Sensation in Mainz: Wurde nun das Amphitheater des antiken Mogontiacum gefunden? Der Internetzeitung Mainz& liegen exklusiv Luftbilder der TRON-Baugrube aus der Mainzer Oberstadt vor, die nahelegen: Hier stand einmal das Amphitheater der antiken Römerstadt – unmittelbar vor den Toren des Legionslagers auf dem Kästrich. Die Fotos einer Webcam wurden Mainz& am 1. April zugespielt, auf ihnen könnten Umrisse des Amphitheaters zu sehen sein, dessen Standort von den Archäologen seit Langem gesucht wird. Welche Faktoren dafür sprechen, und was die GDKE dazu sagt – exklusiv hier bei Mainz&.

Baugrube für das TRON-Forschungszentrum in der Mainzer Oberstadt, Blick einer Webcam in die Grube im Sommer 2024: Liegt hier eine archäologische Sensation? - Foto: gik
Baugrube für das TRON-Forschungszentrum in der Mainzer Oberstadt, Blick einer Webcam in die Grube im Sommer 2024: Liegt hier eine archäologische Sensation? – Foto: gik

Das antike Mogontiacum gehörte zu den wichtigsten Legionslagern der Römer am Rhein, errichtet am strategisch wichtigen Punkt der Main-Mündung und gegründet um das Jahr 13 oder 12 vor Christus vom legendären Feldherrn Drusus. Das Legionslager auf dem Kästrich wurde zum Ausgangspunkt einer pulsierenden Provinzmetropole, der späteren Hauptstadt der Provinz Germania superior. Und die war eine wahre Großstadt: Das Legionslager fasste in seiner Blütezeit rund 12.000 Legionäre, zwischen dem Castrum und dem Rhein entwickelte sich eine blühende Stadt mit Handwerksvierteln, Wohnhäusern reicher Einwohner, mit Tempeln und einem großen Stadthalterpalast.

Gefunden wurden bereits zahlreiche dieser vor gut 2000 Jahren errichteten Bauten – etwa der Aquädukt mit der römischen Wasserleitung im Zahlbachtal oder der Tempelbezirk mit dem Isistempel unter der heutigen Römerpassage. Ganz in der Nähe, im Bereich des Altenheims, vermuten die Archäologen des Stadthalterpalast im Boden unter dem modernen Mainz, wenige Schritte weiter wurden die Reste der riesigen Römerschiffe beim Bau des Hilton gefunden. Und schließlich sind da die Reste des antiken Bühnentheaters, des größten nördlich der Alpen gefundenen Theaterrundes aus der Römerzeit mit Platz für 10.000 Zuschauer.

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Wo stand das Amphitheater des antiken Mogontiacum?

Doch was die Forscher bislang nicht entdeckt hatten, war ein Bau, den es mit Sicherheit früher gegeben hat: „Mogontiacum hatte in jedem Fall auch ein Amphitheater für Spiele“, verriet der frühere Mainzer Landesarchäologe Gerd Rupprecht einmal im Gespräch mit Mainz& – das sei ein unverzichtbarer Bestandteil einer Legionsstadt gewesen. Nur: wo dieses Amphitheater liegen könnte, war bislang ein Rätsel – bis jetzt. Auf Luftaufnahmen entdeckte die Internetzeitung Mainz& am heutigen 1. April rätselhafte Strukturen im Schlamm der TRON-Baugrube, die nur einen Schluss nahelegen: Hier stand einmal das Amphitheater des antiken Mogontiacum!

Mysteriöse Strukturen im Schlamm sind auf dieser Aufnahme einer Webcam von der TRON-Baustelle im Sommer 2024 zu erkennen: Stand hier einst ein römisches Amphitheater? - Screenshot: gik
Mysteriöse Strukturen im Schlamm sind auf dieser Aufnahme einer Webcam von der TRON-Baustelle im Sommer 2024 zu erkennen: Stand hier einst ein römisches Amphitheater? – Screenshot: gik

Entstanden sind die Luftaufnahmen irgendwann zwischen April und Juni 2024 von einer Webcam, die von der Augenklinik der Mainzer Universitätsmedizin aus in die Baugrube an der Oberen Zahlbacher Straße gerichtet ist. Anfang April 2024 war hier der Spatenstich für das neue TRON-Krebsforschungszentrum begangen worden, im August 2024 stellte die Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) nach langem Rätselraten der Öffentlichkeit  sensationelle Funde aus dem antiken Mainz vor: Die Reste der antiken Lagervorstadt mit Dutzenden von Mauerresten von Wohnhäusern, Lagerbauten und Tavernen.

Doch was bislang niemand wusste: In den Wochen davor filmte die Webcam auf dem benachbarten Hochhaus über Wochen hinweg markante Strukturen im Bausand. Die völlig regelmäßig im Kreis angeordneten Strukturen erinnern an die Fundamente und Kelleranlagen des Kolosseums in Rom, auf denen sich einst die Arena mit ihrem runden Bühnenboden erhob, umgeben von den steil aufragenden Sitzreihen. Sogar zickzackförmige Strukturen und eine Art gangförmiger Eingang zu dem Rund – ganz wie auch beim Kolosseum – sind auf den Fotos erkennbar.

Kleinere Amphitheater auch von anderen Städten bekannt

Das Amphitheater hätte in der Antike genau vor den Toren des Legionslagers, und mitten in der antiken Lagervorstadt gelegen – ein idealer Standort für die Legionäre. Ein besonders großes Amphitheater wäre der Bau in Mainz allerdings nicht gewesen, doch kleinere Amphitheater sind auch aus anderen römischen Provinzen belegt – wie etwa dem spanischen Tarragona. Fanden also auch hier in Mainz Tierhatzen und Gladiatorenkämpfe zur Belustigung von Legionären und Bevölkerung statt? Womöglich gar Seeschlachten mit Booten?

Das römische Amphitheater im spanischen Tarragona: Klein und inmitten von Bebauung gelegen-. - Foto: Stadt Tarragona
Das römische Amphitheater im spanischen Tarragona: Klein und inmitten von Bebauung gelegen-. – Foto: Stadt Tarragona

Undenkbar wäre das nicht, müsste doch in unmittelbarer Nähe zu dem jetzigen Fundort auch das Ende der römischen Wasserleitung liegen, die über den Aquädukt über das Zaybachtal frisches Wasser von den Finther Quellen zum Legionslager brachten. „Über die Cannabae ist wenig bekannt“, sagt auch der Vorsitzende der Initiative Römisches Mainz (IRM), Christian Vahl: „Das ist von höchstem Forschungsinteresse.“

In den Cannabae habe es Heiligtümer gegeben, Tempelanlage, „dort grenzte eine riesige Thermenanlage an, die 1901 schon einmal ausgegraben wurde“, berichtet Vahl. Und über die Wasserleitung seien ja große Mengen Wasser auf den Kästrich geflossen und zur Therme geleitet worden. „Aber wo sind die hin? Das ist bisher ungelöst“, sagt Vahl. Es war die „Unsichtbare Römergarde“, deren Präsident Vahl zu dem Zeitpunkt war, die im Juni 2024 auch die ersten römischen Mauerreste in der Baugrube entdeckte und fotografierte – erst diese Entdeckung brachten die GDKE dazu, über die Römerfunde in der Oberstadt zu informieren.

Die rätselhaften Strukturen in der TRON-Baugrube einige Tage später, mit Wasser gefüllt: Amphitheater oder Bagger-Spuren? - Screenshot: gik
Die rätselhaften Strukturen in der TRON-Baugrube einige Tage später, mit Wasser gefüllt: Amphitheater oder Bagger-Spuren? – Screenshot: gik

Welches Geheimnis also bergen die jetzt von Mainz& exklusiv enthüllten Strukturen im Sand? Was genau zeigen die Strukturen – und was ist aus ihnen geworden? Bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) hüllt man sich derweil in Schweigen: GDKE-Direktorin Heike Otto wollte den Sensationsfund eines Amphitheaters in der Mainzer Oberstadt nicht bestätigen.

Die abgebildeten Strukturen im Schlamm seien schnöde Abdrücke von Baggern in der Baugrube, die sich durch den vielen Regen des Frühjahrs tief eingedrückt hätten, behauptete Otto. Von Baggern ist auf dem Film der Webcam allerdings nie etwas zu sehen – Mainz& bleibt dran! Wir fragen am 2. April noch einmal nach…

Info& auf Mainz&: Mehr zu den römischen Funden in der Mainzer Oberstadt lest Ihr hier bei Mainz&.