Es war am 20. Juli 1969, als die Menschheit zum ersten Mal einen Fuß auf den Mond setzte. Neil Armstrong war der US-Astronaut, dem die Ehre gebührte, der erste Mensch auf dem Mond zu sein, seinen ersten Schritt samt legendärer Worte verfolgten weltweit rund 600 Millionen Menschen. 22 Stunden blieben die ersten Menschen auf dem Mond, mit nach Hause brachten sie 22 Kilogramm Mondgestein. Knapp zwei Monate später erreichten 105 Gramm davon Mainz: am Max-Planck-Institut (MPI) für Chemie in Mainz wurden die Proben analysiert – und brachten entscheidende Erkenntnisse über den Mond. Am Donnerstag berichtet davon Professor Herbert Palme in einem Vortrag am MPI in Mainz.

Professor Herbert Palme an seinem Mikroskop im Frankfurter Senckenberg Institut. - Foto: Palme
Professor Herbert Palme an seinem Mikroskop im Frankfurter Senckenberg Institut. – Foto: Palme

Palme war gerade 26 Jahre alt, als die Amerikaner auf dem Mond landeten. Nein, besonders elektrisiert sei er von der Mondlandung gar nicht gewesen, berichtet Palme im Interview mit Mainz&: „Ich habe das irgendwo in einem Schaufenster gesehen“, erzählt der heute 76-Jährige. Der Mond habe keine Atmosphäre, kein Wasser, kein Leben, „eigentlich unverständlich, warum man da hin will.“ Dazu kam: Die erste bemannte Mondmission war nicht in erster Linie eine wissenschaftlichen Mission. Mitten im Kalten Krieg ging es den Amerikanern vor allem um den Propaganda-Erfolg, vor den Russen auf dem Mond gelandet zu sein.

Am 16. Juli 1969 starteten die drei Astronauten Neil Armstrong, Edwin „Buzz“ Aldrin und Michael Collins mit Apollo 11 vom Kennedy Space Center in Florida zu ihrer Himmelsfahrtmission. Am 19. Juli  erreichten sie die Umlaufbahn, am 20. Juli setzten Armstrong und Aldrin mit der Landefähre „Eagle“ auf den Mond auf. Die Landeklappe öffnete sich, Neil Armstrong kletterte herab, betrat den Mond – und sprach den berühmten Satz: „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit.“

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Tatsächlich elektrisierte die Mondlandung weltweit, 600 Millionen Menschen schauten die Mondlandung, oft auf winzigen schwarz-weiß Fernsehern. Dass der Mensch zum ersten Mal im All einen anderen Planeten betrat, war ein Meilenstein. Nur fünf weitere bemannte Missionen zum Mond folgten, insgesamt betraten zwölf Menschen den Mond, alles Amerikaner. Nur vier leben heute noch, darunter aber Edwin „Buzz“ Aldrin, der zweite Mensch auf dem Mond.

Start der Apollo 11-Rakete zum Mond 1969. - Foto: NASA
Start der Apollo 11-Rakete zum Mond 1969. – Foto: NASA

Lange blieben die Astronauten nicht, doch sie brachten 22 Kilogramm Mondgestein mit zur Erde. Am 18. September 1969 erreichten 105 Gramm davon Mainz – es war die größte Menge an Proben außerhalb der USA. „Eingetroffen: Mond in Mainz“, titelte damals die Mainzer Stadtzeitung. Am Mainzer Max-Planck-Institut (MPI) für Chemie forschte Heinrich Wänke, der hochpräzise chemische Analysen für Meteoriten und Gesteine des Erdmantels entwickelt hatte – die Multielementanalyse wandten die Mainzer Forscher nun auch auf das Mondgestein an. „Wir wollten die Zusammensetzung der Mondgesteine herausfinden“, berichtet Herbert Palme, 50 Jahre später, „die Frage war natürlich: wie ist der Mond entstanden?“

Palme studierte Physik und Mathematik in Wien, im Frühjahr 1971 trat er am Mainzer MPI seine erste Stelle an. Palme war an Analysen des Mondgesteins beteiligt, später wurde er einer der führenden Experten für Meteoritengesteine. Es war sein Chef Wänke, der über Jahre hinweg mit seinem Team Mondgesteine analysierte, nicht nur von der ersten Apollo 11-Mission, sondern auch von den Missionen Apollo 16 und Apollo 17. „Bereits drei Jahre vor der Mondlandung mussten Anträge an die Nasa gestellt werden“, weiß Palme zu berichten, am Ende bekamen die Mainzer sieben Forschungsvorhaben genehmigt und waren damit gemeinsam mit Heidelberg, Tübingen und Köln die „Principal Investigators“, die Haupterforscher des vom Mond mitgebrachten Materials.

Astronaut Edwin "Buzz" Aldrin am 20. Juli 1969 auf dem Mond. - Foto: NASA
Astronaut Edwin „Buzz“ Aldrin am 20. Juli 1969 auf dem Mond. – Foto: NASA

Das Ergebnis: Der Mond war ganz anders als zuvor gedacht. Die Forscher fanden mehrere unterschiedliche Elemente an der Mondoberfläche: Da seien die Mondmeere, von der Erde aus als dunkle Flecken zu sehen, „das sind nichts anderes als mit Magma angefüllte Krater“, erklärt Palme. Die Krater entstanden durch Einschläge von Meteoriten, die Magma, so wisse man heute, strömte vor 3,6 bis 3,8 Milliarden Jahren aus den Kratern und erkaltete.

Als zweites Hauptelement fanden die Forscher feldspatreiche Gesteine, sogenannten Anorthit, die weißen Strukturen entstanden aus Kristallisationsprozessen und bedecken die hellen Hochlandterrains des Mondes. Diese ursprüngliche Aufschmelzung geschah vor rund 4,5 Milliarden Jahren, damit gehört das Mondgestein „zum ersten festen Material in unserem 4,567 Milliarden Jahre alten Sonnensystem“, berichtet Palme. Damit war klar: „Die Mondgesteine sind fast so alt wie das Sonnensystem – und Mond und Erde könnten gleich alt sein.“

Die Landeplätze der Apollo-Missionen auf dem Mond, Apollo 11 ist rechts. - Foto: NASA
Die Landeplätze der Apollo-Missionen auf dem Mond, Apollo 11 ist rechts. – Foto: NASA

Die Gesteine gaben der Menschheit einen tiefen Blick in die Entstehungsgeschichte von Erde und Mond, aus den Analysen schälte sich die Erkenntnis heraus, dass sich Mond und Erde hochgradig ähnlich sind. Wänke schloss daraus, dass der Mond aus dem Mantel der Erde heraus entstanden sein müsse, eine bis heute gültige Theorie. Auch die Giant Impact-Theorie wurde daraus entwickelt, nach der der Mond aus Material entstand, das durch den Einschlag eines riesigen Meteoriten auf der Erde ins All geschleudert wurde und sich dort zu einem Erdtrabanten formte. „Diese Theorie hat in den vergangenen Jahren einen Dämpfer bekommen“, sagt Palme, für einen Einschlag habe der Mond zu viel Ähnlichkeit mit der Erde – das bewiesen Wänkes Analysen.

Von 1990 an konzentrierte sich Wänke auf die Marsmissionen, am Mainzer MPI wurde ein Analysegerät für Marsgestein entwickelt, das auf dem ersten Marsroboter Pathfinder sowie auf den Nachfolgern „Opportunity“ und „Spirit“ eingesetzt wurde. Heinrich Wänke starb im November 2015, Palme selbst wurde 1994 Professor für Mineralogie und Geochemie in Köln. Seit seiner Pensionierung arbeitet er ehrenamtlich am Frankfurter Senckenberg Museum – und betreut dort die Meteoritensammlung, die Wänke einst in Mainz aufbaute.

Astronaut Aldrin verlässt die Mondfähre "Eagle". - Foto NASA
Astronaut Aldrin verlässt die Mondfähre „Eagle“. – Foto NASA

Für die Mainzer war das Mondgestein indes eine Sensation: Als das MPI eine Ausstellung mit den Brocken vom Mond ausrichtete, bildeten sich lange Schlangen, Hunderte warteten stundenlang dicht gedrängt, um einen kurzen Blick auf das außerirdische Gestein werfen zu können. Behalten durften die Mainzer die Gesteinsbröckchen nicht: Die letzten Krümel vom Mond gab das MPI im Herbst 2008 an die Nasa zurück.

Info& auf Mainz&: Am Donnerstag, den 11. Juli 2019, hält Professor Herbert Palme um 17.00 Uhr einen Vortrag „50 Jahre Mondlandung – der Beitrag des Max-Planck-Instituts für Chemie zur Mondforschung“. Ort: Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz im Hahn-Meitner-Weg 1, Seminarräume 2/3. Der Eintritt ist frei. Mehr zum „Mond in Mainz“ und der Forschung des MPI findet Ihr auf dieser Internetseite des MPI – darunter auch ein Video aus Filmausschnitten aus dem Jahr 1969. Am kommenden Dienstag könnt Ihr den Mond bei einem besonderen Schauspiel bestaunen: Am Abend des 16. Juli 2019 gibt es ab 22.00 Uhr eine partielle Mondfinsternis – mehr dazu morgen bei Mainz&.

Hinweis& auf Mainz&: Die Astronomische Arbeitsgemeinschaft Mainz (AAG) lädt zum Jubiläumstag am Samstag, den 20. Juli 2019, zur einer Himmelsbeobachtung um 21.30 Uhr in ihre Paul-Baumann-Sternwarte bei Klein-Winternheim ein. „Der abnehmende Mond wird an diesem Termin leider nicht gut sichtbar sein, dennoch können Besucher durch das 12″ Schmidt-Cassegrain-Teleskop u.a. die zwei größten Planeten unseres Sonnensystems – Jupiter und Saturn – betrachten“, heißt es bei der AAG.

Die Sternwarte findet Ihr, wenn Ihr über die A63 aus Richtung Mainz kommend an der ersten Ausfahrt Klein-Winternheim abfahrt. Nach der Ausfahrtschleife rechts abbiegen, unter der Autobahn durchfahren, und kurz hinter dem Mitfahrerparkplatz am Kreisel links in den kleinen Feldweg hinter den Bäumen einbiegen. Parkplätze gibt es auf genau diesem P&R-Platz, von hier sind es nur fünf Minuten Fußweg den Feldweg hinunter.

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