Die Wände energetisch löchrig, die Bausubstanz marode – die Bürgerhäuser in Mainz sind ein Trauerspiel. Die Bauten aus den 1960er Jahren bröckeln wie so viele ihrer Generation vor sich hin – das Bürgerhaus Hechtsheim musste bereits wegen Baufälligkeit geschlossen werden. Nun legte die Stadtspitze von Mainz endlich einen Plan zur Abhilfe vor: Hechtsheim und Finthen bekommen neue Bürgerhäuser, das Haus auf dem Lerchenberg wird saniert, auch die Töngeshalle in Ebersheim und das Kulturheim in Weisenau bekommen ein Facelift. Fertig sein soll all das bis Ende 2018 – die Stadt will eigens eine neue Bürgerhaus GmbH & Co. KG als Besitz- und Betreibergesellschaft gründen.

Das längst überfällige Neubau- und Sanierungsprogramm macht ein dicker Scheck vom Land Rheinland-Pfalz möglich: 25 Millionen Euro erhält die Stadt aus dem Kommunalen Investitionsprogramm, das Geld kommt zum Großteil vom Bund, versehen mit Landesanteilen. Klar war das bereits Mitte 2015, der Stadtrat beschloss dann im September 2015, das Geld für die Sanierung der Rheingoldhalle sowie für die maroden Bürgerhäuser zur Verfügung zu stellen. Am 23. Februar seien die Gespräche über die Planungen abgeschlossen worden, verteidigte Bürgermeister Günter Beck (Grüne) die Vorstellung der Pläne Anfang dieser Woche.

Voller Saal i Bürgerhaus Finthen bei AfD
Charme der 1970er Jahre und ebenso veraltet: Bürgerhaus in Mainz-Finthen – Foto: gik

Finthen, Hechtsheim und Lerchenberg: je 5 Millionen Euro

Und so sieht die Verteilung aus: Die Bürgerhäuser Finthen, Hechtsheim und Lerchenberg bekommen je fünf Millionen Euro. Hechtsheim und Finthen werden abgerissen und neu gebaut, das Bürgerhaus auf dem Lerchenberg hingegen ertüchtigt. Auch Weisenau und Ebersheim können sich freuen: Das Kulturheim in Weisenau wird für rund drei Millionen Euro erneuert, die Töngeshalle bekommt für zwei Millionen Euro Sanierungsarbeiten. Ab Aschermittwoch 2017 sollen die Bagger rollen – für die Fastnachtskampagne 2018 müssen sich die Vereine deshalb nach Ersatz umsehen.

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Er wisse, dass das für Kritik sorgen werde, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am Dienstag, „aber da müssen wir jetzt durch“ – die Stadt habe eben keine Ersatzbürgerhäuser. Und man könne eben nicht „die Küche sanieren und gleichzeitig Gäste einladen“, sagte der OB: „Es wird Einschränkungen geben, da wird es zwischendurch ein bisschen wackeln.“ Aber dafür, betonte Ebling, habe die Stadt am Ende sanierte oder gar neue Bürgerhäuser für die kommenden 30 Jahre – und das grenzt fast schon an ein Wunder 😉

Kommunalaufsicht verbot Sanierung der „Klapperbuden“

Bürgerhaus Hechtsheim - Foto ÖDP
Das Bürgerhaus in Hechtsheim – Foto: ÖDP

Der jahrelange Sanierungsstau nämlich machte aus den einst stolzen Errungenschaften der 1960er und 1970er Jahre Zug um Zug veraltete „Klapperbuden“, wie Ebling sie nannte. Die Stadt wiederum habe zwar investieren wollen, aber nicht dürfen – erklärte Ebling – die Kommunalaufsicht ADD, die ja bekanntlich noch immer den Haushalt der überschuldeten Stadt genehmigt, habe die Sanierung der Bürgerhäuser als „freiwillige Leistung“ angesehen und deshalb nicht genehmigt. „Für mich ist das ein substanzieller Auftrag der Stadt und keineswegs eine freiwillige Leistung“, betonte Ebling, aber die Aufsicht sei davon nicht zu überzeugen gewesen – so sei man „sehenden Auges in die Katastrophe gelaufen.“

Nun aber soll damit Schluss sein – Dank des Geldregens von Bund und Land. Die Bürgerhäuser von Hechtsheim und Finthen sollen nun neu gebaut werden, wie das am Ende aussehen wird, das sollen nun Architekten der Stadt entwerfen. Die Struktur und Größe der jetzigen Bauten soll aber so bleiben, das Ergebnis werde am Ende am ehesten „rechteckig, praktisch, gut“ sein, sagt Ebling. Ob in die Bürgerhäuser wieder eine Kegelbahn einzieht, welche Räume es genau geben wird – das ist alles noch unklar.

Fest steht aber: Restaurants wird es in Hechtsheim und Finthen nicht geben. „Die Fördergelder sind nicht dafür vorgesehen, Restaurants zu bauen“, betonte Beck, eine Infrastruktur für Catering solle es aber geben. Das Bürgerhaus auf dem Lerchenberg hingegen sei ein Sonderfall, sei dort doch ein sehr erfolgreiches Restaurant angesiedelt, sagte Beck auch – hier liefen derzeit Gespräche mit dem Pächter was die Sanierung angehe.

Weisenau und Ebersheim: Kernsanierung im Bestand

Kulturheim Weisenau - Foto CCW
Man sieht ihm sein Alter an: das Kulturheim in Weisenau – Foto: CCW

Das Haus in Weisenau hingegen will die Stadt im Bestand sanieren. Bei einem Abriss hätte nur eine wesentlich kleinere Halle errichtet werden dürfen, sagte Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD), deshalb werde das Haus nun teilentkernt der Grundriss neu organisiert, der Bau energetisch saniert und das Innenleben samt technischer Anlagen erneuert sowie die Barrierefreiheit hergestellt. Dabei solle auf der Vorplanung aus dem Jahr 2009 aufgebaut werden, betonte Grosse, derzeit würden Angebote eingeholt. Die Entwurfsplanung soll bereits im Mai fertig sein, mit dem Bau könne dann im 1. Quartal 2017 begonnen werden.

Auch bei der Töngeshalle in Ebersheim kann die Stadt auf Vorplanungen aus 2009 zurückgreifen. Hier ist die energetische Sanierung und die Erneuerung von Brandschutz unabdingbar, die Gebäudetechnik ebenfalls total veraltet, der Bau bisher nicht barrierefrei. „Wir wollen hier eine Hinterbühne als bauliche Ergänzung bauen, die die Auftritte erleichtern soll“, sagte Grosse außerdem. Auch hier sei die Fastnachtskampagne 2017 noch gesichert, danach werde gebaut.

VHS und Rheingoldhalle werden ebenfalls Baustellen

Auch die Volkshochschule in Mainz wird 2017 zur Baustelle: Hier stehen knapp 2,9 Millionen Euro für Umbauten und Sanierungen zur Verfügung. Die hässliche Außen-Rettungstreppe könne dann entfernt werden, betonte Grosse, auch hier stehen Modernisierung und energetische Sanierung an. Die Basis ist eine Konzeptstudie von 2012, der Baubeginn ist für Anfang 2017 geplant.

Rheingoldhalle - Foto gik
Rheingoldhalle: Der angebaute Gutenbergsaal ist hui – der Rest eher pfui… – Foto: gik

Baustelle zum siebten: die Rheingoldhalle. Auch dieser Großbau ist schwer in die Jahre gekommen, das Herzstück der Kongressstadt Mainz muss zudem mit anderen Bauten in der Region mithalten – Wiesbaden baut schließlich gerade hochmoderne neue Rhein-Main-Hallen… „Es ist dringend notwendig, dass wir den Einstieg in die Sanierung schaffen“, sagte deshalb Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP). Auch hier gebe es provisorische Fluchtwege und veraltete Technik, dazu soll die Rheingoldhalle mehr Möglichkeiten bekommen, in kleineren Räumen kleinere Gruppen unterzubringen.

Die Stadt werde aber in jedem Fall eine Schließung der Rheingoldhalle vermeiden, betonte Sitte – in jedem Fall solle der vergleichsweise neue Gutenbergsaal weiter bespielt werden. Seit der Erweiterung habe die Stadt ihre Erträge aus dem Kongressgeschäft übrigens um 230 Prozent gesteigert, betonte der Dezernent. Nun sollen noch einmal 17 Millionen Euro in die Rheingoldhalle investiert werden – 5 Millionen Euro der Landesmittel und dazu 8 Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt. 4 Millionen Euro soll die Stadt-Marketinggesellschaft Mainzplus durch eine höhere Pacht beisteuern.

Eigene Besitz- und Betriebsgesellschaft für Mainzer Bürgerhäuser

Rheingoldhalle mit Jockel-Fuchs-Platz
Die alte Rheingoldhalle vom Rathaus aus gesehen – Foto: gik

Die Rheingoldhalle ist nun auch Vorbild für die Sanierung der Bürgerhäuser: Wie bei der Rheingoldhalle auch, soll nun für die Bürgerhäuser eine eigene Besitz- und Betriebsgesellschaft gegründet werden. „Wir werden dem Stadtrat vorschlagen, eine ‚Mainzer Bürgerhäuser GmbH und Co. KG‘ zu gründen“, sagte Beck. Diese soll als Besitz die Bürgerhäuser Hechtsheim, Finthen und Lerchenberg bekommen und habe die Aufgabe, ein Betreibermodell zu entwickeln und den Bau voranzubringen. Einziger Gesellschafter soll zu 100 Prozent die Stadt Mainz sein, Bürgermeister Beck Geschäftsführer werden.

Denn die Stadt will auch den Betrieb in den Bürgerhäusern optimieren. Eine Untersuchung habe ergeben, dass da noch Luft sei, sagte Beck, die Stadt strebe deshalb eine bessere Auslastung der Räumlichkeiten an. Kinder tagsüber, Jugend am Abend, VHS oder Verein am Wochenende, „das wäre schon eine deutlich bessere Ausnutzung als heute“, beschrieb Beck die Vorstellungen. Bei den Neuplanungen sollten alle Nutzer einbezogen werden, betonte er zudem: Bis zum Sommer sollen nun in Veranstaltungen vor Ort die Bedürfnisse aufgenommen und daraus einen Plan entwickelt und in ein Raumprogramm überführt werden. Und wir dachten, so etwas gibt es längst… 😉

CDU kritisiert Bürgerhausgesellschaft, Hechtsheim an neuem Ort bauen

Die CDU kritisierte hingegen die Gründung einer Betreibergesellschaft als überflüssig: „Es erschließt sich uns nicht, was die Vorteile dieser Maßnahme sein sollen“, sagten CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig und CDU-Kreischef Wolfgang Reichel. In der Stadt sei „nicht umsonst mainzplus Citymarketing“ für Veranstaltungen zuständig, schließlich säßen „dort die Experten und Fachleute.“ Es sei „völlig unklar, wieso sich Finanzdezernent Günter Beck anscheinend für kompetenter hält“ und wie er den jährlichen Zuschussbedarf tatsächlich senken wolle, wenn an anderer Stelle bereits Personal existiere.

Ein Weinberg nördlich von Ebersheim - Foto: gik
Wo im Weindorf Hechtsheim soll das neue Bürgerhaus stehen? – Foto: gik

Auch macht die CDU ein Fragezeichen hinter einem Neubau in Hechtsheim an der selben Stelle wie jetzt: Der Alternativvorschlag des Hechtsheimer Ortsvorstehers Franz Jung (CDU) für ein neues Bürgerhaus inklusive der erforderlichen Kindertagesstätte an anderer Stelle sei „sehr sinnvoll“ – der aktuelle Standort leide schließlich unter Lärmbeschwerden vom nahen Wohngebiet und unter Parkplatzsorgen. „Warum wurde die Mainzer Aufbaugesellschaft (MAG) bereits mit solchen Planungen beauftragt, wenn die Verwaltung dies eigentlich nicht will?“, fragen die beiden Oppositionspolitiker.

Auch stelle man sich die Frage, „was die Verwaltung in den letzten Wochen und Monaten eigentlich konkret gemacht hat“, kritisiert die CDU weiter: Der Zeitplan hätte „längst vorgestellt“ und auch die beabsichtigten Workshops mit den betroffenen Ortsbeiräten und den Vereinen geplant und terminiert sein können. „Die konkrete Vorstellung war längst überfällig“, fügte Schönig hinzu.

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