Man kann es kaum glauben: Am Frankfurter Flughafen findet kommenden Montag schon die 150. Montagsdemo der Fluglärmgegner seit Eröffnung der neuen Nordwest-Landebahn statt. Und das Motto „… und kein bisschen leise!“ ist da gleich doppelt zu nehmen: In der Tat ist es am Himmel über Mainz seither kein bisschen leise mehr und auch nicht leiser geworden. Und die Fluglärmgegner selbst geben auch nicht auf, auch sie sind in all der Zeit kein bisschen leiser geworden. Zur 150. Demo gibt es am 28. September Rheinhessisches: Weck, Worscht und Woi.

Schilder wohin mal sah: 100. Montagsdemo  - Foto: gik
Bunter Protest bei der 100. Montagsdemo im Mai 2014 – Foto: gik

Es war am 21. Oktober 2011, als der Flughafen-Betreiber Fraport die neue Nordwestlandebahn mit Prunk und Glorie einweihte, erster Landegast war niemand Anderes als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Unten am Boden jedoch waren die Menschen fassungslos, wie laut die neue Bahn das Leben am Boden machte.

150 Montagsdemos, 37 Mahnwachen seit dem 14. November 2011

Seit dem 14. November 2011 treffen sich deshalb im Terminal 1 des Flughafens jeden Montag Hunderte vom Ausbau Betroffene zum Protest. Sie haben Banner dabei und Trillerpfeifen, und sie tragen den Lärm dorthin zurück, wo er herkommt: an den Flughafen selbst. Am Montag, den 28. September waren es genau 150 Montagsdemonstrationen, dazu weitere 37 Mahnwachen, all dies mit Reden, mit Diskussions- und Interviewrunden, ja sogar mit gemeinsamem Singen, etwa an Weihnachten oder Fastnacht. Und immer gehört der obligatorische Umzug durch das Terminal 1 dazu.

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„Die Demonstrationen haben in den letzten vier Jahren am Flughafen Geschichte geschrieben“, sagt denn auch Thomas Scheffler vom Bündnis der Bürgerinitiativen. In der Tat: Noch nie gab es in der Bundesdeutschen Republik einen solch lang anhaltenden, ausdauernden Protest. „Politik und Luftverkehrswirtschaft kommen an der Auseinandersetzung mit den kritischen Argumenten nicht mehr vorbei“, bilanziert Scheffler.

Es waren einfach richtig viele: 100. Montagsdemo - Foto: gik
Umzug durchs Terminal 1 – jeden Montag um 18.00 Uhr – Foto: gik

Erfolge der Proteste? Aber ja!

Und auch wenn die Landebahn nicht wieder geschlossen wurde, der Airport weiter eine ganze Region mit einem Lärmteppich überzieht, Scheffler sieht durchaus Erfolge der Montagsdemos: das höchstrichterlich verfügte, wenn auch eingeschränkte Nachtflugverbot, aber auch zeitliche Verzögerungen in den Ausbauschritten. „Wichtiger ist, dass wir mit unseren Argumenten immer wieder Diskussionen um die Notwendigkeit und negativen Folgen des Ausbaus zu einem internationalen Mega-Hub erzwingen“, betont Scheffler.

Und vor allem auch dies ist ein großer Erfolg der Protestierenden: „Das Bewusstsein um die Raumunverträglichkeit des Großflughafens mitten im dichtbesiedelten Rhein-Main-Ballungsraum wächst stetig“, sagt Scheffler. Das führte eben auch dazu, dass der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) mit den Lärmpausen wenigstens ein Bemühen zeigt, dem Flughafen mehr Ruhe abzuringen – der Druck auf die Fraport ist eindeutig gestiegen. Und die feiert nun selbst lärmärmere Flugzeuge als große Errungenschaft, etwas, das vor Jahren noch völlig unwichtig wahr. „Die Politik hätte es in der Hand, etwas grundlegend zu ändern“, sagt Scheffler, „aber es fehlt der politische Wille.“

„Kämpfen weiter, kein bisschen leise!“

Demonstrant mit Flagge bei 99 Montagsdemo - Foto gik
Protest jeden Montag – immer und immer wieder – Foto: gik

Aber auch für die Montagsdemonstranten selbst haben diese vier Jahre ihr Leben verändert. Der Trip zum Flughafen am Montag ist fest eingeplant, Transparente und Protestzubehör liegen griffbereit. Und so geht das Ritual des Protestes an den Montagen im Terminal völlig routiniert über die Bühne – bei gleichzeitig anhaltender Wut und Leidenschaft. „Wir kämpfen weiter und sind kein bisschen leise!“, verspricht Scheffler.

Und die Mainzer Initiative gegen Fluglärm, längst Herzstück der Protestbewegung, ruft gerade auch zum 150. Jubiläum erneut zum Widerstand auf: „Wir rufen alle Menschen der Region auf, sich gegen den ungebremsten Ausbau des Frankfurter Flughafens und die Zerstörung unserer Region zu wehren, und mit uns am Frankfurter Flughafen zu demonstrieren“, sagt Vorstandsmitglied Erwin Stufler. Das sei „für Viele eine gute Gelegenheit, sich wieder mal am Flughafen blicken zu lassen.“

Plakat 150. Montagsdemo
Aufruf zum Lautsein – Foto: gik

Fluglärm kann jeden treffen – wie bei der Südumfliegung

Die mehr als 500 Fluglärmgeschädigten, die jeden Montag zum Flughafen pilgerten, stünden „stellvertretend für all jene, die den Glauben an Gerechtigkeit und das Verantwortungsbewusstsein der Politik bereits verloren und deshalb den sichtbaren Widerstand aufgegeben haben.“ Doch wer den Protest aufgibt, der hat schon verloren, denn, warnt Stuffler, es könnte jederzeit jeden im Rhein-Main-Gebiet treffen.

Wenn am 10. Dezember 2015 das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der aktuellen Südumfliegungsvariante entscheide, könnten künftig die Mainzer Stadtteile Finthen und Gonsenheim von startenden Maschinen übverflogen werden – an etwa 70 Prozent aller Tage im Jahr. „Niemand im Rhein-Main-Gebiet kann sich sicher sein, dauerhaft ohne Fluglärm und Schadstoffe leben zu können“, warnt der Vorsitzende Jochen Schraut.

Auch in der Oberstadt habe man den Flughafenausbau „erst wahrgenommen, als wir vor lauter Krach nicht mehr in unseren Gärten sitzen konnten und die Nacht ab 5.00 Uhr abrupt beendet wurde.“ Deshalb seien auch die aufgerufen, sich zu wehren, die bislang vom Lärm verschont worden seien. Die Fluglärminitiative selbst werde „Lufthansa und Fraport einen heißen Herbst bereiten“, kündigt Schraut zudem an: „Wir arbeiten an zahlreichen Aktionen, die den PR-Abteilungen und Strategen von Lufthansa und Fraport noch einiges Kopfzerbrechen bereiten werden.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Initiative gegen Fluglärm in Mainz findet Ihr hier. Einen Bericht über die 100. Montagsdemo am Frankfurter Flughafen im Mai 2014 findet Ihr in dem Mainz&-Artikel „… bis die Ruhe zurückkehrt!“. Ein ganzes Paket mit Reportage, Interviews und einem Bericht über Fraport-Chef Stefan Schulte zur 100. Montagsdemo findet Ihr in dem „Die Wächter des Nachtflugverbots“ – für nur einen Euro.

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