Die gute Nachricht: Das Mainzer Taubertsbergbad wird wieder ein städtisches Schwimmbad, zum 1. Januar 2018 übernehmen die Mainzer Stadtwerke mit der Mainzer Stadtbad GmbH den Besitz und Betrieb des Innenstadtbades. Die schlechte Nachricht: Der insolvente Altbetreiber Uwe Deyle hinterlässt einen Scherbenhaufen von bis zu 18 Millionen Euro, so hoch summieren sich inzwischen die Schäden am Taubertsbergbad. Das geht inzwischen weit über abfallende Fliesen hinaus: Sauna und Erlebnisbad müssen völlig entkernt und neu gebaut werden, sogar das Dach des Gebäudes ist marode. Doch den Mainzern bleibt das Bad erhalten: Das Sportbad ist weiter geöffnet, auch Sauna und Erlebnisbad sollen wieder öffnen. Nur wann – das weiß derzeit niemand.
Es ist ein Privatisierungsende mit Schrecken: Vier Millionen Euro wird die Sanierung der Technik kosten, zwölf Millionen Euro die Renovierung des Gebäudes, sagte Sport- und Finanzdezernent Günter Beck (Grüne) am Donnerstag. Dazu kommen noch Gelder für die allgemeine Wiederinstandsetzung des Schwimmbads – insgesamt beziffert die Stadt derzeit den Schaden am Taubertsbergbad auf bis zu 18 Millionen Euro. Ob das ausreicht, kann derzeit niemand sagen – Beck erzählte kürzlich vor Journalisten, wie er etwa unter dem Dach des Bads herumkriechend weitere Schäden in Augenschein nehmen musste…
2003 hatte die Stadt Mainz das Taubertsbergbad in die Hände des privaten Betreibers Uwe Deyle gegeben, der baute eine moderne Erlebnislandschaft und eine Sauna ein. Doch in die Instandhaltung investierte Deyle offenbar nur wenig, schon seit Jahren hatten sich die Mängel an dem einzigen Mainzer Innenstadtbad gehäuft: Da fielen Fliesen von den Wänden, Duschen waren marode, Spinde kaputt. Doch das waren nur die nach außen sichtbaren Probleme. Seit die Stadt Ende September wieder Einblick in das Bad bekam, traten immer neue Katastrophen zutage. Der gesamte Bereich des Sauna- und Erlebnisbads ist inzwischen still gelegt, die Einrichtungen müssen vollständig herausgerissen und erneuert werden.
Auf 18 Millionen Euro beläuft sich inzwischen die offizielle Schätzung der Schäden, die Stadt musste bereits 750.000 Euro in die Hand nehmen, um den Weiterbetrieb des Bads zu sichern. Am Mittwoch stellte der Stadtrat weitere 2,5 Millionen Euro bis zum Jahresende für die Sanierungen zur Verfügung – das Bad erweist sich derzeit als Fass ohne Boden. Betreiber Deyle sei offenbar jahrelang seinen Instandhaltungspflichten nicht nachgekommen, heißt es jetzt von der Stadt, wo man sich verteidigt: Man habe aufgrund der Verträge mit Deyle keine Einsichtsmöglichkeiten gehabt und erst Recht keine Handhabe. „Der Vertrag hatte seine Probleme, und die haben zu Schwierigkeiten geführt“, sagte Beck am Mittwoch im Stadtrat, er werde sich aber „nicht in die Debatte einmischen, wer ist schuld.“
Bekanntlich streiten sich bereits seit Jahren Deyle und der damalige Bauunternehmer Dirk Gemünden über die Frage, wer die Mängel am Bau tragen muss. Beck sagte dazu nur, es habe damals nach der Fertigstellung des Neubaus eine Begehung gegeben, bei der Mängel festgestellt und in einem Protokoll festgehalten worden seien. Diese Mängel hätte aus Sicht der Stadt Deyle beheben müssen. Anfang September dann meldete Deyle Insolvenz mit dem Taubertsbergbad an – nachdem er monatelang einfach abgetaucht war. Nach der Insolvenz kam für die Stadt das böse Erwachen, die List der Schäden an Gebäude, Becken und Einrichtung wird immer länger.
Trotzdem beschlossen Stadtspitze und Stadtrat nun, das Taubertsbergbad künftig unter städtischer Ägide weiterzuführen, alle Versuche, einen neuen privaten Betreiber zu finden, zerschlugen sich. Er habe mit privaten Badbetreibern gesprochen, auch mit dem Schwimmverein Mombach, sagte Beck, selbst am Rande des Städtetags habe er mit Schwimmbad-Experten über die Bäderlandschaft in Deutschland diskutiert. Am Ende entschied sich die Stadt, das Schwimmbad zu rekommunalisieren – offenbar war dies die wirtschaftlichste Variante. Auch will man sich keinen neuen Probleminvestor in die Stadt holen. „Uns ist gelungen, dass dieses Bad trotz Insolvenz nicht geschlossen wurde“, betonte Beck, und Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) ergänzte: „Es war eine krisenhafte Situation, die Stadt hat sich schnell entscheiden müssen.“
Die Rekommunalisierung des Schwimmbads sei richtig, betonte Ebling, die Stadt hole sich damit ein Stück Steuerung zurück. Künftig nämlich wird der Mainzer Stadtrat wieder über Zuschuss und Finanzierung entscheiden. Der Besitz und der Betrieb des Bads gehen nun zum 1. Januar 2018 in die Hände der Mainzer Stadtwerke mit der neu gegründeten Tochter Mainzer Stadtbad GmbH. Ebling sprach dabei von dringender „Zukunftssicherung“: „Schwimmbäder erfüllen wichtige Funktionen in einer Stadt, früher hätte man von Volksgesundheit gesprochen“, sagte der OB. Und zwei Schwimmbäder seien nun auch wirklich kein Luxus für eine Stadt mit 210.000 Einwohnern – außer dem Taubertsbergbad gibt es auf Mainzer Gebiet nur noch das Mombacher Schwimmbad, das von einem Schwimmverein sehr erfolgreich betrieben wird.
Für die anstehende Sanierung muss die Mainzer Stadtbad GmbH nun Kredite zwischen 12,5 und 18 Millionen Euro aufnehmen, die Stadt Mainz schießt pro Jahr 1,3 Millionen Euro netto plus Umsatzsteuer hinzu – vorerst. Der Stadtrat erhöhte nun mittels eines Nachtragshaushalts den Zuschuss der Stadt für die Jahre 2018 bis 2020 auf 1,547 Millionen Euro pro Jahr, das ist der Bruttobetrag. „Sobald sich der Geschäftsbetrieb nach den ersten drei Jahren verstetigt hat, soll die Stadt Mainz das Defizit aus dem öffentlichen Badbetrieb ausgleichen“, heißt es weiter. Gutachten zufolge ist der Betrieb des Sportbades nämlich – wie schon immer – defizitär, Erlebnisbad und Saunalandschaft hingegen können rentabel betrieben werden.
Beck sagte deshalb auch, ja, über einen Abriss der maroden Badteile sei kurz nachgedacht, aber als unsinnig verworfen worden: „Es gab tatsächlich mal einen Punk, wo man überlegt hat abzureißen“, sagte Beck am Donnerstag, „betriebswirtschaftlich wäre das aber nicht sinnvoll – wir hätten dann ausgerechnet das Profitcenter abgerissen.“ Geld werde in Erlebnisbad und Sauna verdient, und vor allem die Renovierung der Sauna sei „auf gutem Weg“. Die Fertigstellung hänge allerdings von der Auftragslage der Handwerker ab – die Stadt hat derzeit, wie viele Bauherren, das Problem, dass Handwerker schlicht keine Zeit haben. Pläne und Absprachen seien zwar getroffen, sagte Beck, „aber wir wissen nicht, wann die Handwerker kommen – die strahlen alle nur und sagen, irgendwann.“ Zum Erlebnisbad hieß es hingegen erstmal nur, man werde sich im Januar zusammensetzen „und überlegen, wie es hier weiter geht.“
Die Mainzer Stadtbad GmBH wird nun künftig die Geschäftsbereiche des Schwimmbads in zwei Sparten aufteilen: den öffentlichen Badbetrieb von Hallen- und Freibad und zum anderen den Freizeitbadbetrieb mit Therme, Sauna und Gastronomie. Die Profite aus Letzterem sollen für spätere Investitionen in die Gebäudesubstanz des Bads verwendet werden, heißt es weiter – die Stadt muss indes die Defizite aus dem Sportbadbereich tragen. Gewinne sollen aber zu je 50 Prozent zwischen Bad GmbH und Stadt geteilt werden.
Die rund 45 Mitarbeiter des Taubertsbergbads werden übernommen, die Stadtwerke holten sich zudem fürs Management die Gesellschaft für Entwicklung und Management für Freizeitbetriebe (GMF) aus Neuried ins Boot. Die Firma leitet bundesweit 19 Bäder und rettete schon ein Bad bei Augsburg nach einer Deyle-Insolvenz. Seit 30 Jahren sei die GMF auf den Betrieb von Freizeitanlagen und Bädern spezialisiert, sagte Reiner Pethran von der GMF, man habe pro Jahr rund sieben Millionen Besucher in den eigenen Anlagen. „Wir kennen den Markt und die Region hier sehr gut“, betonte Pethran, und man habe Erfahrung im Retten von Deyle-Bädern: Bei Augsburg habe die GMF ein Deyle-Objekt übernommen und betreibe es heute wirtschaftlich. „Und das sah noch schlimmer aus“, sagte Pethran.
Die GMF soll deshalb nun in Mainz für zwei Jahre die Funktion des Bädermanagers übernehmen. „Wir ergänzen die Erfahrung, die die Mainzer hier haben durch unsere Spezialisierung“, sagte Pethran. „Wir haben ein Bad angetroffen, in dem viele Sachen nicht dokumentiert sind“, seufzte die neue Schwimmbad-Geschäftsführerin Kerstin Stumpf, vielfach müssten Betriebshandbücher völlig neu erstellt werden. Die anstehenden Bauarbeiten würden aber auf jeden Fall „im Bestand“ ablaufen, das Schwimmbad solle unbedingt offen bleiben – das ist auch wichtig für den Schulsport. „Wir reden von einem eingeschränkten Betrieb, der Jahre dauern wird“, sagte Stumpf, auch für das Sportbad werde es „Revisionszeiten geben“. Die sollen aber nach Möglichkeit in den Sommer gelegt werden, wenn das Freibad offen hat. „Das ist eine Herkulesaufgabe“, räumte Stadtwerke-Chef Daniel Gahr ein, die Stadtwerke fühlten sich für die Aufgabe aber gut gerüstet.
Info& auf Mainz&: Wer das Zukunftskonzept für das Mainzer Taubertsbergbad im Detail nachlesen will, wird hier bei der Stadt Mainz in den Unterlagen des Mainzer Stadtrats fündig. Mainz& hatte natürlich über die Insolvenz sowie die Vorgeschichte des Investors Deyle berichtet – einen Bericht dazu findet Ihr unter anderem hier. Mehr zur Gesellschaft GMF findet man hier im Internet.