UPDATE& -Erschütterung im Mainzer Stadtrat: Stadtrat Mario Müller ist aus der Fraktion der Freien Wähler ausgetreten. Nach Mainz&-Recherchen kriselte es persönlich zwischen Müller und den Freien Wählern, aus der Partei war der Fachpolitiker aus Mainz-Ebersheim schon im Frühjahr ausgetreten. Für die Freien Wähler ist das dramatisch: Sie verlieren den Fraktionsstatus und damit Gelder und Strukturen. Der verbleibende FW-Stadtrat Erwin Stufler lobte trotzdem Müllers Arbeit, die Freie Wählergemeinschaft fordert derweil die Rückgabe des Mandats. Update&: Inzwischen hat sich Müller auch bei Mainz& gemeldet.

So startete die Fraktion der Freien Wähler 2024 in die neue Legislaturperiode des Mainzer Stadtrats: Mit Mario Müller (links) und Erwin Stufler. - Foto: Müller
So startete die Fraktion der Freien Wähler 2024 in die neue Legislaturperiode des Mainzer Stadtrats: Mit Mario Müller (links) und Erwin Stufler. – Foto: Müller

Der aus Mainz-Ebersheim stammende Müller war erst 2024 bei der Kommunalwahl für die Freien Wähler in den Mainzer Stadtrat eingezogen, der zurückhaltende Neu-Politiker war vor allem in den Debatten um die Haushaltspolitik der Stadt Mainz aufgefallen. In der Debatte um die Haushaltsführung von Finanzdezernent Günter Beck (Grüne) und dessen Kommunikation rund um das neue Haushaltsloch der Stadt Mainz hatte Müller im Oktober 2024 den Rücktritt Becks gefordert.

Doch hinter den Kulissen gab es offenbar Reibungen und Unstimmigkeiten: Nach Mainz&-Informationen trat Müller bereits in diesem Frühjahr aus dem Kreisverband der Freien Wähler Mainz wieder aus – am Donnerstag reichte er nun auch bei Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) seinen Austritt aus der Fraktion ein. Das hat gravierende Konsequenzen: Damit löst sich die Fraktion der Freien Wähler im Mainzer Stadtrat auf, das bedeutet unter anderem: weniger Gelder, verkürzte Redezeit und weniger Präsenz in den Ausschüssen des Mainzer Stadtrats.

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Stufler: Bedauerliche Entwicklung, FW verlieren guten Fachmann

Der verbleibende Stadtrat der Freien Wähler, Erwin Stufler, bestätigte am Donnerstagabend gegenüber Mainz& die Vorgänge. „Es ist eine bedauerliche Entwicklung, wir Freie Wähler verlieren ein bisschen an Einfluss in Mainz“, sagte Stufler, und betonte: „ich hätte das gerne anders gelöst.“ Die Entwicklung habe sich aber abgezeichnet, Müller sei bereits im Frühjahr aus der Partei ausgetreten.

Wahlplakat von Mario Müller als Freier Wähler bei der Kommunalwahl 2024. - Foto: Freie Wähler
Wahlplakat von Mario Müller als Freier Wähler bei der Kommunalwahl 2024. – Foto: Freie Wähler

Müller sei als Doktor der Volkswirtschaft „ein Fachmann durch und durch“ und habe die Freien Wähler „wirklich gut in den Ausschüssen vertreten.“ Motiviert habe Müller offenbar eine Kombination aus Arbeit, Leute und Partei, vermutete Stufler. Was man aber wissen müsse: „Die Freien Wähler haben ein Freiheitsgen in ihrem Namen eingebaut“, betonte Stufler, „wir bewahren anders als andere Parteien den Individualismus.“ Man kenne auch in dem strengen Sinne keinen Fraktionszwang. „Das ist eben die Krux oder der Vorteil der Freien Wähler“, sagte Stufler, „aber heute leide ich ein wenig unter der Individualität.“

UPDATE&: Mainz& hat natürlich direkt am Donnerstagnachmittag auch Müller selbst angefragt und um eine Stellungnahme und Erläuterung seiner Entscheidung gebeten – Müller hat am Freitagabend auf unsere Anfrage geantwortet. Was er sagt, was ihn motiviert – lest Ihr hier bei Mainz&. Übrigens: Das deutsche Presserecht enthält übrigens einen Gleichbehandlungsgrundsatz, nach dem staatliche Stellen zwischen auskunftsersuchenden Journalisten keine Unterschiede machen dürfen, so steht es auch im Landesmediengesetz Rheinland-Pfalz. Auch Politiker sind als gewählte Volksvertreter gegenüber Journalisten zur Auskunft verpflichtet – insbesondere, wenn diese sie explizit anfragen.

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FWG fordert Rückgabe des Mandats: Missachtung des Wählerwillens

Den Vorgang öffentlich machte die Freie Wählergemeinschaft FWG, und die übte scharfe Kritik: „Die FWG Mainz und ihre Mitglieder sind zutiefst enttäuscht“, sagte Gerhard Wenderoth, Vorstand der Freien Wähler Gemeinschaft (FWG) Mainz. Damit verlören die Wähler, die 2024 ihr Vertrauen in die Freien Wähler gesetzt hatten, ihre parlamentarische Vertretung. „Die Bürger haben Mario Müller auf der Liste der Freien Wähler gewählt – nicht Mario Müller persönlich“, betonte Wenderoth. Mit seinem Austritt „missachtet er den Wählerwillen und zerstört die Fraktion.“

Fordert die Rückgabe des Mandats von Müller. FWG-Vorstand Gerhard Wenderoth. - Foto: FWG
Fordert die Rückgabe des Mandats von Müller. FWG-Vorstand Gerhard Wenderoth. – Foto: FWG

Die FWG fordere Müller deshalb auf, sein Mandat zurückzugeben, damit ein Nachrücker die Stimme der Freien Wähler im Stadtrat weiter vertreten könne. „Alles andere ist ein Bruch des Wählervertrauens“, schimpfte Wenderoth, und warnte zudem: Genauso unanständig wäre es, wenn nun eine andere Partei Mario Müller in ihre Fraktion aufnehmen würde. Damit würde der Wählerauftrag vollends verfälscht.“ Schließlich hätten die Bürger Müller als Freien Wähler gewählt, „und nicht irgendeine andere Partei.“

Die Warnung scheint einen konkreten Hintergrund zu haben: Nach Mainz&-Informationen hat Müller bei der Mainzer CDU um Aufnahme in die Fraktion gebeten, die CDU will am kommenden Montag darüber beraten. Wenderoth betonte weiter, der Vorgang zeige, dass Kommunalpolitik „integre, verlässliche Menschen mit gesundem Anstand braucht“, der Bürger erwarte „Ehrlichkeit, Verantwortung und Beständigkeit von seinen Vertretern – nicht egoistische Alleingänge.“ Wer ein Amt übernehme, trage Verantwortung für die Menschen, deren Vertreter man sei.

Tatsächlich zeigt der Vorgang aber auch, wie schwierig der Übergang in den Politikbetrieb für Fachleute sein kann – es ist zudem nicht der erste Rückzug aus dem Stadtrat in dieser Legislaturperiode: Bereits im März 2025 hatte VOLT-Stadträtin Francesca Beyer ihr Mandat nach nur neun Monaten niedergelegt. Die 29 Jahre alte Sozialarbeiterin Beyer war ebenfalls Politik-Neueinsteigerin gewesen und machte für ihren Schritt sowohl berufliche als auch gesundheitliche Gründe geltend.

Info& auf Mainz&: Alles zur Kommunalwahl 2024 und ihren Folgen könnt Ihr noch einmal  in unserem großen Kommunalwahl-Dossier hier auf Mainz& nachlesen.