich verfolge keine Nachrichten mehr”, sagen Menschen inzwischen reihenweise – und sie sagen es quasi mit Stolz. Als hätten sie etwas erreicht.
Die Rückkehr des Krieges: Frieden schaffen? Nur mit Waffen…
Doch das ist ein gefährlicher Trugschluss. Ja, die Nachrichten in diesem Jahr waren hart zu ertragen, keine Frage. Krieg in Gaza, die Folge eines barbarischen Überfalls einer Terrororganisation namens Hamas auf einen demokratischen Staat, die brutale Antwort Israels – auch im Libanon. Und doch gibt das Ergebnis zumindest im Libanon Israel ein Stück weit Recht: Die Hisbollah ist regelrecht zerrieben, in der Folge fiel auch das Terrorregime in Syrien – Hoffnung keimt im Nahen Osten, Hoffnung auf eine neue Ordnung, eine bessere Welt, vielleicht gar auf ein friedlicheres Miteinander.
Nein, ich rede nicht Krieg, Gewalt und Zerstörung das Wort, schon gar nicht gnadenlosen Bombardierungen auf Zivilbevölkerung, aber die bittere Schlussfolgerung aus 2024 lautet doch: Nur wer sich wehrt, hat eine Chance auf Frieden und selbstbestimmte (!!) Freiheit in Zeiten, in denen rücksichtslose Machthaber Nachbarn überfallen und mit Krieg überziehen – meist, um von Problemen im eigenen Land abzulenken.
Krieg war schon immer das Mittel von Diktatoren, ihre eigenen bröckelnden Machtapparate zu stabilisieren und ihr Volk umso mehr zu unterdrücken – und ganz nebenbei mit Hilfe der Waffenproduktion die Wirtschaft anzukurbeln. 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erleben wir die Rückkehr der Waffenarsenale, der Bomben und Zerstörungsmaschinen, und das ist bitter und frustrierend: Dachten wir nicht, wir wären weiter in der Welt? Die UNO ist längst zum Spielball von Interessen geworden, ihre Spitzen agieren in Teilen gar antisemitisch – die Weltpolizei disqualifiziert sich selbst, ihre Resolutionen sind längst hohle Papiertiger geworden.
Das Gebäude der Nachkriegsordnung steht vor dem Zusammenbruch
Das Gebäude der Nachkriegsordnung, das die gesamte Welt nach dem Zweiten Weltkrieg für fast 80 Jahre so grandios stabilisiert hat – es ist marode und kurz davor, zusammenzubrechen. Den Todesstoß könnte ihm ein gewisser Donald Trump geben, ein Präsident, dessen Interesse allein sich selbst, seiner Familie und seinen Unterstützern gilt. Die USA, sie drohen zu einer Oligarchie umgebaut zu werden, mit Tech-Milliardären als eigentlich Mächtige im Hintergrund. Und das ist kein Verschwörungsgeraune – das “Project 2025”, Elon Musks Agieren und nicht zuletzt die Weichenstellungen Trumps für sein Amt zeigen das klar.
Die Sehnsucht nach dem “Starken Mann”, dem Aufräumer und Lenker, sie ist kein Exklusivrecht der USA: “Lieber eine gute Monarchie als eine schlechte Demokratie”, sagte jüngst ein jüngerer Mann zu mir. Ob es Ernst gemeint war, kann ich nicht sagen, aber allein dass so ein Satz im Jahr 2024 beinahe nonchalant gesagt werden kann, sollte alle Alarmglocken läuten lassen.
Erst Recht bei den Politikern dieser Republik: Wohl noch nie hatte die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Geschichte eine Regierung, die sich derart selbst zerlegte, einen Kanzler, der derart ignorant Realitäten leugnete – und dabei mit chaotischer Politik und Realitäts-Ignoranz eine solche Verheerung in Wirtschaft und Gesellschaft anrichtete, dass die Republik unisono fleht: Neuwahlen, bitte, jetzt! Oder wie es der “Deutsche Michel” alias Bernhard Knab aus der Narrenbütt ausdrückte: “Macht für den Bürger Politik – dann kehren Tausende zurück.”
Abkehr von Nachrichten und seriösen Medien: Willkommen Fakenews
In all dem verabschieden sich Menschen in Deutschland zunehmend von “den Nachrichten”, der Rückzug ins Privatleben läuft auf Hochtouren – es ist eine gefährliche Tendenz. Wer sich von Staat und Demokratie verabschiedet, wer Nachrichten und Hintergründe – seriös recherchiert und fachkundig aufgearbeitet, wohlgemerkt! – nicht mehr wahrnimmt, der wird umso schneller Opfer von Fakenews und verführerischen Narrativen. Was solle man mit einem Erdenvolk anfangen, in dem “stumpfsinnigster Internetrassismus glaubwürdiger ist als fundierter Journalismus?”, seufzte der “Mann im Mond” alias Thomas Becker auf der Fastnachtsbühne 2024.
“Wer die Regionalmedien verliert, verliert die Demokratie”, sagte einst ein kluger Mensch, das ist heute wahrer denn je. Wer freie Presse nicht mehr zu schätzen weiß, untergräbt das Fundament von Demokratie und freiem Denken – Mainz& musste davon selbst 2024 eine Scheibe von erleben. Ausgerechnet von Grünen, ausgerechnet in Mainz. Bis heute gibt es dafür keine Entschuldigung, keine Erklärung, kein Anzeichen von Erkenntnis, niemand hat versucht, den jüngsten Vorfall auszuräumen.
Aber solche Vorfälle sind eben nicht banal – es sind genau solche Haltungen, die die Pressefreiheit und letztlich auch die Demokratie untergraben. Deutschland besitzt – noch – eine Medienlandschaft, nach der sich weltweit Republiken alle Finger lecken würden, mit unabhängigen Zeitungen und Magazinen, mit Profi-Journalisten, die kritisch und objektiv Fakten berichten, Vorgänge analysieren und Zusammenhänge aufzeigen – ja, auch im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk.
Kampf um Demokratie, (Presse)Freiheit und Frieden in 2025
Auch die Journalisten der Republik müssen sich den Spiegel vorhalten, auch sie müssen sich fragen: Was treiben wir eigentlich? Berichten wir noch objektiv, wirklich unabhängig – oder plappern wir Narrative nach, weil es einfacher ist, schneller und bequemer? Wer aber diesen Medien “Gelenktheit” und “gesteuert sein” vorwirft, wer behauptet “sie verschweigen die Wahrheit”, der versteht die Prinzipien von Nachrichten und Medien nicht, will sie nicht verstehen – oder will gar ein Ende dieser lästigen Pressefreiheit. Sich dem entgegen zu stellen, könnte die wichtigste Aufgabe für 2025 werden. Nie war es so wichtig wie heute.
Was am Ende dieses Jahres bleibt? Hoffnung. Oh ja: Denn es stehen Wahlen vor der Tür, eine Bundestagswahl, die entscheidender nicht sein könnte. In einer Demokratie sind es Wahlen, die neue Weichenstellungen ermöglichen, Veränderungen, Aufbruch. Man muss sie halt auch als solche wahrnehmen – womit wir wieder bei Wissen & Information wären. Der Narr, der den Mächtigen und der Gesellschaft den Spiegel vorhält, der Journalist, der Hintergründe recherchiert und Verfehlungen aufdeckt – nie waren sie so wichtig wie heute.
Zu Weihnachten 2024 wünschen wir bei Mainz& Euch allen da draußen deshalb: Bleibt neugierig, bleibt informiert! Wie sagte doch der “Till” so klug bei “Mainz bleibt Mainz” 2024:”Wenn einer gegen alles grätzt, und unsere Grundwerte nicht schätzt, dann mach bitte für Menschen Platz, die uns’re Werte leben wollen – und an der Freiheit teilhaben sollen.” Freiheit, Gleichheit, Demokratie und Frieden – ja, dafür lohnt es sich zu streiten. Wir tun das auch 2025, natürlich mit Feder und Tastatur. Versprochen.
Und weil wir hier bei Mainz& jetzt auch einmal die Nase voll haben von Krisen und Katastrophen, schenken wir Euch zu Weihnachten genau das Gegenteil: Nur positive Nachrichten. Versprochen. 2025 kommt früh genug.
Info& auf Mainz&: Unseren Leitartikel von Weihnachten 2023 könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.
Achtung&: Weil es am 23. Dezember eine Technikumstellung bei Mainz& im Hintergrund gibt, kann es sein, dass unsere Seite hin und wieder Aussetzer hat – dann bitte einfach neu laden oder später wiederkommen. Deshalb gibt es unseren Weihnachts-Leitartikel auch schon heute.