[gspeech-button] Fünf Wochen nach dem Tod von Justizminister Herbert Mertin (FDP) steht nun sein Nachfolger fest: Philipp Fernis, Fraktionschef der FDP im Mainzer Landtag, soll neuer Justizminister von Rheinland-Pfalz werden. Ein kleiner Parteitag der FDP einigte sich am Montagabend auf diese Lösung. Fernis muss am Mittwoch vom Mainzer Landtag bestätigt werden, und wird im Fall seiner Wahl anschließend vereidigt. Der neue Minister wird sich auch ungelösten Fragen zum Ermittlungsverfahren in Sachen Ahrflut stellen müssen. Mit der Personalie hat die FDP auch ein Stück weit ihren internen Machtkampf gelöst. Danach soll Wirtschaftsministerin  Daniela Schmitt (FDP) trotz scharfer Kritik an ihr nun neue Landesvorsitzende werden.

Der bisherige Fraktionschef der FDP im Mainzer Landtag, Philipp Fernis, soll neuer Justizminister von Rheinland-Pfalz werden. - Foto: gik
Der bisherige Fraktionschef der FDP im Mainzer Landtag, Philipp Fernis, soll neuer Justizminister von Rheinland-Pfalz werden. – Foto: gik

Der 1958 in Chile geborene Herbert Mertin war 16 Jahre lang mit Unterbrechung Justizminister von Rheinland-Pfalz gewesen, erst unter Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), später unter dessen Nachfolgerin Malu Dreyer in deren Ampel-Koalition. Am 21. Februar 2025 war Mertin mit nur 66 Jahren völlig überraschend bei einem beruflichen Termin in Koblenz zusammengebrochen und verstorben. Sein Tod löste höchste Bestürzung aus, Mertin galt als prägende Persönlichkeit und leidenschaftlicher Kämpfer für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

Das Vorschlagsrecht für seine Nachfolge hatte die rheinland-pfälzische FDP, die aber tat sich mit der Nachfolgeregelung schwer: Der Tod Mertins habe die Partei sehr erschüttert, „er hat eine Lücke gerissen“, sagte am Montagabend Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). Erst nach dem Staatsakt zu Ehren Mertins in Koblenz am 14. März wollte die FDP die Nachfolge regeln – doch zu diesem Zeitpunkt tobte in der rheinland-pfälzischen FDP bereits der Machtkampf um die Nachfolge des zweiten FDP-Schwergewichts: Bundesverkehrsminister Volker Wissing, der am 7. November 2024 nach dem Bruch der Berliner Ampel in einem bislang einmaligen Paukenschlag im Amt geblieben und aus der FDP ausgetreten war.

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Machtkampf in der FDP Rheinland-Pfalz gleich mit gelöst

Seither stellte sich in der rheinland-pfälzischen FDP die Frage, wer die Liberalen in die kommende Landtagswahl im März 2026 führen sollte – und gegen Ministerin Schmitt regte sich Wiederstand. Der Wirtschaftsministerin wird schon seit Längerem aus den eigenen Reihen vorgeworfen, sie agiere viel zu blass im Amt, bleibe politisch zu „unsichtbar“ und sei in wichtigen inhaltlichen Positionen geradezu „abgetaucht“ gewesen. Der SWR berichtete gar, in der FDP gebe es eine Gruppe, die massiv Druck auf Schmitt ausübe, auf den Parteivorsitz und sogar auf ihr Amt als Wirtschaftsministerin zu verzichten.

Einigten sich im Machtkampf der FDP Rheinland-Pfalz (von ,links): Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt, Fraktionschef Philipp Fernis und Parteivize Carina Konrad. - Foto: gik
Einigten sich im Machtkampf der FDP Rheinland-Pfalz (von ,links): Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt, Fraktionschef Philipp Fernis und Parteivize Carina Konrad. – Foto: gik

Zu dieser Gruppe sollten der FDP-Fraktionsvorsitzende Philipp Fernis, Schmitts eigener Wirtschafts-Staatssekretär Andy Becht sowie die FDP-Parteivize und bisherige Bundestagsabgeordnete Carina Konrad gehören. Kommenden Samstag will die FDP auf einem Parteitag in Mainz die Frage des Landesvorsitzendes lösen, bis Sonntag warb noch unklar, wie der Machtkampf ausgehen würde: Fernis hatte angedeutet, er könne selbst antreten – und ließ sich in Interviews zitieren, er „spiele nicht im Team Schmitt.“

Am Montag dann wurde auf einem kleinen Parteitag – bei der FDP Landeshauptausschuss genannt – hinter verschlossenen Türen offenbar Klartext geredet. Dabei gelang es aber eben auch, ein Personalpaket zu schnüren, mit dem der Machtkampf befriedet werden soll. Die Lösung lautet nun: Der bisherige Fraktionschef im Landtag, Philipp Fernis, wird neuer Justizminister, für den gebürtigen Mainzer ist das ein folgerichtiger Schritt: Fernis war bereits von 2016 bis 2021 unter Mertin Staatssekretär im Justizministerium. Für ihn sei es „eine besondere Freude und eine große Ehre“, als Minister in das Justizministerium zurückzukehren, sagte Fernis denn auch.

Philipp Fernis: Jurist, Staatssekretär, Liberaler, Mainzer

Der 43 Jahre alte Fernis wurde in Mainz geboren und ging hier zur Schule, in Mainz studierte er auch Rechtswissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität. Nach der Zweiten Juristischen Staatsprüfung war Fernis zunächst als Rechtsanwalt tätig, bevor er als Jurist beim Statistischen Bundesamt in Wiesbaden arbeitete, zuletzt als Referatsleiter. In die FDP trat er 1998 ein und war zunächst bei den Jungen Liberalen aktiv. Seit 2011 ist Fernis Mitglied des Landesvorstands der FDP Rheinland-Pfalz und seit 2016 Vorsitzender des Bezirksverbands Eifel-Hunsrück.

Rede von Philipp Fernis zum Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe im Ahrtal im Plenum des Mainzer Landtags. - Foto: gik
Rede von Philipp Fernis zum Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe im Ahrtal im Plenum des Mainzer Landtags. – Foto: gik

Nach der Landtagswahl 2021 übernahm er die wichtige Position des Fraktionschefs im Mainzer Landtag und machte sich dort als guter Redner und Rhetoriker einen Namen. In der Ampel-Koalition aber blieb die FDP in den vergangenen Jahren weitgehend blass und setzte auch gerade im Parlament so gut wie keine eigenen Akzente. Im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal stellte Fernis als Obmann der FDP so gut wie nie Fragen an die Zeugen und ließ nahezu jeden Aufklärungswillen vermissen. Bei der Debatte über den Abschlussbericht sagte Fernis jedoch den bemerkenswerten Satz:  „Menschenleben hätten gerettet werden können, das ist eine tragische Erkenntnis“ – und zwar durch rechtzeitige Warnungen der Menschen im Ahrtal.

Im Amt des Justizministers wird sich Fernis dem Ahrtal aber noch einmal stellen müssen: Derzeit läuft noch immer eine Klage von Angehörigen von Flutopfern im Ahrtal gegen das Justizministerium Rheinland-Pfalz wegen Missachtung einer Petition und Verletzung von Rechten bei einer möglichen Nebenklage. Der Anwalt der Familien, Christian hecken, hatte bei der mündlichen Verhandlung schwere Vorwürfe gegen das Justizministerium erhoben, und dabei von möglichen Falschangaben vor Gericht oder aber der Täuschung des Rechtsausschusses des Mainzer Landtags gesprochen.

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Schmitt: „Wir alle kämpfen für das Team FDP Rheinland-Pfalz“

Das Urteil steht noch aus und hatte eigentlich in diesen Tagen verkündet werden sollen. Anwalt Hecken kritisiert zudem, Justizminister Mertin hätte gegen die Einstellung des Strafverfahrens in Sachen Ahrflut intervenieren und die Staatsanwälte wegen Befangenheit ablösen müssen – Mertin hatte dies stets zurückgewiesen. Doch locker lassen werden die Angehörigen nicht: Sie fordern weiter eine Aufarbeitung der Versäumnisse in der Flutnacht vor einem Gericht und planen, dafür auch ein Klageerzwingungsverfahren anzustrengen. Der neue Justizminister wird sich mit dieser Thematik befassen müssen.

Fröhliche Gesichter am Montagabend bei Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt und dem designierten Justizminister Philipp Fernis. - Foto: gik
Fröhliche Gesichter am Montagabend bei Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt und dem designierten Justizminister Philipp Fernis. – Foto: gik

Schmitt betonte nun am Montagabend, die FDP habe „bewegte Zeiten“ hinter sich, jetzt gelte es, „Vieles hinter sich zu lassen.“ Man habe eine Landtagswahl in einem Jahr vor sich „und noch viel vor“, betonte die Ministerin. Deshalb sei es am Montag nicht nur um die Neubesetzung des Justizministeriums gegangen, sondern „um eine Neuaufstellung, damit wir auch in Zukunft die Politik in Rheinland-Pfalz weiter mitgestalten können.“

Schmitt räumte zugleich ein, es habe „schwierige Situationen“ gegeben, aber es gehöre auch „zur Verantwortung, dass man Lehren daraus zieht.“ Man habe gemeinsam der Partei „das Angebot gemacht, dass wir gemeinsam Verantwortung“ für die Zukunft tragen wollen. „Wir alle hier vorne kämpfen für das Team Rheinland-Pfalz“, betonte Schmitt, und dazu bringe jeder einzelne „ganz unterschiedliche Fähigkeiten und auch Typen mit, das stellt eine Bereicherung dar.“

Schmitt soll nun Landesvorsitzende der FDP RLP werden

Auf dem Podium saßen dabei auch Staatssekretär Becht und Parteivize Konrad, denen zuvor ja nachgesagt worden war, Schmitt als neue Parteichefin verhindern zu wollen. Die aber setzte sich nun durch: „Wir haben alle Daniela Schmitt unsere Unterstützung zugesichert“, sagte Fernis. Es gebe „ein Team Freie Demokraten“, das aber in den vergangenen Wochen „nicht so zusammengearbeitet hat, wie es sollte“, räumte auch Fernis ein: „Genau daran haben wir heute gearbeitet, und genau in diesem Geist haben wir an einem Paket gearbeitet.“ Es sei „ein gutes Zeichen“, dass die FDP nun nach turbulenten Wochen zu Geschlossenheit und Sachorientiertheit zurückkehre.

Auch Konrad betonte, Schmitts Kandidatur für den Landesvorsitz sei die einzige, von der man jetzt wisse. „Für diese Reihe kann ich sagen: wir stehen hinter ihr“, versicherte sie mit Blick auf das Podium der Pressekonferenz. Es sei „für dieses Land von entscheidender Verantwortung, wenn liberale Ideen und Gedankengut mit einfließen in landespolitische Entscheidungen“, die FDP Rheinland-Pfalz wolle auch dafür sorgen, dass „wir von hier wieder in der Bundespolitik mitspielen“, unterstrich sie. Sie sei „stolz“, dass es gelungen sei, „schwierige Entscheidungen zu einem guten Ende zu führen.“

Justiz-Staatssekretär Matthias Frey bleibt genau das - der FDP-Politiker wäre selbst gerne Minister geworden. - Foto: gik
Justiz-Staatssekretär Matthias Frey bleibt genau das – der FDP-Politiker wäre selbst gerne Minister geworden. – Foto: gik

Nicht entschieden ist dabei aber offenbar die Frage nach der Spitzenkandidatur der FDP für die Landtagswahl 2026: „Das war überhaupt nicht Thema“, wiegelte Schmitt ab. Die Partei bereite sich „Schritt für Schritt“ für die nächsten Aufgaben vor. Die nächsten Schritte folgen schon diese Woche: Am Mittwoch muss der Landtag Fernis als Justizminister wählen, Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) ihn dann ernennen. Staatssekretär im Justizministerium bleibt Matthias Frey, der wohl ebenfalls gerne Minister geworden wäre.

Frey betonte, ihn verbinde mit Fernis seit vielen Jahren eine echte Freundschaft. „Ich denke, wir sind ein gutes Team für die Justiz“, sagte der Richter. Er selbst komme aus der Justiz und dem operativen Geschäft, Fernis sei „ein politisches Talent“. Offen ist damit zudem noch die Frage, wer Fernis als Fraktionschef nachfolgt – als mögliche Kandidaten werden Fraktionsvize Steven Wink und der Parlamentarische Geschäftsführer Marco Weber gehandelt. Der Landwirt Weber ist allerdings auch noch Präsident des bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Machtkampf in der FDP Rheinland-Pfalz haben wir hier auf Mainz& berichtet. Unseren ausführlichen Nachruf auf Herbert Mertin könnt Ihr noch einmal hier auf Mainz& lesen.