Die drastische Anhebung der Grundsteuer B in Mainz kommt doch nicht – vorerst zumindest. In letzter Minute legte die neue Kenia-Koalition im Mainzer Stadtrat aus Grünen, CDU und SPD einen Änderungsantrag zum Haushaltsentwurf 2025 vor, und der sah nun plötzlich doch einen Verzicht auf eine Anhebung auf 600 Punkte vor. Der Hebesatz soll nun erst einmal doch bei 480 Punkten bleiben, damit setzte sich vor allem die CDU in der neuen Koalition durch. Zur Begründung hieß es, die Auswirkungen der neuen Grundsteuerreform seien noch gar nicht absehbar – man wolle noch abwarten.
Zum 1. Januar 2025 gelten durch die Grundsteuerreform neue Steuersätze, in Mainz ist schon jetzt klar: Die Kosten werden erheblich steigen – das 3-fache bis 17-fache ist möglich. Das sorgt für deutliche Empörung, denn versprochen wurde den Bürgern durch die Politik eine „aufkommensneutrale Reform“. Inzwischen ist klar: „Aufkommensneutral“ gilt nicht für die Bürger, sondern höchstens für die Kommunen – und die nutzen die Möglichkeit sogar noch, Mehreinnahmen durch die Reform zu generieren.
Das wollte auch Finanzdezernent Günter Beck (Grüne): Mit dem Argument, die Kommunalaufsicht ADD verlange es angeblich, hatte Beck im Oktober eine drastische Anhebung der Grundsteuer B auf 600 Punkte vorgelegt – herausgekommen war das nur durch Anfragen der Opposition im Mainzer Stadtrat. Rund 20 Millionen Euro wollte Beck dadurch mehr in die Stadtkasse holen, die Umsetzung des Versprechens der Aufkommensneutralität lehnte er ab.
Krach um geplante Anhebung der Grundsteuer auf 600 Punkte
In der Folge kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den politischen Parteien – aber auch im Stadtvorstand: Nach Mainz&-Informationen krachte es lauthals zwischen Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) und Finanzdezernent Beck, in Interviews widersprachen sich beide öffentlich – das hatte es bislang so auch noch nicht gegeben. Auch in der Bevölkerung regte sich heftiger Protest, eine Petition sammelte in kürzester zeit rund 1.500 Unterschriften gegen die Anhebung, Bund der Steuerzahler, Industrie- und Handelskammer und Hausbesitzer-Verband protestierten. Das Problem: Eine solch erhebliche Anhebung der Grundsteuer B hätte das Wohnen in Mainz insgesamt verteuert – mehr dazu hier bei Mainz&.
Nun aber kommt die Anhebung auf 600 Punkte doch nicht: Am Montag legte die neue Kenia-Koalition lediglich Minuten vor der Stadtratssitzung um 15.00 Uhr einen Änderungsantrag zum Haushaltsentwurf für 2025 vor – und der enthielt auch ein Nein zur Grundsteueranhebung. Stattdessen soll der Hebesatz nun bei 480 Punkten bleiben, das aber bedeutet immer noch Mehreinnahmen für die Stadt von rund 8 Millionen Euro im Jahr. Die FDP hatte das vehement kritisiert, und eine Absenkung auf 403 Punkte gefordert, um die versprochene Aufkommensneutralität zu erreichen.
„Wir haben beschlossen, dass es Sinn macht, erst einmal abzuwarten“, begründete Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler nun die Kehrtwende seiner Partei. Man wolle erst einmal die Auswirkungen der Reform „genau analysieren“ und zudem abwarten, welche Regelungen noch von Bund und Land kämen. Die neue Kenia-Koalition müsse aber auch die Einnahmen im Blick behalten, „in Zeiten, in denen Haushalte genehmigungsfähig sein müssen“, betonte Köbler. Damit hielt sich der Grünen-Fraktionschef eine Hintertür offen: spätere Anhebungen schloss er damit ausdrücklich nicht aus.
CDU: Mit uns keine Anhebung der Grundsteuer
Anders die CDU: „Die Grundsteuer ist ein ganz sensibler Punkt für die Menschen der Stadt“, betonte CDU-Stadtrat Karsten Lange, und kritisierte: „Es wird in dieser Stadt entgegen allen Beteuerungen auf Landes- und Bundesebene schon eine kleinere Mehrbelastung geben.“ Der CDU aber sei wichtig gewesen zu unterstreichen: „Mit uns wird es keine Anhebung des Hebesatzes geben“, betonte Lange ausdrücklich. Von Seiten der SPD hieß es, man habe einfach noch „keine gerechte Berechnungsgrundlage“ vorliegen, deshalb plädiere man für einen Prüfauftrag – auch das ist kein Ausschluss einer künftigen Anhebung.
Die FDP kritisierte hingegen, es werde eine Vielzahl von Haushalten geben, die schon durch die Beibehaltung des alten Hebesatzes von 480 Punkten deutlich mehr belastet würden – vor allem bei älteren Immobilien mit Grünflächen oder Garten könne eine Grundsteuer von bis zu 600 Prozent mehr drohen. Die FDP forderte deshalb eine Absenkung auf den aufkommensneutralen Hebesatz von 403 Punkten, die AfD wollte das unbedingt noch unterbieten und plädierte gar für eine Senkung auf 400 Punkte.
Auch die ÖDP kritisierte derweil die Grundsteuer-Anhebung als einen „eklatanten Verstoß gegen das Versprechen einer für die Bürgerinnen und Bürger aufkommensneutralen Grundsteuerreform“ und forderte eine Absenkung auf 420 Punkte. Zur Gegenfinanzierung müssten in der Verwaltung stärkere Einsparanstrengungen durch Digitalisierung und Bürokratieabbau erfolgen. Auch die Linke forderte eine neutrale Umsetzung der Grundsteuerreform und die Senkung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auf 403 Punkte.
CDU setzt Nein der Kenia-Koalition zur Grundsteueranhebung durch
„Man müsste in einer Demokratie darauf vertrauen können, dass gewählte Politiker sich auch an ihre Versprechen gebunden fühlen“, monierte auch der Fraktionschef der Freien Wähler, Erwin Stufler. Auch die Initiative der Ampel-Koalition im Land zu gesplitteten Steuersätzen komme viel zu spät, es könne nicht Aufgabe der Stadt sein, „die Folgen einer verkorksten Reform und einer untätigen Landesregierung zu heilen“, fügte Stufler hinzu.
Am Ende stimmte die Kenia-Koalition mit ihrer großen Mehrheit von zwei Drittel der Stimmen im Mainzer Stadtrat für die Beibehaltung des Grundsteuer-Hebesatzes von 480 Punkten – und gegen die von ihrem eigenen Dezernenten geforderte Anhebung. Die Auswirkungen werden die Bürger in ihrem Finanzbescheid und dann in den Nebenkosten-Abrechnungen sehen – Fortsetzung folgt.
Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht zum Thema Grundsteuer findet Ihr hier auf Mainz&.