In Mainz können Gäste von Restaurants in diesem Sommer bis Mitternacht auf Straßen und Plätzen sitzen bleiben, das kündigte vergangene Woche überraschend Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) an. Demnach darf die Außengastronomie in der Mainzer Neu- und Altstadt nun bis 24.00 Uhr geöffnet sein, und zwar freitags, samstags und vor gesetzlichen Feiertagen. Die Regelung ist vorerst bis zum 31. Oktober 2025 befristet, und soll Mainz lebenswerter machen sowie der Gastro in schwierigen Zeiten helfen. Tatsächlich ist deren Lage vielerorts heikel.

Draußen den Sommer genießen: In Mainz geht das jetzt an Wochenenden bis Mitternacht. - Foto: gik
Draußen den Sommer genießen: In Mainz geht das jetzt an Wochenenden bis Mitternacht. – Foto: gik

Auf Mainzer Plätzen und entlang von Straßen im Sommer im Freien Essen, Bier und Wein Genießen, gehörte schon immer zu den Dingen, die eine Stadt lebenswert machen – nur leider war das Vergnügen oft beschränkt: „Hier draußen ist um 22.00 Uhr Schluss“, mussten Gastwirte enttäuschten Gästen mitteilen, die dann meist weiterzogen – dorthin, wo es Ausnahmegenehmigungen gab. Und das waren nicht wenige: Rund 60 Ausnahmegenehmigungen für längere Außengastronomie gab es bislang nach Angaben der Stadt Mainz schon, ein echter Wettbewerbsvorteil für die, die sie hatten.

Nun wird das ein Stück weit gerechter: Am 25. Juli unterschrieb Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) eine Allgemeinverfügung, nach der Außengastronomie nun grundsätzlich bis 24.00 Uhr erlaubt ist, und zwar freitags, samstags und vor gesetzlichen Feiertagen in der Mainzer Altstadt sowie der Neustadt. Die Grundlage für diese Entscheidung bilde eine nach Paragraph 4 des Landesimmissionsschutzgesetzes „verschobene Ruhezeit durch ein gesteigertes öffentliches Interesse“, teilte die Stadt weiter mit.

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Lange Sommerabende genießen, Gastro in schwieriger Zeit helfen

„Mainz ist wiederholt zu einer der zukunftsträchtigsten Städte in Deutschland gewählt worden, das liegt auch an einer attraktiven, belebten Innenstadt, und diese möchte ich erhalten“, sagte Haase zur Begründung. Das Freizeitverhalten habe sich aber in den vergangenen Jahren „massiv gewandelt, und auch vermehrt sehr warme Sommertage verlegen die außerhäusigen Aktivitäten der Menschen oft spät in den Abend“, betonte der OB. Dazu wolle er aber auch „der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Gastronomie Rechnung tragen.“

Bis in die Nacht hinein auf der Straße Essen und Trinken: Im Süden wie hier in Südfrankreich allerorts üblich. - Foto: gik
Bis in die Nacht hinein auf der Straße Essen und Trinken: Im Süden wie hier in Südfrankreich allerorts üblich. – Foto: gik

Beides werde nach Abwägung durch die Allgemeinverfügung berücksichtigt, ohne indes die Situation an den klassischen Werktagen zu verändern. Das sorge „gleichzeitig für eine Harmonisierung der Genehmigungssituation und erspart die bisher bürokratisch aufwändigen Einzelgenehmigungen.“ Nach Erfahrungen aus anderen Städten sei er „überzeugt, dass diese zunächst auf drei Monate befristete Regelung eine gute Entscheidungsgrundlage für die nächsten Jahre bietet, um diese zu verstetigen und Mainz und seine Gastronomie zukunftssicher aufzustellen“, sagte Haase zudem.

Tatsächlich hatte die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern just zum Beginn der eigentlichen Sommersaison Ende Juni vor eine angespannten Situation im Hotel- und Gaststättengewerbe gewarnt: Zwar erhole sich der Tourismus weiter von den Einbrüchen während der Corona-Pandemie, „doch wirtschaftlich bleibt die Lage vieler Betriebe angespannt“, hieß es nach einer Sonderauswertung der Konjunkturumfrage der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz, an der sich zahlreiche Unternehmen aus Hotellerie und Gastronomie beteiligten.

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IHK-Umfrage: 40 Prozent haben sinkende Einnahmen

Demnach bewerten lediglich 18 Prozent der Betriebe ihre aktuelle Geschäftslage als gut. Knapp die Hälfte sprach hingegen von einem „zufriedenstellenden“ Verlauf, ein Drittel stuft die Situation hingegen als schlecht ein. Auch die Umsatzentwicklung bleibe hinter den Erwartungen zurück: Lediglich 14 Prozent der Unternehmen verzeichneten in den vergangenen zwölf Monaten ein Plus, 39 Prozent melden sinkende Einnahmen. Der Geschäftsklimaindex fällt mit 83,4 Punkten deutlich unter den Vorjahreswert (91 Punkte).

Warnte bereits 2023 vor einer Pleitewelle in der Gastronomie: DEHOGA-Chef Gereon Haumann. - Foto: gik
Warnte bereits 2023 vor einer Pleitewelle in der Gastronomie: DEHOGA-Chef Gereon Haumann. – Foto: gik

„Die steigenden Kosten nehmen vielen Betrieben die Luft zum Atmen“, warnte Jan Heidemanns, tourismuspolitischer Sprecher der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz: „Fast die Hälfte berichtet von einem Rückgang des Eigenkapitals, jeder vierte Betrieb kämpft mit akuten Liquiditätsengpässen. Das sind alarmierende Zahlen.“ Nur 15 Prozent der Unternehmen blickten optimistisch auf die bevorstehende Sommersaison. „Diese Entwicklung gefährdet nicht nur einzelne Betriebe, sondern schwächt den gesamten wirtschaftlichen Rückhalt der Branche“, warnte Heidemanns.

Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielschichtig, vor allem aber belasteten die Betriebe hohe Energie- und Rohstoffpreise, steigende Lohnkosten, der anhaltende Fach- und Arbeitskräftemangel sowie unsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Zwar habe Rheinland-Pfalz 2024 wieder rund 8,67 Millionen Gästen begrüßen können, aber die Zahl der gastgewerblichen Betriebe sei den vergangenen zehn Jahren um zehn Prozent gesunken.

SPD Mainz-Altstadt: Ortsbeirat erneut nicht eingebunden

Die betriebliche Substanz bröckelt“, mahnte Heidemanns. In vielen Kommunen sehe sich das Gastgewerbe nun auch noch mit der Einführung oder Ausweitung von Tourismusabgaben oder Bettensteuern konfrontiert. „Wir ermuntern die Kommunen, schnell realisierbare Erleichterungen zu ermöglichen, wie beispielsweise eine Lockerung der Schließzeiten der Außengastronomie in den Sommermonaten“, riet Heidemanns. In Mainz ist das nun zumindest bis zum 31. Oktober 2025 der Fall.

Die Mainzer Altstadt mit dem Kirschgarten. - Foto: gik
Die Mainzer Altstadt mit dem Kirschgarten. – Foto: gik

Der SPD-Ortsverein Mainz-Altstadt begrüßte die neue Regelung, diese entlaste „die gastronomischen Betriebe, die in den vergangenen Jahren unter großen wirtschaftlichen Herausforderungen standen“, sagte Fabian Christen von der SPD: „Viele Menschen genießen gerade im Sommer das Leben draußen – und die Mainzer Altstadt lebt von dieser Atmosphäre. Es ist richtig, dass die Stadt hier die Realität ernst nimmt und den Gastronomen mehr Planungssicherheit gibt.“

Gleichzeitig kritisierte der SPD-Ortsverband aber, dass der Ortsbeirat Mainz-Altstadt im Vorfeld nicht beteiligt wurde: „Es ist enttäuschend, dass der Ortsbeirat bei einem so zentralen Thema für die Altstadt wieder außen vor bleibt – wie schon bei anderen Themen in den letzten Monaten“, kritisierte Christen: „„Gerade bei Regelungen, die das unmittelbare Zusammenleben im Quartier betreffen, braucht es die Debatte vor Ort. Demokratie lebt vom Austausch – auch auf der kommunalen Ebene.“ Die neue Regelung müsse nun eng begleitet werden, und Rückmeldungen von Gastronomie, Gästen und Anwohnenden gleichermaßen ernst nehmen.

Info& auf Mainz&: Übrigens: Die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf 7 Prozent kommt nun tatsächlich, mehr berichten wir Euch demnächst – zu den Hintergründen, warum das für die Gastronomie so wichtig ist, lest Ihr hier auf Mainz&.