Nach der Lockerung der Ladenschließungen am Montag haben die Nachbarbundesländer von Rheinland-Pfalz auf die mangelhafte Bereitschaft zum Tragen einer Maske reagiert – und eine Maskenpflicht erlassen. Hessen beschloss am Dienstagabend eine Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, wenn Menschen Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs nutzen oder den Publikumsbereich von Geschäften, Bank- und Postfilialen betreten. Die Regelung gilt ab kommenden Montag, Baden-Württemberg erließ eine praktisch gleichlautende Maskenpflicht, auch ab Montag. In Rheinland-Pfalz lehnte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hingegen eine Maskenpflicht ab: Man wolle noch abwarten. Die CDU-Opposition, aber auch die mitregierenden Grünen forderten hingegen eine Maskenpflicht.

Passanten in der Mainzer Innenstadt am Montag - alle ohne Masken. - Foto: gik
Passanten in der Mainzer Innenstadt am Montag – alle ohne Masken. – Foto: gik

Mit der Öffnung der ersten Läden strömten in Mainz und anderen Städten die Menschen wieder verstärkt in die Innenstadt. Vielfach war dabei zu beobachten, dass Abstandsgebote nur noch nachlässig eingehalten wurden, Mund-Nasen-Masken trugen höchstens zehn Prozent der Passanten. Auch in den Geschäften selbst trug kaum eine Verkäuferin einen solchen Schutz vor Mund und Nase, lediglich in den Apotheken waren Schutzmasken flächendeckend zu sehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte prompt, die Lockerungen dürften nicht mit Nachlässigkeit bei Schutzmaßnahmen einhergehen.

Das Robert-Koch-Institut warnte am Dienstag, die Todesrate in Deutschland sei mittlerweile auf 3,2 gestiegen – bisher hatten die Virologen sie für Deutschland immer mit um die 0,7 berechnet. Gerade vergangene Woche habe es den höchsten Anstieg bei der Zahl der Todesfälle pro Tag gegeben, sagte RKI-Vizepräsident Lars Schaad: Das RKI sprach von 315 Toten an einem Tag, die Johns Hopkins Universität zählte am gleichen Tag, dem 16. April, 337 neue Tote, am Vortag sogar 361 Todesmeldungen. Die Zahlen von der Vorwoche wurden erst jetzt vom RKI aufbereitet, am Wochenende fallen die Todesmeldungen aus Klinken und Gesundheitsämtern regelmäßig und nehmen in der Folgewoche wieder zu, weil dann Todesfälle nachgemeldet werden. So wurden vom 19. auf den 20. April 227 Todesfälle neu gemeldet, Deutschland zählt damit inzwischen 4.869 Tote in Folge der Lungenkrankheit Covid-19.

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Ein Mund-Nasen-Schutz, ob gekauft oder selbstgenäht, ist ab Montag in vielen Bundesländern Pflicht. -. Foto: Starkapp
Ein Mund-Nasen-Schutz, ob gekauft oder selbstgenäht, ist ab Montag in vielen Bundesländern Pflicht. -. Foto: Starkapp

Um der abnehmenden Disziplin in der Bevölkerung entgegen zu steuern, erließen zahlreiche Bundesländer am Montag oder Dienstag eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in Geschäften oder dem öffentlichen Nahverkehr – nach Recherchen des Spiegel sind das inzwischen: Bayern, Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen beschlossen bereits eine Maskenpflicht, in Sachsen-Anhalt gilt sie bereits an diesem Donnerstag, als erste Länder gingen Sachsen und Bayern voran. Vorbild ist in Deutschland die Stadt Jena: Sie erließ vor zwei Wochen eine Maskenpflicht für ihre Bürger und verzeichnete seither keine einzige Neuinfektion.

Am Dienstag zogen nun baden-Württemberg und Hessen nach: BaWü erließ ebenfalls eine Pflicht zum Tragen eines Tuches vor Mund und Nase ab Montag, ebenso am Dienstagabend das hessische Kabinett. „Durch die Maskenpflicht wird ein erhöhter gegenseitiger Schutz gerade an den Orten erreicht, an denen viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen wie etwa beim Bus- und Bahnfahren“, begründeten Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Sozialminister Kai Klose (Grüne) am Dienstagabend die Entscheidung. Bei dem Mund-Nasen-Schutz solle es sich um sogenannte Alltagsmasken handeln, professionelle medizinische Masken müssten weiter dem medizinischen Personal vorbehalten sein.

Selbst genähte Masken zum Schutz für Mund und Nase beim Gonsenheimer Carnevals-Verein (GCV). - Foto: GCV
Selbst genähte Masken zum Schutz für Mund und Nase beim Gonsenheimer Carnevals-Verein (GCV). – Foto: GCV

Als Mund-Nasen-Schutz zähle jeder Schutz vor Mund und Nase, der auf Grund seiner Beschaffenheit unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie geeignet sei, eine Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchenpartikeln oder Aerosolen durch Husten, Niesen oder Aussprache zu verringern, heißt es in Hessen weiter – warum das so wichtig ist, und warum schon einfache Masken zu einem guten Schutz der Bevölkerung beitragen, lest Ihr hier bei Mainz&. Die Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, gilt nicht für Kinder unter sechs Jahren oder Personen, die aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder einer Behinderung keinen Mund-Nasen-Schutz tragen können.

Das Nichttragen einer Maske stelle eine Ordnungswidrigkeit dar und könne bei wiederholten Verstößen mit einem Bußgeld von 50 Euro belegt werden, teilte Hessen weiter mit. Die Abstandsregeln und Distanzgebote würden dadurch aber nicht aufgehoben, mahnte die Politik im Nachbarland. „Mit Corona zu leben, heißt vorsichtig zu leben“, mahnte auch der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag bei der Vorstellung neuer Maßnahmen – zu denen gehört auch die Absage des legendären Münchner Oktoberfestes.

Rheinland-Pfalz schloss sich allerdings am Dienstag dem allgemeinen Trend zur Maskenpflicht nicht an: Man wolle erst einmal „abwarten“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) nach Angaben des Radiosenders SWR3 – der Livestream der Pressekonferenz der Staatskanzlei brach am Dienstag zusammen, so dass wir das nicht selbst verfolgen konnten. In der schriftlichen Pressemitteilung hieß es lediglich, das Tragen einer Maske bleibe eine „dringende Empfehlung“ – eine Maskenpflicht lehnte Rheinland-Pfalz damit ab. das Land kündigte an, zum Schulstart am 4. Mai allen Schülern eine Alltagsmaske zur Verfügung stellen zu wollen – für Schüler gerade im ÖPNV soll diese dann Pflicht sein.

Chirurgischer Mund-Nasen-Schutz im OP-Sall, ein solcher muss es aber gar nicht sein - man kann sie auch selbst machen. - Foto via Wikipedia
Chirurgischer Mund-Nasen-Schutz im OP-Sall, ein solcher muss es aber gar nicht sein – man kann sie auch selbst machen. – Foto via Wikipedia

Die CDU-Opposition forderte hingegen am Dienstag eine zeitlich begrenzte Maskenpflicht für Rheinland-Pfalz: „Wir halten es für erforderlich, dass wir übergangsweise eine Pflicht zum Tragen von Schutzmasken einführen“, teilte die CDU am Dienstag mit. Seit Montag seien mit den moderaten Lockerungen im Einzelhandel und Schulbereich wieder mehr Menschen unterwegs, das sei wichtig für Wirtschaft, Familien und den Erhalt von Arbeitsplätzen. „Aber der Gesundheitsschutz muss auch weiterhin Vorrang haben“, betont die CDU: „Wir brauchen die Maskenpflicht in allen Geschäften, in Behörden und im öffentlichen Personennahverkehr.“

Doch auch die in Rheinland-Pfalz mitregierenden Grünen forderten am Dienstag eine Maskenpflicht: „Wir Grünen setzen uns dafür ein, auch in Rheinland-Pfalz eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in bestimmten öffentlichen Räumen einzuführen, zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen“, sagte Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun – Gehör fand er damit in der Ampel-Koalition aber offenbar nicht. Eine Maske könne zusätzlich zum Einhalten der notwendigen Abstands- und Hygieneregeln dazu beitragen, dass die Zahl der Neuinfektionen trotz der neuerlichen Lockerungen nicht wieder ansteige, argumentierte Braun: „Wir dürfen den hart erkämpften positiven Trend bei den Ansteckungszahlen jetzt nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.“

In Mainz trägt sogar die Zugente eine Mund-Nasen-Maske - und das schon seit Wochen! - Foto: MCV
In Mainz trägt sogar die Zugente eine Mund-Nasen-Maske – und das schon seit Wochen! – Foto: MCV

Das sagen auch Virologen, dazu besagen jüngste Studien, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes insgesamt erheblich zum Stopp einer Ausbreitung des Virus beiträgt, da man die eigene Tröpfchenverbreitung so unterbinden kann – eine Maske schützt also das Gegenüber vor der Ansteckung. Virologen betonten, das sei sinnvoll, weil viele mit Covid-19-Infizierte schon ansteckend sind, bevor sie selbst wissen, dass sie die Krankheit haben. Hongkong habe so eine Ausbreitung der Pandemie wirkungsvoll verhindert – mehr dazu lest Ihr in aller Detailfülle hier bei Mainz&.

Die Junge Union in Mainz schloss sich am Dienstag ebenfalls den Forderungen zum Tragen von Masken an: Wenn Masken dazu beitragen könnten, bestehende Lockerungen sicherer zu gestalten, „dann sollte die Stadt auf dieses Mittel setzen“, sagte der stellvertretende JU-Vorsitzende Marc Philipp Janson. Ein Mangel an Masken dürfe nicht als Argument gegen die Maskenpflicht gelten, jeder könne sich im Zweifel einen Schal oder Tuch um Mund und Nase binden. Die JU wies auch darauf hin, dass die zu Beginn des Shutdown gegründete Einkaufshilfe-Plattform www.die-heldenboerse.de inzwischen um eine Maskenbörse erweitert wurde. Hier sind Initiativen verzeichnet, die Masken schneidern und vertreiben – in Mainz ist allerdings keine Initiative verzeichnet – obwohl es auch in Mainz diverse Initiativen gibt, bei denen Masken geschneidert und abgegeben werden. Wir recherchieren das dann mal 😉

Info& auf Mainz&: Einen Überblick über die bundesweiten Regelungen zur Maskenpflicht, wo sie gelten und in welchem Umfang, könnt Ihr hier bei Spiegel Online lesen. Warum Mund-Nasen-Masken tatsächlich gegen die Verbreitung des Coronavirus helfen, und wie sich die Politik selbst ein Bein gestellt hat bei ihrer Verbreitung – das haben wir hier bei Mainz& ausführlich aufgeschrieben. Alle Informationen, Meldungen und Hintergründe zur Coronavirus Epidemie findet Ihr weiter auf unserer Sonderseite „Alles zum Coronavirus“ genau hier bei Mainz&.

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