Die Mainzer Mobilität benutzt noch immer Glyphosat zum Freihalten der Straßenbahngleise im Mainzer Stadtgebiet. Das Unternehmen habe im Sommer 2018 das Mittel Glyfos TF Classic mit dem Wirkstoff Glyphosat eingesetzt, teilte die Stadtverwaltung am Mittwoch im Mainzer Stadtrat auf Anfrage der ÖDP mit. Das Mittel sei im April 2018 von der Dienstaufsicht ADD in Trier genehmigt worden. Die Mainzer Verkehrsgesellschaft wolle aber künftig keine glyphosathaltigen Mittel mehr einsetzen, aktuell werde nach Alternativen gesucht, betonte Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne).

Straßenbahngleise entlang der Unteren Zahlbacher Straße. - Foto: gik
Straßenbahngleise entlang der Unteren Zahlbacher Straße. – Foto: gik

Glyphosat gilt als hochgradig wirksames Pflanzengift, das nicht nur „Unkraut“, sondern gleich alle Grünpflanzen vernichtet, die mit dem Mittel in Berührung kommen. Studien der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge ist Glyphosat wahrscheinlich krebserregend, in mehreren Gerichtsverfahren in den USA wurde diese Einschätzung gerade bestätigt – dem Hersteller Monsanto und seiner Mutterfirma Bayer drohen deshalb millionenschwere Entschädigungszahlungen. Glyphosat ist trotzdem das weltweit am meisten eingesetzte Pflanzengift, in Deutschland ist die Deutsche Bahn der größte Alleinverwender glyphosathaltiger Mittel, die zum Freihalten der Gleise von Bewuchs eingesetzt werden. Am Freitag kündigte die Deutsche Bahn ihren Ausstieg an: Ab dem Jahr 2020 will man hier kein Glyphosat mehr einsetzen.

„Pestizide sind schlichtweg Gifte, die gemacht sind, um Pflanzen oder Insekten zu töten“, heißt es dazu beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Das Totalherbizid vernichte generell alles Grün rund um die Nutzpflanze, auch für Insekten wichtige Blühpflanzen – und trage damit erheblich zur Vernichtung der Artenvielfalt bei. Das sei auch für den Menschen nicht eben gesund, sagt Corinna Hölzel vom BUND: „Pestizide sind oftmals krebserregend oder hormonell oder neurotoxisch wirksam.“ Das bedeutet: Die Pestizide können das Hormonsystem sowie das Nervensystem des Menschen schädigen und so schon bei kleinen Mengen Vergiftungsschäden auslösen.

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Die Stadt Mainz verzichtet deshalb bereits seit 2012 auf den Einsatz von Pestiziden im Einflussbereich seines Grünamtes, seit 2013 wird auch kein Glyphosat mehr eingesetzt. Gegen „Unkraut“ wird seither rein mechanisch vorgegangen, Grünbewuchs in Fugen vielfach auch einfach mal toleriert. Das Grün und Umweltamt verfüge zudem über eine eigene Biotopkolonne, sagte Eder nun im Stadtrat, vier Wildblumenwiesen wurden in den vergangenen fünf Jahren neu angelegt.

Glyphosat wird unter anderem vertrieben unter dem Namen Roundup. - Foto:  NABU/ Eric Neuling
Glyphosat wird unter anderem vertrieben unter dem Namen Roundup. – Foto: NABU/ Eric Neuling

Glyphosatfrei ist Mainz damit aber noch nicht: Private Unternehmen dürfen noch immer Glyphosat bei der Pflege von Grün-, Sport- und Verkehrsflächen verwenden, auch in Pachtverträgen für landwirtschaftliche Flächen ist ein Glyphosatverbot weiter nicht verankert – die Grünen hatten das Ende 2017 in einem Parteitagsbeschluss gefordert. In der Antwort im Stadtrat hieß es dazu nun, die Verwaltung versuche, „im Umgang mit Externen in Gesprächen, deren Verzicht auf Glyphosat zu erreichen.“

Dazu setzen auch die Mainzer Verkehrsbetriebe weiter Glyphosat zum Freihalten der Straßenbahngleise ein: Das Mittel Glyfos TF Classic gilt laut einem Branchenportal als hochwirksam und vernichtet jeglichen Pflanzenbewuchs im Wirkungsbereich, muss allerdings auch mit Schutzkleidung ausgebracht werden. Das Mittel wirke erst nach zwei Wochen so richtig, laut Hersteller sollte unbedingt vermieden werden, dass auch kleinste Mengen ins Grundwasser oder die Kanalisation gelangen. Eingesetzt wird es auf den in Mainz noch immer weit verbreiteten Schottergleisen.

Straßenbahngleise in Mainz-Zahlbach mitten in der Wohnbebauung. - Foto: gik
Straßenbahngleise in Mainz-Zahlbach mitten in der Wohnbebauung. – Foto: gik

Eder betonte im Stadtrat, auch sie wolle, dass Glyphosat nicht mehr zur Freihaltung der Gleise eingesetzt werde. „Die Mainzer Mobilität ist schon dabei, Alternativen zu suchen“, betonte sie, die Untersuchung solle „schnellstmöglich abgeschlossen werden.“ Denkbare Alternativen seien die Entfernung der Wildkräuter von Hand oder der Einsatz von Unimogs mit Heißwasserdüsen. „Beide Methoden sind mit einem sehr hohen Personal- und Kostenaufwand verbunden und erzielen keine nachhaltige Wirkung“, heißt es von der Verwaltung.

Beim BUND widerspricht man solchen Darstellungen: „Es gibt alternative Geräte, die Pflanzen abflammen“, sagte Corinne Hölzel in einem Gespräch mit Mainz& im Januar 2018. Auch Infrarot- oder Heißdampfgeräte erfüllten den Zweck, Pflanzen zu entfernen, ebenso eine Wildkraut-Kehrmaschine, die Wildkräuter mechanisch entfernt. Auf Gleiskörpern könnten etwa Heißdampfgeräte eingesetzt werden, die mit einer Hitze von 100 Grad arbeiteten und eine Eisenschiene nicht beschädigten. Das Problem des Pflanzenbewuchses gebe es zudem nur bei Schottergleisen: „Viele Städte sind einfach weg vom Schotter und hin zu Gras gegangen“, sagte Hölzel, „das muss lediglich gemäht werden.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema Glyphosat, seiner Wirkungsweise und seiner Gefährlichkeit lest Ihr hier beim BUND.

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