Seit Jahren kommt eine professionelle Präsentation des reichen römischen Erbes in Mainz nicht voran: Das vor 30 Jahren ausgegrabene Römische Bühnentheater, der Drususstein auf der Zitadelle, die römische Wasserleitung in Mainz-Zahlbach – viele dieser historischen Schätze werden unter Wert präsentiert. Immer wieder hatte Kultur- und Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) neue Konzepte versprochen, geschehen ist: nichts. Nun soll ein neuer „Koordinierungsrat“ bei der Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes zur Präsentation des Römischen Mainz helfen. Die Federführung hat die Gebäudewirtschaft Mainz, dabei hatte die Kenia-Koalition einen neuen Geschäftsbereich „Historisches Erbe“ beschlossen.

„Römisches Theater am Südbahnhof soll wieder lebendig werden“, das schrieb die Internetzeitung Mainz& – es war der 24. Mai 2016. Man wolle „mehrere Planungsbüros aufrufen, Ideen und Vorschläge“ für eine professionelle Präsentation und Gestaltung des antiken Theaterrundes oberhalb des Mainzer Südbahnhofs zu entwickeln, sagte damals Kultur- und Baudezernentin Marianne Grosse (SPD). Sitzreihen für Zuschauer, eine Überdachung – das Theater sollte endlich wieder zugänglich und nutzbar gemacht werden.
Neun Jahre später ist davon noch immer nichts zu sehen. Im Juni 2023 kündigte Grosse bei einem von der Initiative Römisches Mainz (IRM) im antiken Theater organisierten Konzert euphorisch an: Die Ergebnisse des Architekturwettbewerbs zur Belebung und zum Erhalt des antiken Theaters seien „in Reichweite“ – vorgestellt sind sie bis heute nicht. Im September 2024 hatte die „Unsichtbare Römergarde“ gemeinsam mit dem ehemaligen Mainzer Denkmalschutzexperten Hartmut Fischer und dem Ex-Kulturdezernent von Mainz, Peter Krawietz (CDU) dann Alarm geschlagen: Das Römische Erbe werde völlig vernachlässigt, ein Gesamtkonzept gebe es bis heute nicht. Und: Die Gruppe legte eine Liste von 32 vernachlässigten historischen Denkmälern vor.
Kenia: „Historisches Erbe“ für CDU – Abschied vom Stadtkurator?
Im Vorfeld der Kommunalwahl vor einem Jahr hatte der Chef der „Unsichtbaren Römergarde“, Christian Vahl, zudem die Idee einer Römischen Stadtkuratorin aufgeworfen, die Politik hatte das Thema dankbar aufgegriffen – im Koalitionsvertrag der neuen Kenia-Koalition heißt es, man wolle „die Wahrnehmung des römischen Erbes“ ausbauen und für eine zeitgemäße, attraktive Vermittlung sorgen“. Der Bereich „Historisches Erbe“ wird dabei der CDU zugeordnet und als eigenständiger Themenbereich benannt – wie genau das aussehen soll, und ob das womöglich einen eigenen ehrenamtlichen Dezernenten für diesen Bereich bedeutet, ist bis heute unklar. Die CDU-Dezernenten sollen im Laufe des Jahres 2025 ernannt und gewählt werden, als wahrscheinlicher Termin gilt der Mai.

Klar war damals schon: Die Gebäudewirtschaft Mainz intervenierte hinter den Kulissen gegen eine eigene Stadtkurator-Stelle. Man habe mit einem angestellten Archäologen doch schon „eine Stelle für das Projektmanagement Römisches Erbe geschaffen“, die als zentraler Ansprechpartner der Stadt für das Römische Erbe diene, behauptete der damalige GWM-Chef Gilbert Korte. Der Archäologe bei der GWM sollte vornehmlich für den Erhalt der römischen Denkmäler zuständig sein, eine Außenwirkung hatte diese Stelle bislang aber nie entfaltet – und ein eigenes Konzept für die Präsentation und Vermarktung des Römischen Erbes von Mainz gibt es bis heute nicht.
Vahl hatte hingegen betont, ein echter Stadtkurator dürfe eben keine bei einer städtischen Gesellschaft angestellte Person sein, sondern müsse unabhängig und mit eigenen Befugnissen ausgestattet agieren können. Ein Kurator müsse die Befugnis haben, die verschiedenen Dezernate an einen Tisch holen, Lösungen erarbeiten und sie auch umsetzen zu können. „Man bräuchte einen Stadtkurator, der mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet und dem Oberbürgermeister direkt untergeordnet ist“, sagte Vahl im Gespräch mit Mainz&.
GWM und Beirat sollen „Gesamtkonzept Römisches Erbe“ erarbeiten
Vergangene Woche teilte die Stadtverwaltung überraschend mit: Man habe einen „Erarbeitungsprozess“ für ein Gesamtkonzept zur Präsentation des Römischen Mainz gestartet – und zwar unter Leitung der Gebäudewirtschaft Mainz. Der Prozess sei auf zwei Jahre angelegt und bestehe aus mehreren Teilprojekten, die Stadt Mainz werde dabei durch einen so genannten Koordinierungsrat wissenschaftlich beraten – dieser habe nun seine Arbeit aufgenommen. Auffällig bei der Pressemitteilung: Die zuständige Dezernentin Marianne Grosse lässt sich persönlich nicht nennen, die Leitung des Projekts soll nun beim Projektmanagement Römisches Erbe der Gebäudewirtschaft Mainz liegen.

Weiter heißt es: „Die Beratung durch ein externes Expertengremium ist dabei angelehnt an den Planungs- und Gestaltungsbeirat der Landeshauptstadt Mainz, der dies für die Themen Städtebau und Architektur bereits seit 15 Jahren sehr erfolgreich durchführt.“ Der neue Koordinierungsrat setze sich „neben den beteiligten Fachdienststellen“ der Verwaltung zusammen aus: den Direktionen von Landesarchäologie, Landesdenkmalpflege und Landesmuseum Mainz, dem Leibniz-Zentrum für Archäologie sowie dem Fachbereich Klassische Archäologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Der Beirat solle das Projekt der Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes „wissenschaftlich und didaktisch unterstützen und begleiten“, heißt es weiter – wie oft er tagen wird, sagt die Stadt nicht. Zu den weiteren Sitzungen könnte zudem „themenbezogen zusätzliche Teilnehmer eingeladen werden“, dabei denke man insbesondere an die Mainzplus Citymarketing-Gesellschaft sowie den Mainzer Gästeführerverband in Sachen touristischer Vermarktung. „Selbstverständlich“ werde man auch ehrenamtliche Initiativen beteiligen, betont die Verwaltung weiter, insbesondere die Initiative Römisches Mainz. Diese wolle man „regelmäßig über den Stand der Planungen informieren.“
Grundsätzlich sei „eine wissenschaftlich bezeugte und damit fundierte Präsentation und Vermittlung der römischen Exponate und Denkmäler vorgesehen, um so auf die Bedeutung des römischen Erbes fachgerecht hinzuweisen“, so die Pressemitteilung weiter: „Sowohl die Identifikation der Mainzer Bürgerinnen und Bürger mit ihrer römischen Vergangenheit als auch die Verbreitung des Römischen Mainz als Marke in touristischer Hinsicht werden angestrebt.“
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