Die Zahl der Verspätungslandungen am Frankfurter Flughafen hat auch im zweiten Halbjahr 2019 weiter angehalten. Nach den Statistiken des hessischen Verkehrsministeriums gab es im Dezember 2019 insgesamt 31 verspätete Landungen nach 23.00 Uhr, im November 2019 waren es 14, im Oktober 36, im September allerdings noch 54. Insgesamt blieben im Jahr 2019 nach Auswertungen von Fluglärm-Gegnern nur 101 von 365 Nächten ohne Flugbewegungen, das waren 27 Prozent mehr als 2018. Die Zahl der einzelnen Nachtflüge nach 23.00 Uhr nahm aber um 28,5 Prozent ab auf 1.170 verspätete Nachtflüge. Derweil bekräftigen die Fluglärmforscher der Mainzer Universitätsmedizin noch einmal: Nächtlicher Lärm verursacht im menschlichen Körper deutlich mehr Schäden als Lärm am Tag.
Das Thema verspätete Landungen bewegte die Region vor allem im Jahr 2018 stark, als offiziell 1098 Verspätungslandungen am Frankfurter Flughafen gezählt wurden. Der Negativrekord heizte die Debatte um das Nachtflugverbot erneut, Bürgerinitiativen kritisierten, das eigentlich zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr morgens geltende Flugverbot franse aus und werde „löcherig wie ein Sieb.“ Das hessische Verkehrsministerium versprach Abhilfe, tatsächlich sanken die Zahlen im Jahr 2019: Die von Anti-Fluglärm-Aktivisten betriebene Internetseite laermverschmutzung.de zählte 2019 insgesamt 1170 Nachtflugbewegungen, das seien 28,5 Prozent weniger gewesen als 2018, als man 1636 Nachtflüge nach 23.00 Uhr zählte.
Die Zahlen der Lärmzähler liegen höher, weil die Fluglärmgegner für ihre Statistik nicht nur die Zahlen des hessischen Verkehrsministeriums auswerten, sondern auch Daten des Umwelt- und Nachbarschaftshauses Frankfurt, sowie des privat betriebenen Deutschen Fluglärmdienstes (DFLD) einbeziehen – einem hochgradig renommierten Portal, das Flugbewegungen erfasst und Flugspuren sowie Flugstatistiken erstellt.
Trotz sinkender Zahlen – Entwarnung ist damit noch nicht gegeben: Laut laermverschmutzung.de waren damit auch 2019 noch nur 101 von 365 Nächten ganz frei von nächtlichem Fluglärm – das waren 22 Nächte mehr als 2018. Insgesamt erlebten die Menschen im Rhein-Main-Gebiet damit nur 27 Prozent nachtfluglärmfreie Nächte, in Monaten wie August und September waren es gar nur zehn oder 13 Prozent der Nächte, an denen es keine nächtlichen Flugbewegungen gab.
Verkehrslärm in der Nacht schädige das Herz des Menschen aber mehr als am Tag, betonen derweil die Forscher des kardiologischen Zentrums der Universitätsmedizin Mainz. Eine neue internationale Übersichtsstudie zeige nun auf, „dass insbesondere eine gestörte Nachtruhe das Risiko erhöht, dass sich eine Herz-Kreislauf-Erkrankung entwickelt“, teilten die Forscher um den Mainzer Kardiologen Thomas Münzel mit. Wesentliche Einflussfaktoren in diesem Prozess seien die Bildung von freien Radikalen – oxidativer Stress – sowie Entzündungsreaktionen in Gehirn, Herz und Gefäßen.
In der Studie untersuchten Mainzer Kardiologen gemeinsam mit dem Krebsinstitut Dänemark sowie dem Schweizerischen Tropen- und Public Health–Institut, welche Folgen Nachtlärm auf das Herz-Kreislauf-System sowie Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes hat. Dafür wurde eine Vielzahl von aktuellen Forschungsergebnissen inklusive der Mainzer Lärmwirkungsstudien anaylsiert, die Ergebnisse in einem Übersichtsartikel zusammengefasst. Und dabei stellten die Forscher fest: Durch Verkehrslärm verursachter zu kurzer oder häufig unterbrochener Schlaf erhöht das Risiko, zukünftig eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln.
Lärm sei zwar schon insgesamt schädlich für den Menschen, nächtlicher Lärm aber sei deshalb besonders schädlich, weil er zu einer Störung der inneren Uhr führe – die aber sei ein wichtiges Regulationssystem unseres Körpers, denn sie steuert abhängig von der Tageszeit einen Großteil der funktionellen, metabolischen und biologischen Parameter unseres Organismus. Körpertemperatur, Blutdruck, Gedächtnisleistung oder auch Appetit, Energiehaushalt oder zahlreiche Hormone und das Immunsystem – wie der Körper all dies regelt, hängt davon ab, ob es Tag oder Nacht ist.
In ihren Analysen stellten die Forscher nun fest: Vor allem Nachtlärm erhöht den Blutdruck, steigert die Ausschüttung von Stresshormonen und lässt die Gefäße steifer werden – allesamt wichtige Einflussfaktoren auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wurde bei den Patienten bereits eine Herzerkrankung festgestellt, sind insbesondere die durch Nachtfluglärm verursachten Gefäßschäden deutlich ausgeprägter. Ebenfalls medizinisch relevant seien aber auch psychische Erkrankungen wie Depression und Angststörungen, die als Folge der negativen Emotionen hinsichtlich des Nachtlärms auftreten könnten. „Gerade wenn die Betroffenen schon Lärmerfahrung haben, zeigen die Gefäße vermehrt größere Schäden auf“, betonen die Forscher. Der Körper, und hier insbesondere die Gefäße, gewöhnen sich nicht an den Lärm – so die Schlussfolgerung der Wissenschaftler.
„Die Lärmwirkungsforschung hilft uns mehr und mehr zu verstehen, wie Lärm herzkrank macht“, betonten Münzel und sein Teamkollege, Professor Andreas Daiber: „Wir halten es künftig für wesentlich, dass Lärm als wichtiger Herzkreislaufrisikofaktor anerkannt wird.“ Zudem fordern die Mediziner, dass die WHO-Richtlinien in EU-Lärmgesetze aufgenommen werden, die dafür sorgen, dass die Lärmgrenzen für den Tag und für die Nacht eingehalten werden müssen. Politik und Entscheider vor Ort „sollten darauf hinwirken, dass die gesetzlich definierte Nachtzeit von 6.00 bis 22.00 Uhr lärmfrei bleibt“, fügten sie hinzu. Die neuen Erkenntnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Annual Review of Public Health“ veröffentlicht.
Info& auf Mainz&: Mehr zur schädlichen Wirkung von Lärm auf Herz und Gefäße haben wir hier auf Mainz& berichtet, das Thema Nachtflüge im Jahr 2018 haben wir hier zusammengefasst. Die Internetseite Laermverschmutzung.de findet Ihr genau hier, die Zahlend es hessischen Verkehrsministeriums zu nächtlichen Verspätungslandungen könnt Ihr hier abrufen.