Bäckereien und Dönerladen dürfen öffnen, die Eiscafés aber dürfen nicht einmal Straßenverkauf machen – immer mehr Eisdielenbesitzer verstehen das nicht. „Für uns ist das wirtschaftlich ein Riesenproblem“, sagt Falk Möbus, Betreiber zweier Eisdielen in Mainz-Bretzenheim – warum nicht auch er mit Sicherheitsabstand und Vorkehrungen gegen die Coronapandemie öffnen darf, versteht er nicht. In Hessen fordert nun eine Petition, den Eiscafés das „Eis to go“ zu erlauben. Dazu berichten auch in dieser Branche Betreiber wie Möbus: Die Soforthilfen des Bundes kommen bei den Unternehmen in Rheinland-Pfalz nicht an, Darlehen werden von den Banken abgelehnt. „Ich fühle mich zumindest ein Stück weit im Stich gelassen“, sagt Möbus.
„Tausende Eisdielen müssen um ihre Existenz bangen, da sie nach der Winterpause wenige Rücklagen haben“, schreibt Isabelle Karstaedt aus Frankfurt, sie hat auf Openpetition.de eine Initiative gestartet, die Eisdielen in Hessen wieder zu öffnen. Die Hauptsaison der Eisdielen sei im Frühling und im Sommer, schließe man die Eisdielen jetzt, „werden sie nun auch für den nächsten Winter nicht genug Rücklagen haben“, sagt Karstaedt. Eisdielen könnten doch genauso wie Bäckereien „Eis to go“ anbieten, für Abstand mit Linien sorgen und mit Handschuhen und Mundschutz arbeiten. „Ist ein Sommer ohne Eis nicht traurig?“ fragt sie.
Karstaedts Petition richtet sich an die Landesregierung in Hessen, doch in Rheinland-Pfalz ist die Situation dieselbe: „Seit dem 20.3. sind unsere beiden Betriebe geschlossen, wirtschaftlich ist das ein Riesenproblem“, sagt Falb Möbus im Gespräch mit Mainz&. Möbus betreibt seit acht Jahren zwei Eisdielen im Mainzer Stadtteil Bretzenheim, eine in der Hans-Böckler-Straße und das Eiscafé im Gutenberg Center. „Für uns beginnt jetzt gerade die Hauptsaison, die Reserven vom Winter sind aufgebraucht“, berichtet auch Möbus, „aber wir bekommen überall Steine in den Weg gelegt.“
Was der Eisdielenchef nicht versteht, ist vor allem die Ungleichbehandlung in der Bundesrepublik: „Es ist doch nicht einzusehen, dass in Bayern die Eiscafes offen haben, und in Rheinland-Pfalz wird alles zugemacht“, kritisiert der 46-Jährige: „Ich sitze 400 Kilometer weit weg, hier haben wir genauso Corona – wieso wird hier in der Bundesrepublik mit zweierlei Maß gemessen?“ Jeder Dönerladen und jede Hähnchenbude dürfe öffnen, aber die Eisdiele nicht, das sei doch nicht einzusehen, sagt Möbus. Vor dem Gutenbergcenter stehe ein Stand für Grillhähnchen, der dürfe öffnen, sein Eiscafé aber nicht. „Wenn wir wenigstens einen leichten Straßenverkauf machen könnten, um wenigstens einen Teil der notwendigen Umsätze machen zu können“, hofft er, „damit der Schaden nicht ganz so groß wird.“
Vor gut vier Wochen, zu Beginn des Shutdowns wegen der Coronapandemie, waren es allerdings ausgerechnet die Eisdielen, die zu den Anziehungspunkten für Menschenmassen wurden. Vor den Dielen bildeten sich lange Schlangen, von Abstand war aber keine Spur – genau diese Bilder waren ein wichtiger Grund für die Politik, Kontaktsperren und rigide Shutdown-Maßnahmen zu verhängen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu unterbinden.
„Vor vier Wochen haben wir das vielleicht auch noch alles anders gesehen“, räumt Möbus ein, doch der heutige Kenntnisstand sei ein anderer – und die Menschen hätten sich an Regeln und Abstand gewöhnt. „Wenn uns das Ordnungsamt Maßnahmen auferlegt, würden wir die selbstverständlich einhalten“, sagt Möbus. Zweimal habe er Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) deswegen angeschrieben, sagt Möbus: „Eine Antwort habe ich nicht bekommen.“
Dazu komme das Problem, dass auch bei ihm bisher keine der versprochenen Finanzhilfen ankommen. „Das Wort ‚unbürokratisch‘ kann ich nicht mehr hören“, schimpft Möbus, er erlebe nur: „Die groß angekündigten Unterstützungen mit Krediten werden nicht ausgezahlt.“ Die Banken fragten nach Sicherheiten und lehnten Kredite ab, trotz Bürgschaften des Staates. Die Soforthilfe des Bundes habe er beantragt, am Mittwoch habe er überhaupt erst einmal eine Besätigung des Antragseingangs bekommen. Ob er Gelder bewilligt bekommt und wieviel, Möbus weiß es immer noch nicht.
Drei Festangestellte hat Möbus, die hat er in Kurzarbeit schicken müssen – bezahlen darf er sie aus den Soforthilfen sowieso nicht, weil die Gelder nur für Betriebsausgaben verwendet werden dürfen. „Mir erschließt sich überhaupt gar nicht, warum wir unsere Mitarbeiter davon nicht bezahlen dürfen“, sagt Möbus, „ich habe auch keine GmbH, Privatentnahmen darf ich davon auch nicht machen – wovon soll ich denn leben? Was soll ich denn mit der Soforthilfe bezahlen?“ Seit acht Jahren sei er in Mainz ansässig, zahle regelmäßig Steuern, „jetzt brauche ich die Hilfe, und sie wird mir nicht gewährt“, ärgert er sich: „Ja, ich fühle mich zumindest ein Stück weit im Stich gelassen.“
Info& auf Mainz&: Die Petition zur Öffnung der Eisdielen in Hessen findet Ihr hier im Internet. Mehr zu dem Thema Soforthilfen, und wo sie nicht ankommen, lest Ihr hier bei Mainz&, einen Bericht über Brandbriefe und warum sich Solo-Selbstständige als „Unternehmer zweiter Klasse“ fühlen, lest Ihr hier. Alles zur Coronakrise und ihren vielen Aspekten findet Ihr auf unserer Sonderseite „Alles zum Coronavirus“ genau hier bei Mainz&. Bitte klickt Euch auch am Ende der Seite durch die nachfolgenden Seiten.