Das Erdbeben in der FDP geht weiter, nun hat ein altgedienter FDP-Politiker aus Mainz unter Protest die Partei verlassen: Der frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt, Helmut Schäfer, hat zum Jahreswechsel seinen Austritt aus der FDP erklärt, wie sein Berliner Büro mitteilte – und zwar nach 60 Jahren Parteizugehörigkeit. Schäfer begründete seinen Schritt mit „schweren Versäumnissen der Parteiführung“, insbesondere im Bereich der Außenpolitik.

Löst zunehmend Kritik in den eigenen Reihen aus: FDP-Parteichef Christian Lindner. - Foto: FDP
Löst zunehmend Kritik in den eigenen Reihen aus: FDP-Parteichef Christian Lindner. – Foto: FDP

„Die heutige FDP-Spitze hat die Außenpolitik der Ära Genscher weitestgehend vergessen“, kritisierte Schäfer in der Mitteilung. Dabei habe „gerade diese Außenpolitik entscheidend zur Beendigung des Kalten Krieges, zu den Abrüstungsverträgen mit Russland und damit zur deutschen Wiedervereinigung und zum Frieden in Europa beigetragen. Sie war über Jahrzehnte hinweg Schwerpunkt liberaler Politik und wichtiger Garant für den Erfolg der FDP“, betonte Schäfer.

Die aktuelle Partei- und Fraktionsführung der FDP habe stattdessen in der Berliner Ampelkoalition die Verantwortung für die Außenpolitik an die Grünen abgetreten und damit „in denkbar unerfahrene Hände“, kritisierte Schäfer weiter: „Bei der aktuellen Parteiführung der FDP drängt sich längst der Eindruck auf, mit Außenpolitik nichts mehr anfangen zu können oder sie allein einer Frau Strack-Zimmermann zu überlassen“, fügte Schäfer mit Blick auf die inzwischen nach Brüssel abgewanderte FDP-Politikerin Agnes Strack-Zimmermann hinzu.

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Staatsminister im Auswärtigen Amt, Bundestagsabgeordneter

Schäfer gehört zu den Elder Statesmen der FDP: Der studierte Studienrat wurde am 9. Januar 1933 in Mainz geboren, studierte unter anderem an der Uni Mainz und war in den 1970er Jahren unter anderem stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Rheinland-Pfalz. Von 1977 bis 1998 vertrat Schäfer den Wahlkreis Mainz im Deutschen Bundestag und wurde dort schnell zum außenpolitischen Experten und schließlich außenpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Von 1987 bis 1998 arbeitete Schäfer als Staatsminister im Auswärtigen Amt in Bonn unter den Außenministern Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel.

Der fast 91 Jahre alte Schäfer forderte nun, die  FDP müsse sich wieder auf ihre liberalen Grundwerte und auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. „Die Menschen sehnen sich nach einer liberalen Partei, die offensiv gegen Bevormundung, Gängelung und ideologisch verbrämte Engstirnigkeit eintritt, vor allem aber sich energischer für die Einhaltung der im Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit einsetzt“, sagte Schäfer weiter: „Nur wenn es gelingt, das glaubhaft deutlich zu machen, haben die Liberalen überhaupt noch einmal eine Chance, das Vertrauen der Menschen bei der kommenden Bundestagswahl zurückzugewinnen.“ Damit das erreicht werde könne, müsse sich „die Partei allerdings wohl in weiten Teilen neu erfinden“, fügte er hinzu.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Karriere von Helmut Schäfer könnt Ihr hier bei Wikipedia nachlesen, dort haben wir auch die wichtigsten Biographie-Daten entnommen.

 

 

Politische Stationen und Schwerpunkte Helmut Schäfers

 

Der 91-jährige Schäfer war 60 Jahre lang Mitglied der Freien Demokratischen Partei. Er gehörte dem Bundestag 21 Jahre als Abgeordneter des Wahlkreises Mainz an (von 1977 bis 1998). In der Regierungszeit von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) stand Helmut Schäfer von 1987 bis 1998 als Staatsminister im Auswärtigen Amt an der Seite der Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel (beide FDP).

 

Zuvor war Schäfer außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Er vertrat die FDP in der Weltunion liberaler Parteien. Die Pflege der Ost-West-Beziehungen war Schwerpunkt der politischen Arbeit Helmut Schäfers. Er pflegte – seit seinem Studium der Amerikanistik – enge Beziehungen vor allem zu den USA. Aber auch zur Sowjetunion – nach einem ersten Besuch der Jungen Liberalen 1968 in der damaligen UdSSR sowie später als Vorsitzender der deutsch-sowjetischen Parlamentarischen Gesellschaft im Deutschen Bundestag.

 

Schon frühzeitig galt Schäfers besonderes Engagement dem wachsenden Nahostkonflikt, der Überwindung des Apartheidregimes in Südafrika und den Krisen in Lateinamerika. Zudem vertrat Schäfer die Bundesregierung auch im EU-Kulturministerrat.