An diesem Montag trifft sich der Mainzer Stadtrat zu einer entscheidenden Sitzung: Beraten wird der neue Haushalt für das Jahr 2025 – und der hat es in sich. Denn die Stadt Mainz steckt tief in den roten Zahlen, die Stadtverwaltung rechnet selbst mit einem Minus von rund 170 Millionen Euro im kommenden Jahr. Damit ist klar: Einsparungen tun Not – doch die Liste, die der Stadtvorstand für die Haushaltssitzung am Montag vorgelegt hat, ist eine wahre „Giftliste“. Mainz& zeigt auf, wo es für die Bürger teurer wird, und wo die Stadt bei sich selbst kürzen will.

Beginn der insgesamt 34 Punkte umfassenden "Giftliste" der Finanzverwaltung der Stadt Mainz für Einsparungen und Mittelerhöhungen im Haushalt 2025. - Screenshot: gik
Beginn der insgesamt 34 Punkte umfassenden „Giftliste“ der Finanzverwaltung der Stadt Mainz für Einsparungen und Mittelerhöhungen im Haushalt 2025. – Screenshot: gik

„Konsolidierungsmaßnahmen Verwaltungsentwurf 2025“ heißt die schlichte Überschrift über ein Papier, das es in sich hat: Es ist eine Liste von Einsparungen und vor allem auch der Erhöhung von Gebühren und Abgaben, mit denen die Stadtverwaltung das drohende Haushaltsloch in den Griff bekommen will. Noch ist die Liste „nur“ ein Entwurf, wird sie aber von der neuen Mehrheit der Kenia-Koalition aus Grünen, CDU und SPD am Montag verabschiedet, erwartet die Bürger der Stadt erhebliche Mehrkosten.

Punkt 1 auf der „Giftliste“, wie solche Einsparvorschläge im politischen Umfeld genannt werden, ist die Erhöhung von Steuern und Abgaben. Ganz oben steht die Anhebung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer von 310 auf 440 Punkte, das wurde vom Stadtrat bereits beschlossen – für die Unternehmen in Mainz bedeutet das zum Teil erhebliche Mehrausgaben. An diesem Montag soll nun zudem die Vergnügungssteuer auf Spielautomaten von 20 Prozent auf 25 Prozent erhöht werden, wieviel das bringt: unklar.

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Kommt die Anhebung der Grundsteuer – oder doch nicht?

Einen erheblichen Batzen soll hingegen die Anhebung der Grundsteuer auf satte 600 Punkte bringen: Das würde der Stadt Mainz rund 20 Millionen Euro mehr in die Kasse spülen als derzeit. Der Haken daran: Die Anhebung der Grundsteuer käme zur Unzeit, denn zum 1. Januar 2025 greift nun die lange vorbereitete Grundsteuerreform. Und die wird für so gut wie alle Hausbesitzer in Mainz ohnehin schon deutliche Mehrkosten bedeuten, weil die Grundstückswerte gerade in Mainz in den vergangenen Jahrzehnten geradezu explodiert sind.

Eine Anhebung der Grundsteuer B würde Wohnen in Mainz weiter verteuern - und zwar für alle. - Foto: gik
Eine Anhebung der Grundsteuer B würde Wohnen in Mainz weiter verteuern – und zwar für alle. – Foto: gik

Die Bundesregierung hatte bei der Vorbereitung der Reform aber hoch und heilig geschworen, die Reform werde „aufkommensneutral“, und zwar für die Kommunen, für die die Grundsteuer eine wichtige Einnahmequelle ist. Die Einnahmen bei den Kommunen sollen nun aber weder deutlich sinken, noch steigen, so das Versprechen der Politik. In der Realität zeigt sich gerade: Das ist so gut wie nicht einzuhalten. Für Mainz gilt schon jetzt: Würde die Stadt das Versprechen der Aufkommensneutralität einhalten, müsste der Hebesatz für die Grundsteuer B von derzeit 480 Punkten auf 403 Punkte sitzen – das Gegenteil wird der Fall sein.

Denn Finanzdezernent Günter Beck (Grüne) schlug im Oktober eine satte Anhebung des Hebesatzes auf 600 Punkte vor, und das, obwohl schon das Beibehalten des alten Satzes von 480 Punkten ein Plus von rund 8 Millionen Euro in der Stadtkasse bedeutet. Der Aufschrei war enorm, vergangenen Freitag wurde im Stadthaus gar eine Petition mit rund 1.500 Unterschriften gegen die Anhebung der Grundsteuer B übergeben. Das Problem nämlich: Das Anheben der Grundsteuer B verteuert das Wohnen für alle in Mainz – Hausbesitzer wie Mieter.

Neue Übernachtungsabgabe, weniger Zuschuss zum Jobticket

Denn die Grundsteuer kann auf die Nebenkosten umgelegt werden, Wohnen würde damit in Mainz noch einmal teurer, als es ohnehin schon ist: Die Landeshauptstadt gehört seit Jahren zu den zehn teuersten Städten in Deutschland. Besonders die CDU hatte im Wahlkampf fest versprochen, mit ihr werde es eine weitere Anhebung des Grundsteuer B nicht geben, an diesem Montag muss sie nun Farbe bekennen: Stimmt sie der Anhebung auf 600 Punkte zu – oder nicht?

Müssen Gäste in Mainz bald eine Übernachtungsabgabe zahlen? Hier ein Zimmer im "Me and All"-Hotel. - Foto: gik
Müssen Gäste in Mainz bald eine Übernachtungsabgabe zahlen? Hier ein Zimmer im „Me and All“-Hotel. – Foto: gik

Interessant dabei: Im Ratsinformationssystem finden sich für die Stadtratssitzung gleich zwei verschiedene neue Hebesatzungen für die Grundsteuer – einen für die Anhebung auf 600 Punkte, einen zweiten aber für die Beibehaltung der 480 Punkte. In der Begründung dazu heißt es lapidar, die zweite Fassung sei für den Fall, dass die Anhebung auf 600 Punkte „keine Zustimmung erhält.“ Offenbar rechnet die Verwaltung also selbst damit, dass ihr Vorschlag zu Anhebung im Stadtrat durchfallen könnte – das lässt einiges erwarten.

Weiter plant die Verwaltung zur Einnahmesteigerung die Einführung einer Übernachtungsabgabe ab 2026, damit würde jeder Gast in einem Hotel oder einer anderen Unterkunft in Mainz „zur Kasse gebeten“ – die Hotellerie dürfte das nicht freuen. Wie viel durch die Übernachtungsabgabe erlöst werden könnte: unklar. Ferner will die Stadt die Kosten für die Durchführung der Stadtrats- und Ausschusssitzungen reduzieren, und zwar um 100.000 Euro jährlich – wie genau, wird nicht gesagt. Gespart wird aber auch ein wenig bei den Mitarbeitern: Der städtische Zuschuss für das Job-Ticket soll um 50 Prozent reduziert werden – die fette Jahre sind eindeutig vorbei.

Höhere Standgebühren bei Festen, Anwohnerparken wird teurer

Gespart werden soll zudem beim Zuschuss an die Volkshochschule Mainz beim Thema Nachhaltigkeit, der Zuschuss soll von 50.000 auf 15.000 Euro jährlich sinken. Interessant auch: Für die von Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) lange geplante Studie „Baden im Rhein“ soll es nun keine Mittel geben. Nach Mainz&-Informationen heißt das aber nicht, dass die Studie komplett entfällt: Offenbar will man nun auf Expertise innerhalb der Verwaltung setzen.

Die Standgebühren bei der Mainzer Johannisnacht sollen steigen. - Foto: gik
Die Standgebühren bei der Mainzer Johannisnacht sollen steigen. – Foto: gik

Auch das städtische Sicherheitskonzept für Veranstaltungen im öffentlichen Raum soll überarbeitet, und dabei Kosten reduziert werden – das könnte interessant werden. Denn derzeit klagen gerade Vereine, Festorganisatoren und nicht zuletzt die Fastnacht, dass die ihnen aufgebürdeten Kosten für Veranstaltungen geradezu explodiert sind Die Frage nun: Streicht die Stadt Anforderungen – oder bürdet sie mehr Kosten den Veranstaltern auf?  Tatsächlich sieht die Einsparliste auch die Erhöhung der Standgebühren für die Mainzer Johannisnacht sowie für weitere „Messen und Märkte“ vor, hier will die Stadt insgesamt 81.500 Euro jährlich mehr einnehmen.

Teurer wird es indes auch für die Bürger: Die Gebühren für das Bewohnerparken sollen um insgesamt um 0,6 Millionen Euro in 2025 und 1,2 Millionen Euro ab 2026 steigen. Überhaupt will die Stadt die „sonstigen Gebühren im Bereich der Straßenverkehrsbehörde um 180.000 Euro jährlich“ steigern – das lässt nichts Gutes ahnen: Das dürfte weitere neue Blitzer bedeuten. So stehen denn auch im Investitionsplan für 2025 rund 930.000 Euro für die Neuanschaffung einer „Blitzersäule“ sowie weitere 58.000 Euro für die Anschaffung einer weitere mobilen Blitzerkamera – und rund 118.000 Euro für ein neues Fahrzeug für den mobilen Blitzer.

Eintritt in Museum teurer, kein Palatin, kein Kulturkaufhaus

Teurer wird es auch im Kulturbereich: Der Eintritt in die städtischen Museen kostet künftig wohl 10 Euro statt bisher 5 Euro, Zuschüsse in Kulturbereich werden gestrichen oder gekürzt – so etwa beim Bach-Chor oder auch beim Open Ohr: Bei dem politischen Jugendkulturfestival soll der städtische Zuschuss auf 50.000 Euro begrenzt werden. Das Staatstheater darf sich hingegen weiter über üppige Zuwendungen freuen: Der Betriebskostenzuschuss von rund 14,7 Millionen Euro könnte 2025 um weitere 500.000 Euro steigen, das werde durch Forderungen des Landes nötig, heißt es in einer Vorlage.

De Zukunft des ehemaligen Programkinos Palatin in der Hinteren Bleiche steht in den Sternen. - Foto: gik
De Zukunft des ehemaligen Programkinos Palatin in der Hinteren Bleiche steht in den Sternen. – Foto: gik

Zum Vergleich: Der Kabaretttempel „Unterhaus“ erhält gerade einmal rund 132.000 Euro, das FILMZ 10.000 Euro und das Performance Art Depot PAD ganz 1.000 Euro – alle Theater gemeinsam sollen ab 2025 nun gedeckelt 308.000 Euro an Förderung erhalten. Gestrichen werden sollen hingegen die Pläne für das zweite Programmkino Palatin: „Kein Erwerb oder Miete eines Gebäudeanteils für das Palatin-Kino“, heißt es in der Vorlage – auch dagegen regte sich prompt Protest. Auch das Peter-Cornelius-Konservatorium muss mit deutlich weniger Geld auskommen, die Zuschüsse zu Kultureinrichtungen sollen um rund 250.000 Euro sinken.

Nicht realisieren will die Stadt laut der Vorschlagsliste auch den Erwerb des „Kulturkaufhauses Fuststraße“, hier sollte der Neubau an der Ludwigsstraße an Stelle des früheren Karstadt Sports einen neuen Kultur-Höhepunkt ermöglichen, was daraus nun wird: Unklar. Kein einziges Mal kommt in den Haushaltsentwürfen zudem das Wort „Kulturbäckerei“ vor – das Prestigeprojekt von SPD und Grünen sorgte vor der Kommunalwahl für heftige Auseinandersetzungen, nun findet sich kein Wort dazu im Haushaltsentwurf. Was das bedeutet: unklar.

Sparpläne beim Mittagessen und Spotr-Umkleiden

Verschoben werden soll auch der Neubau einer Großsporthalle in das Jahr 2026 sowie ein ganze Reihe weiterer Maßnahmen wie Sanierungen, Ersatzneubauten oder Erweiterungen von Sportanlagen oder Schulbauten – hier zeigt sich ein durchgängiges Prinzip: Man wolle sich auf „wenige bedeutsame Projekte im Jahr 2025“ konzentrieren, viele andere Projekte sollen in Folgejahre verschoben werden in der Hoffnung auf bessere Finanzzeiten – diese Linie hatte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) schon im Interview mit Mainz& angekündigt.

Sparpläne gibt es auch für Mittagessen in Kitas und Betreuung in Grundschulen. - Foto: gik
Sparpläne gibt es auch für Mittagessen in Kitas und Betreuung in Grundschulen. – Foto: gik

Was das bedeutet, kann man in der Liste der geplanten Investitionen erahnen: Dort werden Investitionen in neue Umkleiden etwa in Bretzenheim, Mombach oder am Sportplatz Ulrichstraße zunächst einmal ausgesetzt, ebenso der Neubau eines Kunstrasens in Weisenau oder der Neubau des Sportzentrums Rieds – allein Letzteres „spart“ erst einmal rund 20 Millionen Euro, die Großsporthalle schlägt allein mit rund 63 Millionen Euro ersparter Investitionen zu Buche.

Besonders ärgerlich für Familien dürften die Sparpläne der Stadt in Sachen Mittagessen und Kosten für die Ganztagsbetreuung werden: So will die Stadt durch Erhöhung der Elternbeiträge für das Mittagessen an Schulen ab dem Schuljahr 2025/2026 rund 500.000 Euro pro Jahr mehr einnehmen, die Kosten für die Ganztagsbetreuung an Grundschulen soll ab dem Schuljahr 2026/2027 gar komplett an die Eltern weitergegeben werden. Und auch die Elternbeiträge für das Mittagessen in Kitas soll ab dem Kita-Jahr 2025/2026 um rund 1,9 Millionen Euro pro Jahr, ab dem Kita-Jahr 2026/2027 sogar um rund 3,3 Millionen Euro jährlich steigen.

Pauschale Mindestausgaben in allen Dezernaten

Sparen müssen indes auch die städtischen Ämter: Die „Giftliste“ sieht Reduzierungsvorgaben der Budgets bei den Ämtern und Dezernaten pauschal um 10 Prozent vor, die Kosten im Sozial- und Jugendbereich müssen um rund 36 Millionen Euro sinken – und alle Sachkosten pauschal um weitere rund 5 Millionen Euro reduziert werden. Insgesamt sollen alle Maßnahmen der „Giftliste“ zu rund 126 Millionen Euro weniger Ausgaben führen, statt 366 Millionen Euro will die Stadt 2025 nun „nur“ rund 157 Millionen Euro investieren.

Wohin bewegen sich die Finanzen der Stadt Mainz, was kann sich die Stadt noch leisten - und was nicht? - Foto: gik
Wohin bewegen sich die Finanzen der Stadt Mainz, was kann sich die Stadt noch leisten – und was nicht? – Foto: gik

Ob das der Dienstaufsicht ADD am Ende reicht, ist noch nicht ausgemacht. Insgesamt sieht der Haushaltsentwurf für 2025 nun Ausgaben von etwas mehr als einer Milliarde Euro vor – bei Einnahmen, die laut Prognosen bei rund 841 Millionen Euro angesetzt sind. Allerdings sieht der bisherige Haushaltsentwurf zugleich die Schaffung von rund 140 neuen Stellen in der Verwaltung vor, die „Giftliste“ fordert, diese Zahl um 50 Prozent zu reduzieren.

Was von der Einsparliste am Ende wirklich kommt? Bislang unklar: Die neuen Koalitionäre der Kenia-Koalition wollen bis zur Stadtratssitzung noch Änderungsanträge einbringen. Bislang – Stand Montagfrüh – liegen die indes noch nicht vor. Die einzige Fraktion im Mainzer Stadtrat, die bisher eigene Änderungsvorschläge unterbreitet hat, ist die AfD.

Info& auf Mainz&: Alle Unterlagen zum Haushalt der Stadt Mainz für 2025 sowie den Änderungsantrag der AfD und weitere Unterlagen findet Ihr hier im Ratsinformationssystem. Die Sondersitzung zum Haushalt der Stadt Mainz für das Jahr 2025 beginnt ab 15.00 Uhr im Kurfürstlichen Schloss, verfolgen könnt Ihr die Sitzung auch hier im Livestream – sofern der nicht mal wieder streikt, wie in den beiden letzten Sitzungen.