Die Republik kannte ihn als „Mann mit der große roten Brille“ bei „Mainz bleibt Mainz“. Jedes Jahr saß Hermann Becker mit seiner Brille im Publikum der großen Mainzer Fernsehsitzung – wer der Mann mit dem eisgrauen Bart im wirklichen Leben war, wussten viele nicht: Hermann Becker war erfolgreicher Unternehmer in der Plastikbranche, produzierte erst Plastikstrohhalme – und erfand schließlich den kleinen Eislöffel mit der Paddel-förmigen Spitze. Nun ist Hermann Becker im Alter von 80 Jahren gestorben.

Als "Mann mit der roten Brille" bei "Mainz bleibt Mainz" kannte die ganze Republik Hermann Becker.  - Screenshot: gik
Als „Mann mit der roten Brille“ bei „Mainz bleibt Mainz“ kannte die ganze Republik Hermann Becker. – Screenshot: gik

In der Kampagne 2021 setzt ihm der GCV mit seiner „Streamung“ ein echtes Denkmal: Mitten in Lockdown und Corona-Pandemie machte die Komikertruppe der „Herpes House Band“ den Mann mit der großen, roten Brille ausfindig und stellte ihn in den Mittelpunkt einer kleinen, humoristischen Hommage zum Thema Ghostwriter in der Fastnacht. Der Clip um die Menschen im Hintergrund in der Fastnacht hatte höchst reale Wurzeln im wahren Leben: Hermann Becker war wirklich ein Strippenzieher und Netzwerker im Hintergrund.

Geboren am 6. Januar 1943 in Mainz war der Mann mit dem markanten eisgrauen Bärtchen eine Art graue Eminenz im Hintergrund, ein Fastnachter, Fußballfreund und engagierter Spendensammler für gute Zwecke. „Hermann war ein enger Freund von Rolf Braun und langjähriger Großer Rat beim KCK“, sagte Dirk Loomans, Präsident des Karneval Club Kastel (KCK), im Gespräch mit Mainz&. Wie der KCK am Samstagabend mitteilte, starb Hermann Becker am Freitag im Alter von 80 Jahren.

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Der „Mann mit der großen Brille“ bei „Mainz bleibt Mainz“

Bundesweit bekannt war Hermann Becker als „der Mann mit der großen Brille“ bei „Mainz bleibt Mainz“: Mehr als 25 Jahre lang saß der Mainzer mit einer überdimensionalen Fastnachtsbrille im Publikum der legendären Mainzer Fernsehsitzung, jedes Jahr zeigte ihn die Kamera – manche lästerten: Öfter als den Sitzungspräsidenten. „Er hat einmal seine Kunden der Eismarke Schöller zu einer Fernsehsitzung eingeladen, dafür kaufte er eine ganze Kiste dieser großen Brillen“, erinnert sich Loomans.

Den ersten Eisspatel aus Plastik mit dem flach gedrückten Kopf - erfunden wurde er von Hermann Becker. - Foto: Lampshade via Wikipedia
Den ersten Eisspatel aus Plastik mit dem flach gedrückten Kopf – erfunden wurde er von Hermann Becker. – Foto: Lampshade via Wikipedia

Ob die Kunden die Brillen auch trugen, weiß Loomans nicht – doch für Becker blieben genug Exemplare für die Jahre danach übrig. Im wirklichen Leben war Becker nämlich Unternehmer: Seine 1975 in Mainz gegründete Firma Polyplast war im Bereich „Kunststoffverarbeitung für die Lebensmittelbranche“ tätig – Becker stellte Plastikstrohhalme her.

„Irgendwann kamen die Eisfirmen Langnese und Schöller mit einem Problem auf ihn zu“, erinnert sich Loomans: Man wollte Eis in Bechern zum Mitnehmen verkaufen, doch was dabei fehlte, war etwas, mit dem man das Eis auch essen konnte. Becker wurde kreativ – und erfand den kleinen, an der Spitze plattgedrückten Eislöffel, der gemeinsam mit dem Eisbecher verkauft werden konnte. „Die kleinen Plastiklöffel, vorne platt gedrückt und in Plastik verpackt und unter den Becher geklebt – damit wurde er erfolgreich“, weiß Loomans zu berichten.

Unternehmer, Netzwerker, Erfinder des Eislöffels

Tatsächlich berichtet noch 2009 eine Auswertung der Stadt Mainz zu „Hidden Champions“ der Wirtschaftsszene von genau diesem Erfolg – da gehörte die Firma aber schon Beckers Nachfolgern. Heute geht der Trend weg von Plastik und hin zu Alternativen aus Edelstahl oder essbaren Rohstoffen – doch die Form des Paddel-Löffels – auch Eisspatel genannt – ist geblieben. „Er war einer der letzten großen Unternehmer und Netzwerker von Mainz“, berichtet Loomans: „Er kannte jeden, und hatte zu jedem Kontakt.“ Sein Medium war nicht das Internet, sondern das Telefon, sein Telefonbuch legendär. „Wenn Hermann rief, sind alle aufgestanden“, sagt Loomans.

"Rolfi" ist heute das Maskottchen des KCK - natürlich eine Hommage an den legendären Sitzungspräsidenten Rolf Braun. - Foto: KCK
„Rolfi“ ist heute das Maskottchen des KCK – natürlich eine Hommage an den legendären Sitzungspräsidenten Rolf Braun. – Foto: KCK

„Er konnte auch richtig nerven und penetrant sein, wenn er etwas erreichen wollte“, erinnert sich Loomans schmunzelnd. Legendär war auch sein karitatives Engagement, etwa bei der Mainzer Herzstiftung oder wie 2020, als er als Ideengeber einer Nostalgiesitzung in der Mainzer Fastnacht 40.000 Euro zugunsten des Kinderschutz-Zentrums Mainz und des Fördervereins für Tumor- und Leukämiekranke Kinder sammelte. „Er hat viel, viel Gutes getan und erreicht“, betont Loomans.

In der Fastnacht war Becker Jahrzehntelang Mitglied verschiedener Vereine, unter anderem im Großen Rat des KCK. Rolf Braun, der legendäre Sitzungspräsident von „Mainz bleibt Mainz“ und Hermann Becker seien sehr eng miteinander befreundet gewesen, „die sind fast täglich miteinander essen gegangen“, erinnert sich Loomans. Becker habe aber schon viele Jahre Herzprobleme gehabt, Anfang des Jahres sei er wegen einer erneuten Operation ins Krankenhaus gekommen. Doch beim Einbau einer neuen Herzklappe sei es zu Komplikationen gekommen.

Zu „Mainz bleibt Mainz“ 2023 konnte Becker schon nicht mehr kommen, Freitagnacht verstarb Becker im Alter von 80 Jahren. Damit hat sich ein weiterer aus der Riege der Nachkriegs-Generation in Mainz verabschiedet, die jahrzehntelang die Stadt prägten – wie Jürgen Dietz, Joe Ludwig, Rudi Henkel, Herbert Bonewitz oder eben auch Rolf Braun. „Wir werden ihn sehr vermissen, und denken nun besonders an seine Frau Karin“, sagte Loomans, und fügte hinzu: „Da, wo er jetzt hingeht, warten schon sehr viele Freunde auf ihn.“

Info& auf Mainz&: Links im Internet zu Hermann Becker – gibt es nicht. Deswegen legen wir Euch einfach unsere große Republik Fastnacht auf Mainz& ans Herz, die Ihr unter Narretei& findet. Dort findet ihr natürlich auch Berichte zu Mainz bleibt Mainz und zum KCK. Zum KCK im Internet geht es hier entlang.