Das Mainzer Dieselfahrverbot hat eine weitere Hürde genommen: Der Mainzer Stadtrat nahm am Mittwoch die Vorlage der Stadtverwaltung zur Einführung eines Dieselfahrverbotes auf der Rheinachse zum 1. Juli offiziell zur Kenntnis. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) verteidigte im Stadtrat die Maßnahme als „geeignete, verhältnismäßige und weiche Variante“. Von der CDU-Opposition kam hingegen scharfe Kritik: „Wir kappen eine wirtschaftlich bedeutende Hauptverkehrsachse, wir legen die Axt an das Hauptkongresszentrum und wir zerstören Handel in dieser Stadt“, kritisierte CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig. SPD und Grüne äußerten sich nicht zum Fahrverbot, die FDP lehnte es ab. Kritik kam auch von der Industrie- und Handelskammer Rheinhessen.
Die Stadt Mainz will zum 1. Juli ein Fahrverbot für Diesel der Euronorm 4 und 5 auf der Rheinallee und der Rheinstraße erlassen, der Grund: die anhaltend hohen Stickoxidwerte, die um neun bis zehn Punkte den europäischen Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschreiten. Die Stadt wird deshalb von der Deutschen Umwelthilfe verklagt, im Oktober 2018 bekam der Umweltverband vor dem Mainzer Landgericht Recht. Mainz hätte demnach eigentlich schon zum 1. September 2019 ein Fahrverbot einführen müssen, tat dies aber nicht – und verkündete den Plan erst Anfang Februar. Am Mittwoch nahm der Stadtrat nun den erneut geänderte Luftreinhalteplan der Stadtverwaltung „zur Kenntnis“, der Plan muss nun noch offen gelegt und dann erneut beschlossen werden.
Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), der im Oktober 2018 noch betonte habe, ein Dieselfahrverbot sei „in weite Ferne gerückt“, verteidigte nun im Mainzer Stadtrat die Maßnahme: „Wir wissen, dass dies ein massiver Eingriff ist“, sagte Ebling: „Im Kern will es niemand, notwendig wird es aber, weil es keine andere geeignete Maßnahme gibt, schnell die notwendige Senkung der Werte zu erreichen.“ Die Werte auf der Rheinachse seien schlicht zu hoch, der Stadt drohe damit in jedem Fall eine Niederlage gegen die Umwelthilfe vor Gericht. „Wir wissen, dass das Gericht so entscheiden wird“, sagte Ebling, „deshalb wollen wir lieber diejenigen sein, die es gestalten.“
Ebling klagte zugleich, es habe der Stadt „niemand geholfen, nur wir selbst“. Die Werte könnten längst deutlich stärker gesunken sein, „wenn die Autoindustrie nicht unter der Schutzmacht der Bundesregierung stehen würde“, sagte er in Anspielung auf die Weigerung der Bundesregierung, einen flächendeckenden Rückruf der Dieselfahrzeuge mit manipulierter Abschalteinrichtung zu veranlassen – in diesem Fall hätte die Autoindustrie Nachrüstungen bezahlen müssen. Ebling betonte nun, ein Dieselfahrverbot auf der Rheinachse sei im Vergleich zu Alternativen – etwa einem großflächigerem Fahrverbot – „die geeignetere, verhältnismäßigere und weichere Variante.“ Die Gesundheit der Menschen sei „immer noch wichtiger als mancher Zugang zum Parkhaus“, fügte er hinzu.
Die CDU-Opposition hatte zuvor nämlich die Maßnahme scharf kritisiert: Die Rheinachse sei eine „wichtige Schlagader der Stadt, die wirtschaftlich bedeutendste Hauptverkehrsachse soll gekappt werden“, kritisierte CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig, das werde massive Auswirkungen haben. Die Rheinstraße sei nicht nur ein wichtiges Verbindungsstück zwischen Mainz und Wiesbaden, betroffen seien auch Handwerker, Händler und Marktbeschicker sowie Besucher aus dem Umland. „Wir zerstören den Handel in dieser Stadt“, warnte Schönig, die Einzelhändler würden die ausbleibenden Besucher deutlich merken, das könne auch Arbeitsplätze kosten.
„Wir legen die Axt an das Hauptkongresszentrum der Mainzplus Citymarketing“, schimpfte Schönig zudem – mit dem Fahrverbot auf der Rheinstraße sind auch der Zugang zur Rheingoldhalle und zum Rathaus sowie zu den Parkhäusern am Brand und der Löhrstraße für ältere Dieselfahrzeuge gesperrt. „Wie sollen künftig Gäste und Konferenzteilnehmer in die Rheingoldhalle kommen, wenn wir hier die massiven Beschränkungen haben“, fragte Schönig, das werde auch ein Schlag für die Veranstaltungen der Mainzplus Citymarketing sein.
„Das Dieselfahrverbot ist ein massiver Eingriff, und wir sind der Auffassung, dass dies viel zu früh kommt“, betonte Schönig. Denn noch seien sehr viele Fragen ungeklärt, vor allem die der Ausnahmeregelungen. Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) habe zwar angekündigt, den Anwohnern helfen zu wollen,. aber was sei mit Händlern, Anlieferern, Handwerkern? „Wir preschen hier mit Verboten voran, ohne Alternativen und Lösungen aufzuzeigen“, kritisierte Schönig, „man sollte doch wirklich ernsthaft überlegen, ob es nicht Alternativen gibt.“
Kritik kam zudem von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rheinhessen: Für die Unternehmen blieben noch viele und entscheidende Fragen offen, die Betriebe bräuchten Rechts- und Planungssicherheit, gerade in Sachen Ausnahmegenehmigungen, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Günter Jertz. Eder hatte angekündigt, die Frage der Ausnahmen erst Anfang Mai bekanntgeben zu wollen. Jertz betonte, man sei „irritiert“ über die Kommunikationspolitik des Rathauses: „Nach der späten Kommunikation zur Sperrung der Theodor-Heuss-Brücke werden betroffene Unternehmen einmal mehr vor vollendete Tatsachen gestellt“, schimpfte er.
Jertz betonte, viele Unternehmen in Rheinhessen hätten in den vergangenen Jahren mit der Einführung von Umweltzonen ihren Fuhrpark mit zum Teil erheblichem finanziellem Aufwand erneuert. Die Investitionen seien dabei nicht nur in die Nachrüstung, sondern auch in die Neuanschaffung von leichten Nutzfahrzeugen mit in weiten Teilen Euro 5-Standard geflossen: „Das taten die Unternehmen in der festen Überzeugung, Fahrzeuge auf dem neuesten technischen Stand zu erwerben, die sie im Rahmen der typischen Fahrzeuglebensdauer nutzen können“, sagte Jertz.
Es könne daher „nicht akzeptiert werden, dass Rahmenbedingungen, unter denen damals unternehmerische Entscheidungen getroffen wurden, öfter und kurzfristig geändert werden.“ Die Unternehmen bräuchten mehr Beratung für die Zukunft ihres Fuhrparkmanagements sowie „über mögliche Förderungen zur Umstellung ihrer Logistik.“
Die Fraktionen von SPD und Grünen meldeten sich im Übrigen im Mainzer Stadtrat nicht zu Wort, beide wollen am Donnerstagabend den gemeinsamen Koalitionsvertrag mit der FDP beschließen. Für die Liberalen betonte FDP-Chef David Dietz im Stadtrat: „Wir hätten uns ein anderes Ergebnis gewünscht.“ Die FDP sei der Auffassung, dass in Abwägung der Möglichkeiten „ein anderer Schritt der bessere gewesen wäre“, betonte Dietz. Man nehme die Argumentation der Fachverwaltung zur Kenntnis, „wir kommen aber zu einer anderen Auslegung“, fügte er hinzu.
Auch die AfD betonte, das Dieselfahrverbot sei „unnötig“, die Gesundheitsgefahren seien gar nicht nachgewiesen, zudem werde „falsch gemessen“, weil die Passivsammler zu niedrig aufgehängt seien. Das Landesumweltamt hatte 2018 wiederholt dargelegt, dass alle offiziellen Messstellen in Mainz den EU-Regeln entsprechend aufgestellt sind.
Info& auf Mainz&: Mehr zum Streit um die Passivsammler zwischen der Deutschen Umwelthilfe und der Stadt Mainz sowie ihre Funktions- und Einsatzweise lest Ihr hier bei Mainz&: Alles bisher Bekannte zum Dieselfahrverbot ab dem 1. Juli auf der Rheinstraße und der Rheinallee in Mainz könnte Ihr hier bei Mainz& nachlesen. Kritik am Dieselfahrverbot haben wir hier zusammengetragen, eine ausführliche Kritik von CDU und lest Ihr hier bei Mainz&.