Am morgigen Mittwoch, den 14. Juni, werdet Ihr in Mainz wohl keine offene Apotheke finden: Die Apotheker streiken. Der Apotheken-Protesttag ist ein Novum, Apothekenverbände schätzen, dass sich rund 90 Prozent ihrer Geschäfte beteiligen werden – bundesweit. Die Apotheker protestieren gegen ein geplantes Lieferengpass-Gesetz und fordern eine Anhebung ihrer Festbetragshonorare. Unterstützung kommt von der Opposition in Rheinland-Pfalz: CDU und Freie Wähler fordern, die Apotheken im Land zu stärken.

Die Apotheken rufen zum bundesweiten Protesttag am Mittwoch. - Foto: ABDA
Die Apotheken rufen zum bundesweiten Protesttag am Mittwoch. – Foto: ABDA

Apotheker gehören nicht gerade zu den Geringverdienern in der Gesellschaft, trotzdem rufen die Apothekerverbände bundesweit für den 14. Juni 2023 zu einem Protesttag auf. Die Lage in den Apotheken sei zunehmend schwierig geworden, heißt es beim Deutschen Apothekerverband: Das Versorgungssystem sei voller Bürokratie und drohender Strafzahlungen an die Krankenkassen, wegen der vielen Lieferengpässe bei Medikamenten brauche man aber mehr Flexibilität, klagt der Bundesverband ABDA. Gleichzeitig werde die Mehrarbeit aber nicht mehr vergütet: Das Festhonorar für die laufenden Kosten sei seit zehn Jahren nicht erhöht worden.

Tatsächlich erlebt Deutschland gerade ein regelrechtes Apotheken-Sterben, wenn man den Verbänden glauben darf: Allein in Rheinland-Pfalz sei die Zahl der Apotheken seit dem Jahr 2012 von 1.084 auf 871 zurückgegangen, heißt es beim Apothekerverband Rheinland-Pfalz: “Das sind über 200 Stadtorte zur Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln weniger – jeden Tag schließt mindestens eine Apotheke in Deutschland ihre Türen für immer.” In Hessen spricht der Apothekerverband gar vom “größten Apothekensterben in Deutschland seit Bestehen der Bundesrepublik.”

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“Die Politik lässt die Apotheken ausbluten”

Die Gründe seien Mangel an Personal und Nachwuchs, aber auch wirtschaftliche Gründe: “Mangelnde Anerkennung und Frustration über eine immer weiter ausufernde Bürokratie, extreme Arbeitsverdichtung und der mangelnde Wille der Politik, den Apotheken und den dort arbeitenden Menschen zu helfen, lassen die Apotheken ausbluten“, kritisierte die Erste Vorsitzende Andreas Hott. Wer aber Apotheken kaputtspare, ruiniere die flächendeckende, niedrigschwellige und wohnortnahe Arzneimittelversorgung. “Weil das nicht im Sinne der Patientinnen und Patienten ist, protestieren die Apotheken-Teams letztlich auch für sie”, betonte Hott.

Baustelle Apotheke: Die Apotheker wollen gegen ihre Arbeitsbedingungen protestieren. - Foto: gik
Baustelle Apotheke: Die Apotheker wollen gegen ihre Arbeitsbedingungen protestieren. – Foto: gik

Für diesen Mittwoch, den 14. Juni 20923, haben die Apotheken deshalb bundesweit zu einem Protesttag aufgerufen. “Wir gehen davon aus, dass rund 90 Prozent aller Apotheken in Rheinland-Pfalz dem Protestaufruf unseres Bundesverbandes ABDA folgen werden”, sagte Hott. Es brauche dringend das von der Ampel-Regierung versprochene Apothekenstärkungsgesetz. “Die wirtschaftliche Situation erlaubt es den Apotheken kaum noch, konkurrenzfähige Gehälter zu bezahlen”, klagte die Verbandsvorsitzende: “Wir sehen immer öfter, dass gerade junge Apotheker in der Industrie oder in der Verwaltung tätig werden, aber nicht mehr in der öffentlichen Apotheke.”

Ein Berufsstand, der in den vergangenen zehn Jahren keine Honoraranpassung des packungsbezogenen Fixums erfahren habe, sei nicht überlebensfähig. “Entweder die Politik handelt, oder die Apotheke, wie wir sie kennen, wird der Vergangenheit angehören – mit allen negativen Konsequenzen für die Patienten”, warnte Hott. Nachdem die Politik “bereits bei den Lieferengpässen für Medikamente über Jahre tatenlos zugesehen hat, tut sie dies nun erneut bei den Apotheken-Schließungen”, kritisierte sie weiter.

Forderungen: Anhebung des Fixums und mehr Flexibilität

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände fordert denn auch eine Anhebung des in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegten “Fixums” von derzeit 8,35 Euro netto auf 12,- Euro, sowie eine pauschale Grundsicherung für jede Betriebsstätte. Zudem wollen die Apotheker größere Handlungsfreiheit bei Medikamenten, einen finanziellen Ausgleich für den Aufwand bei der Bewältigung von Lieferengpässen sowie mehr Bürokratieabbau.

Eine echte Vorzeige-Apotheke - bei der Mainzer Teddyklinik. - Foto: Teddyklinik
Eine echte Vorzeige-Apotheke – bei der Mainzer Teddyklinik. – Foto: Teddyklinik

Der Protesttag gilt bundesweit, und so werden auch die Apotheken in Hessen am Mittwoch mehrheitlich geschlossen bleiben. Die Hessische Apothekerschaft ruft für 12.00 Uhr in Wiesbaden zu einer Kundgebung auf dem Kochbrunnenplatz vor der Hessischen Staatskanzlei auf. Auch in Berlin soll sich um 12.00 Uhr ein großer Protestzug in Bewegung setzen, für Mainz ist hingegen keine Kundgebung geplant.

Unterstützung für die Forderungen kommt indes von der Opposition im Mainzer Landtag: “Apotheken-Rückgang, Medikamenten-Engpässe, zunehmende Bürokratie, schlechte Ausbildungsbedingungen für angehende Apotheker – die pharmazeutische Versorgung und Ausbildung in Rheinland-Pfalz sind echte Sorgenkinder”, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Christoph Gensch. Apotheken seien ein wesentlicher Baustein der Gesundheitsversorgung. “Ohne mehr Pharmazie-Studienplätze und den Pharmazie-Neu-/Ersatzbau am Institut für Pharmazeutische und Biomedizinische Wissenschaften der Universität Mainz geht es nicht”, betonte Gensch.

Deutschland erlebt ein Apotheken-Sterben, klagen die Verbände. - Foto: gik
Deutschland erlebt ein Apotheken-Sterben, klagen die Verbände. – Foto: gik

Das Land Rheinland-Pfalz hatte erst kürzlich die Erweiterung der Studienplätze von 95 auf 146 beschlossen, dafür braucht es allerdings einen Neubau am pharmazeutischen Institut – die Studierenden klagen hier schon lange über völlig veraltete und marode Ausbildungsbedingungen. Der Neubau müsse nun zügig geplant und umgesetzt werden, forderte Gensch – überhaupt müsse das Land die Apotheken stärken.

Das fordern auch die Freien Wähler: “Für manche Apotheke ist die aktuelle Situation bereits existenzbedrohend”, sagte deren gesundheitspolitischer Sprecher, Helge Schwab. Wenn das Apothekensterben weiter gehe, müsse befürchtet werden, “dass sich die Medikamentenversorgung vor allem in kleineren Städten und Gemeinden weiter verschlechtert”, warnte Schwab.

Info& auf Mainz&: Wer am Mittwoch dringend ein Medikament braucht, der wird auf den Apotheken-Notdienst verwiesen, der wie sonst in den Nachtstunden oder am Wochenende für dringend notwendige Medikamente da ist. Welche Apotheke bei Euch am Mittwoch den Notdienst aufrecht erhält, könnt Ihr hier im Internet bei Aponet.de nachsehen.