Seit Jahren wird Radfahrern zwischen Mainz und Wiesbaden ein einfacherer Aufstieg auf die Kaiserbrücke versprochen, nun soll er wenigstens auf Wiesbadener Seite kommen: Die „Kaiserspindel“ zwischen Mainz-Kastel und Amöneburg soll 2026 endlich kommen. Das kündigte am Montag der Wiesbadener Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) an, pikant: Die gute Nachricht präsentierte Mende sechs Tage vor der OB-Stichwahl, bei der antritt. Auf Mainzer Seite ist ein einfacher Aufstieg für Radfahrer zur Kaiserbrücke weiter nicht in Sicht.

Die Eisenbahnbrücke im Norden von Mainz ist eine wichtige Pendlerverbindung zwischen Mainz und Wiesbaden, auch in der Freizeit wird die Verbindung zwischen dem Mainzer Zollhafen und dem Norden von Mainz-Kastel gerne genutzt, denn entlang der Eisenbahnstrecke führt ein schmaler Radweg über den Rhein. Doch der Aufstieg zur Brücke führt nur über eine höchst steile Treppenanlage, über die man sein Rad entweder tragen oder in einer steilen Rinne schieben muss – das ist alles andere als komfortabel und gerade für E-Radler oft schwer zu bewältigen.
Die Politik verspricht seit Jahren einen barrierefreien und vor allem Radfahr-freundlichen Aufstieg auf die Brücke, schon im April 2018 stellte die damalige Verkehrsdezernentin und heutige Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) eine „Fahrradspindel“ in Aussicht: Eine spiralförmige Rampe, die sich hinauf zur Brücke windet. Ende 2020 hieß es, ein Kopenhagener Planungsbüro solle eine neue Machbarkeitsstudie für eine Radschnellverbindung zwischen Mainz und Wiesbaden erstellen, wieder sollte nach einer einfachen Rheinquerung für Radler gesucht werden – wieder tat sich: nichts.
Wiesbaden will „Kaiserspindel“ ab Anfang 2026 bauen
Die Stadt Wiesbaden schätzte zu dem Zeitpunkt die Kosten für eine der Radspindeln auf rund 3,4 Millionen Euro, inzwischen sind daraus rund 4,8 Millionen Euro geworden – allein für die Wiesbadener Seite. Dort hieß es am Montag, der Bund werde davon 80 Prozent über ein Förderprogramm übernehmen, die beste Nachricht aber: Die spindelförmige Auffahrt auf die Brücke soll nun endlich kommen, wenigstens auf Wiesbadener Seite. Der Zeitplan sehe vor, bis Ende Mai die behördlichen Genehmigungen zu erhalten, teilte Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) am Montag mit.

Aktuell werde die Entwurfsplanung finalisiert, die Ausschreibung für die Baumaßnahme könne dann ab dem 3. Quartal erfolgen, die Vergabe an eine Baufirma im 4. Quartal. Der Baubeginn sei für das 1. Quartal 2026 vorgesehen, die Bauzeit werde mit etwa 15 Monaten kalkuliert, so der Oberbürgermeister weiter. „Wiesbaden investiert weiter in seine Rad-Infrastruktur“, betonte Mende: „Mit der ‚Kaiserspindel‘ schaffen wir ein weiteres attraktiveres Angebot für alle, die mit Fahrrädern, Kinderwagen oder Rollstühlen unterwegs sind. Das ist eine deutliche Verbesserung.“
Pikant dabei: Mende stellte den Zeitplan ausgerechnet sechs Tage vor der Stichwahl ums Oberbürgermeisteramt in Wiesbaden vor, bei der er gegen den parteilosen Herausforderer Thilo von Debschitz antritt, der für die CDU ins Rennen geht. Mende kam im ersten Wahlgang am 9. März auf 37,7 Prozent der Stimmen, von Debschitz auf 30,1 Prozent, am 30. März fällt nun die Entscheidung.
Baubeginn für Spindel auf Mainzer Seite: bislang nicht in Sicht
Der eigentlich zuständige Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne) spielte bei der Verkündung des Zeitplans für die „Kaiserspindel“ denn auch eine untergeordnete Rolle:, er durfte laut Pressemitteilung betonen: „Das Rad wird immer häufiger auf mittellangen Strecken und für Wege zur Arbeit genutzt. Mit dem Bau der Kaiserspindel werden wir diesem Bedarf gerecht. Jeder Pendler, der morgens mit dem Rad zur Arbeit fährt, entlastet unser Straßennetz und hilft denen, die aufs Auto angewiesen sind.“

Die Planungen seien „abgestimmt mit der Landeshauptstadt Mainz“, hieß es aus Wiesbaden weiter: Auch auf der dortigen Rheinseite sei „eine Rampe geplant, sodass auch da eine stufenlose Anbindung geschaffen wird.“ Diese Rampe ist indes weiter nicht in Sicht: Die Spindel in Mainz sei weiter in der Entwurfsphase, ein Baubeginn sei „zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau festlegbar“, teilte Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) im Oktober 2024 im Mainzer Stadtrat auf eine Anfrage der Partei Volt mit. Es sei weiter „eine Vielzahl von Abstimmungen für die darauffolgende Phase der Genehmigungsplanung notwendig.“
Der Beginn „erster vorbereitender Maßnahmen“ sei für Ende 2025 anvisiert, so Steinkrüger weiter, dazu zählt etwa eine Hochwasserschutzwand entlang des Rheinufers. Zudem bedürfe es weiterhin „Abstimmungen mit der Deutschen Bahn, dem Denkmalschutz, den Naturschutzbehörden, Wasserbehörden und anderen Fachstellen“ – die Wiesbadener Seite hat diese Aufgaben allerdings ebenso.
Finanzierung der Mainzer Kosten von 5,5 Millionen Euro: unklar
Die Dezernentin betonte zudem, die Kosten auf Mainzer Seite würden bis Ende der Entwurfsphase neu berechnet – und schätzte sie auf inzwischen rund 5,5 Millionen Euro. Dazu kämen noch die Kosten „für die Wiederherstellung des Gebiets und dessen Planung.“ Die gute Nachricht: In Mainz sollte die Rampe zu 100 Prozent aus Fördermitteln des Bundesverkehrsministeriums für Innovativen Radverkehrsprojekte finanziert werden, und zwar zu 100 Prozent – allerdings war das 2021 und noch vor dem Milliardensegen aus den BionTech-Impfstoffen für die Stadt Mainz.
Dazu lag die Summe der damals bewilligten Mittel bei rund 3,4 Millionen Euro, also deutlich unter den heutigen Kosten. „Für eine erhöhte Förderung befindet sich die Verwaltung im Austausch mit der Bundesbehörde und beantragt aktuell eine Erhöhung der Bewilligungssumme aufgrund der gestiegenen Anforderungen und der bekannten Umstände von allgemeinen Teuerungen in den letzten Jahren“, so Steinkrüger im Oktober 2024. Und fügte immerhin hinzu: „Ein großer Teil des Baufortschritts des Rampenbauwerks auf der Mainzer Seite ist in 2026 zu erwarten.“
Info& auf Mainz&: Die gesamte Antwort der Dezernentin auf die Anfrage von Volt findet Ihr hier im Internet – Achtung, es öffnet sich ein pdf.
Hallo,
da ich leider momentan „temporärer Rollstuhlnutzer“ bin, stellt sich für mich die Frage, dass diese „Anlagen“ in WI und MZ also wohl zusammen über 10 Mio € kosten werden!
– Ist das jemals in der Presse dem Bürger in dieser Deutlichkeit bewusst
gemacht worden?
– Und wieviel Nutzer im Jahr (real!!) Radfahrer, Rollstuhl usw. stehen
dagegen?
– Ist jemals ein „Entscheider“ über diese Strecke, mit dieser Steigung,
ohne Hilfe und in einem Alter von 50-60 Jahren schon einmal rauf und
runtergefahren?
– Und warum hat man nie an eine kostengünstigere und bequemere
Aufzugs-Alternative (wie der sehr stark frequentierten Joh.-Friedrich-
von-Pfeiffer-Weg in Mainz) gedacht?
Bei diesen Beträgen – also von Bürgern gezahlten Steuern – sollte man vielleicht früher über solche Entscheidungen nachdenken!!
Als Muskel-Radfahrer kann kch trotz meiner 82 Jahre den Steilaufgang noch bewältigen. Die innerstädtische Gaugasse hinauf ist anstrengender, wohl aber gesund. Ein E-Bike über den Anstieg zu wuchten, erstzt sicherlich eine Trainingseinheit in der Mukkibude. Es ist die Frage, wie viele auf den Komfort einer Spindel angewiesen sind. Bei Baukosten von 10 Millionen bds dürfte auf jede Nutzung ein Betrag für ein goldenes Taxi entfallen. Es ist eine finanzierbare Einfachlösung gefragt, die auch vor der ADD bestehen muss.