Es war eines der Hauptversprechen Im OB-Wahlkampf 2019: die Begrünung von Schulhöfen in Mainz. Tatsächlich bieten die meist zubetonierten Flächen ein hohes Potenzial für mehr Grün in Innenstädten, nun wurde in Mainz der vierte begrünte Schulhof vorgestellt, am Otto-Schott-Gymnasium in Gonsenheim. Die Linke kritisiert nun das Ergebnis: Man fühle sich geradezu „unterwältigt“, die Verbesserungen seien höchsten marginal. Im Stadtrat kommende Woche will die Linke nun nachhaken: Was tut die Stadt in Sachen Entsiegelung und mehr Grün in Mainz?

Die meisten Schulhöfe in Mainz sehen eher so aus: großflächig versiegelt. - Foto: gik
Die meisten Schulhöfe in Mainz sehen eher so aus: großflächig versiegelt. – Foto: gik

Schon im Oberbürgermeister-Wahlkampf 2019 hatte Mainz intensiv über das Thema mehr Grün in der Mainzer Innenstadt diskutiert: Manch ein Bewerber wollte ein grüneres Rheinufer schaffen, forderte Dachbegrünung und mehr Bäche und Brunnen – der damals amtierende OB Michael Ebling (SPD) versprach, ein Programm zur Entsiegelung der Mainzer Schulhöfe zu starten: „Wir haben in Mainz über 400.000 Quadratmeter Schulhöfe, fast alle sind Freunde des Betons und des Teers“, sagte Ebling im August 2019. Würden die Quadratmeter für Quadratmeter aufgebrochen, „können wir grüne Oasen schaffen quer durch die Stadt“, versprach Ebling.

In der Tat gelten Schulhöfe als eine der großen Potenzialflächen für mehr Grün in Innenstädten – gerade erst hatte die Deutsche Umwelthilfe bei ihrem „Hitze-Check“ Mainz die Rote Karte für viel zu viel Versiegelung in der Stadt gezeigt. Von 190 untersuchten deutschen Städten über 50.000 Einwohner kam Mainz auf einen höchst unrühmlichen viertletzten Platz: besonders stark versiegelt und sehr wenig Grünvolumen, lautete das Urteil.

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Programm „Aus Grau wird Leben“ in Mainz: Vierter Schulhof begrünt

Im Juli hatte das Deutsche Kinderhilfswerk den Schulen in Deutschland ein schlechtes Zeugnis ausgestellt – und dabei gerade auch den Schulhöfen: „Nicht nur die Schulgebäude selbst, sondern auch die Schulhof- und Pausenbereiche sind oftmals in einem jämmerlichen Zustand“, klagte das Kinderhilfswerk. Bei einer Umfrage fanden nur 50 Prozent der Kinder und Jugendliche in Rheinland-Pfalz ihre Pausenhöfe attraktiv, dass es dort einen guten Ort zum Entspannen gibt, fanden nur 39 Prozent der Befragten.

Vorstellung der neuen Begrünung des Otto-Schott-Gymnasiums in Mainz-Gonsenheim,. - Foto: Mainzer Stadtwerke
Vorstellung der neuen Begrünung des Otto-Schott-Gymnasiums in Mainz-Gonsenheim,. – Foto: Mainzer Stadtwerke

Fünf Jahre nach der Ankündigung des Schulhöfe-Entsiegelungs-Programms in Mainz wurde nun ein vierter neu gestalteter Mainzer Schulhof vorgestellt: Am Otto-Schott-Gymnasium in Mainz-Gonsenheim wurden nach Angaben der Mainzer Stadtwerke rund 1000 Quadratmeter Schulhoffläche entsiegelt und zudem 20 neue Bäume sowie zahlreiche Gehölze und Hecken neu gepflanzt. Die Federführung hatte hierbei die Mainzer Stiftung für Klimaschutz und Energieeffizienz, gegründet in der Corona-Pandemie und mit Biontech-Geldern als ein gemeinsames Projekt der Mainzer Stadtwerke AG und der Stadt Mainz.

Aus Mitteln der Stiftung wurden im Rahmen des Projektes „Aus Grau wird Leben“ seit 2021  unter anderem Dach- und Fassadenbegrünungsprojekte finanziell unterstützt oder versiegelte Flächen bepflanzt, teilten die Stadtwerke nun mit. 2022 sei erstmals auch ein Mainzer Schulhof entsiegelt worden: Als Pilotprojekte realisierte die Stiftung damals in den Sommerferien die Entsiegelung und Begrünung der Schulhöfe der Mombacher Pestalozzi-Grundschule und des Schloss-Gymnasiums. Vergangenes Jahr folgte der Umbau der Pausenhöfe der Realschule Plus auf dem Lerchenberg.

Linke: „unterwältigt“ – „Fortschritt bestenfalls marginal“

In Gonsenheim wurden nun rund 1.000 Quadratmeter Betonflächen durch wassergebundene Flächen oder wasserdurchlässige Kunststoff-Spielfelder ersetzt, der Pausenhof zusätzlich mit drei neuen Tischtennisplatten ausgestattet. Dazu sollen 20 neue Bäume, 27 Solitärgehölze und 210 Heckenpflanzen für mehr Schatten und Grün sorgen. Insgesamt wurden nach Angaben der Mainzer Stadtwerke seit 2022 auf den vier Schulhöfen mehr als 70 Bäume sowie über 1500 Heckensträucher neu gepflanzt und mehr als 4.000 Quadratmeter Asphaltflächen entsiegelt.

Entsiegelung des Schulhofes des Otto-Schott-Gymnasiums in Mainz-Gonsenheim von oben. - Quelle: Video Stadtwerke Mainz
Entsiegelung des Schulhofes des Otto-Schott-Gymnasiums in Mainz-Gonsenheim von oben. – Quelle: Video Stadtwerke Mainz

Mainz besitzt 413.490 Quadratmeter an Schulhofflächen, das ergab im Dezember 2019 eine Antwort der Stadtverwaltung auf eine Kleine Anfrage der CDU im Mainzer Stadtrat. „Das kann doch nicht alles sein“, reagierte denn nun auch die Mainzer Linke auf die Umgestaltung in Gonsenheim – man fühle sich „geradezu unterwältigt“. „Während die Stadtwerke Mainz stolz auf ihre Investition von 400.000 Euro verweisen, ist der Fortschritt bestenfalls marginal“, kritisierte die umweltpolitische Sprecherin der Linken, Carlotta Stahl.

Zwar könne Wasser jetzt „etwas besser abfließen, einige Sträucher wurden gepflanzt, und der Platz bietet sicherlich mehr Aufenthaltsqualität für die Schüler“, sagte Stahl weiter: „Aber ist dies wirklich das Höchste der (Mainz-)Gefühle? Wo bleiben große Rasenflächen, Wildwiesenbereiche, Mitmach- und Lern-Gemüse-Gärten, Obstbäume, Wasserspiele?“ Die überwiegenden „Bodenbeläge aus Pflaster, Schotter und Kunststoff(!) wirkten alles andere als nachhaltig oder kühlend“, kritisierte die Linke, das „Leben“ müssten nach wie vor die Schüler zum Schulhof beisteuern.

Linke fordern Entsiegelungskataster – Anfrage im Stadtrat

„Das, was hier als Entsiegelung verkauft wird, bietet in Wirklichkeit nur minimale Verbesserungen“, bilanzierte Stahl weiter: „Wir erwarten von einem Programm mit einem so ambitionierten Titel mehr als nur kosmetische Veränderungen.“ Gerade im Hinblick auf „die alarmierenden Ergebnisse des Hitze-Checks der Deutschen Umwelthilfe“ müsse sich die Stadt endlich „intensiv und ernsthaft mit dem Thema Entsiegelung und Begrünung auseinandersetzen“, forderte sie weiter – Mainz hinke anderen Städten, die längst Best-Practice-Beispiele für eine erfolgreiche Entsiegelung und Begrünung lieferten, weit hinterher.

Grüne Oase auf dem Dernschen Gelände in Wiesbaden: Grün in der Stadt gilt als wichtigste Maßnahme gegen die Überhitzung der Städte. - Foto: gik
Grüne Oase auf dem Dernschen Gelände in Wiesbaden: Grün in der Stadt gilt als wichtigste Maßnahme gegen die Überhitzung der Städte. – Foto: gik

Im Stadtrat kommende Woche will die Linke deshalb in einer Anfrage von der Stadtverwaltung wissen, welche Bemühungen es denn in Sachen Entsiegelung und Begrünung in Mainz gebe: „Wir wollen wissen, durch welche konkreten Maßnahmen die Stadt Mainz potenzielle Entsiegelungsflächen recherchiert und generiert, und wie die Identifizierung und Nutzung von Begrünungspotenzialen erfolgt“, erklärte Stahl. Auch wolle man wissen, ob ein Entsiegelungskataster existiere, welche Gespräche mit Immobiliengesellschaften geführt würden, und wie Bürger in diese wichtigen Prozesse eingebunden würden.

„Um unsere Stadt für die Zukunft zu rüsten, braucht es erheblich mehr Anstrengungen in diesen Bereichen“, betonte die Fraktion weiter – und von der Stadtverwaltung erwarte man mehr Transparenz bei den Planungen. „Nur durch konsequentes Handeln und den Einsatz nachhaltiger, auch kleinteiliger Lösungen können wir sicherstellen, dass Mainz nicht weiter den Anschluss verliert und die Lebensqualität unserer Stadtbewohner*innen auch in heißen Sommern gewährleistet bleibt“, fügte die Fraktion hinzu.

Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht zum Hitze-Check der Umwelthilfe und dem Mainzer Abschneiden findet Ihr hier bei Mainz&. Ein Video der Mainzer Stadtwerke zur Begrünung des Schulhofes im Otto-Schott-Gymnasium findet Ihr hier auf Youtube.