Das Handy muss jedes Jahr neu sein, der Computer immer besser – höher, schneller, weiter, so tickt unsere Gesellschaft in Zeiten des Internets. Genau diesem Phänomen widmet nun das performance art depot – kurz pad – in der Mainzer Neustadt ein ganzes Performance-Wochenende. Freitag und Samstag gibt’s eine Multi-Performance, am Sonntag dazu (philosophische) Vorträge, Diskussionen und einen Workshop – es wird natürlich ein „Mega-Highlight-Event der Superlative 😉

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Höher, schneller, weiter – Performance-Wochenende im pad

„Es geht um uns, um den Steigerungswahn unserer Gesellschaft“, erzählt pad-Macher Peter Schulz Mainz&: „Alles muss immer größer werden, gesteigert werden, verbessert werden, optimiert werden – zum Teil bis ins Absurde.“ Firmen erfinden absurde Produkte, die eigentlich niemand braucht – Hauptsache, es ist neu und kitzelt unsere Kauflaune. Und auch in den Firmen herrscht der Optimierungwahn, der oft genug über das Sinnvolle hinaus schießt.

Im pad widmen sie dem einen ganzen Abend voller Aufführungen und natürlich mixen sie in dem Performace Theater in der Neustadt wieder alle möglichen Formen: Tanz meets Musik meets Video meets Wort – und alles ist Performance im besten Sinne. „Es gibt an dem Abend sehr viele außergewöhnliche Formate – wir erfinden noch Formate, die es noch nie gegeben hat“, sagt Schulz.

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Und das in wirklich allen Ecken und Räumen des pad: Hauptbühne, Nebenbühne, Foyer, Installationsraum, überall wird etwas stattfinden. Sogar im Separé, im Eingangsraum, auf der Toilette – „wir reizen das wirklich komplett aus“, sagt der Kunstmacher. Es könne sogar sein, „dass wir so viel machen, dass der Zuschauer sogar ein bisschen überfordert ist“, sagt Schulz ein bisschen geheimnisvoll, aber das sei ja auch der Sinn des Abends: „Wir steigern auch: Ihr wollt viel, Ihr kriegt viel – mehr an einem einzigen Abend.“

Die Kunstform der Performance ist das Hauptanliegen des pad, 2007 gründeten Schulz und seine Partnerin Nic Schmitt die Bühne in unterirdischen Kellerräumen versteckt in einem Neustadt-Hinterhof. „Es gibt in Mainz und Rheinland-Pfalz einfach nichts, keinen vernünftigen Ort wo man mit Performance auftreten kann – also haben wir das kurzerhand eröffnet“, erklärt Schulz.

Das Budget ist klein, wenn nicht sogar winzig, die Macher hangeln sich von Fördertopf zu Fördertopf, stemmen mit 20.000 Euro ganze Festivals, für die andere das Fünffache ausgeben. „Man müsste das Zwanzigfache haben, um etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen“, seufzt Schulz. Doch Stadt Mainz und Land, dort werde immer nur bedauert, dass kein Geld da sei. Tja, klarer Fall von Prioritätensetzung der Politik….

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Nic Schmitt und Peter Schulz, die Macher des pad – Foto: pad

„Wenn wir mehr wollten, müssten wir auswandern“, sagt Schulz, aber das wollen der gebürtige Bad Kreuznacher und die Rüsselsheimerin Schmidt nun mal nicht – Gott sei Dank! Performance – das ist laut Wikipedia „eine situationsbezogene, handlungsbetonte und vergängliche (ephemere) künstlerische Darbietung“ eines Künstlers, ein „offener künstlerischer Prozess in eigener Zeit, der als unmittelbare körperliche Handlung und Präsenz abläuft, und dessen Medium der Performancekünstler selbst ist.“

Performance, sagt Schulz, sei auf jeden Fall eine Richtung, die sich als neue Theaterform etabliert habe, „eine Richtung, die leider unterschätzt wird, aber sehr zukunftsträchtig ist.“ Grob gesagt ist die Performance kein Theaterstück im engen Sinne, sondern eine Darstellung und/oder Inszenierung zu einem meist sehr aktuellen Thema, das reflektiert, gespiegelt, manchmal auch gebrochen wird.

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Bühnen-Bild einer Performance im pad – Foto: pad

„Bei Performance inszeniert man nicht Literatur, sondern orientiert sich an aktuellen Themen und Inhalten, kreiert Stücke aus den eigenen Ideen heraus, die einen aktuellen und authentischen Bezug haben“, sagt Schulz. Dazu ist den pad-Machern aber wichtig, dass ihre Performance Art nicht elitär daherkommt, keine Kunst um der Kunst selbst willen für einen kleinen Kreis ist – das klassische Beispiel ist der nackte Typ, der sich mit Schlamm einschmiert, sagt Schulz grinsend: „Das zeigen wir manchmal auch, aber es um selbtstironisch zu karikieren.“

Hauptprogramm pad höher schneller weiter
Programm zur Performance-Wochenende im pad

Denn das pad will neben dem Anspruch des Aufspießens aktueller Themen auch einfach unterhalten: „Wir inszenieren so, dass der Zuschauer Lust hat, das zu gucken, dass es unterhaltsam ist und nicht nur schlau“, sagt Schulz. Eine „Kunstform für Jedermann“ soll die Performance im pad sein, und wenn der Zuschauer hinterher sage, ‚das ist ja wie ins Kino gehen‘, dann habe das pad sein Ziel erreicht.

„Performance ist oft dazu da, einfach mal den Finger auf etwas drauf zu legen“, erklärt Schulz. Das heiße aber nicht, dass die pad-ler „den Moralischen spielen“. Es gehe einfach darum, Dinge ins Bewusstsein zu rufen, das Absurde aufzuzeigen, in dem man es in einer übersteigerten Form erlebbar macht. „Wir versuchen nicht, uns als die Besserwisser hinzustellen – wir sind nicht besser, als die, die uns dabei zuschauen“, sagt Schulz.

Das gelte eben auch für den ganzen Steigerungswahn, „wir sind dem genauso verfallen“, sagt der Künstler. Die Konsequenz, das Fazit, die muss der Zuschauer schon selbst für sich ziehen. „Wir haben keinen Lehrauftrag“, sagt Schulz, „wir sind wie ein Hofnarr im Mittelalter, der die Missstände aufzeigt.“

Info& auf Mainz&: „Höher, schneller weiter“, der Performanceabend im pad, dem performance art depot, am Freitag, dem 13. November, und  Samstag, dem 14. November, im pad, Leibnizstraße 46 in der Mainzer Neustadt. Beginn: jeweils 20.00 Uhr. Eintritt: all-in-one-Pass 15,- Euro, ermäßigt 10,- Euro. Lasst Euch nicht verwirren, es gibt nur den All-in-One-Pass, so heißt einfach die Eintrittskarte zum Event 😉

Am Sonntag, den 15. November dann gibt es ab 14.00 Uhr einen Kompaktworkshop zum Einstieg und danach drei Vorträge von attac – „Die große Beschleunigung“ zum Wirtschaftssystem -, Jon Leefmann vom philosophischen Seminar der Uni – „Kognitives Neuro-Enhancement“ zur Leistungssteigerung des Gehirns mit Pharmakologie – sowie von Frank Brosow, ebenfalls Philosoph an der Uni Mainz – „Optimum und Maximum – Warum „mehr“ nicht immer „besser“ ist“.“ Im Anschluss gibt’s eine Diskussionrunde und danach thematisch passende Filme.

Karten könnt Ihr per Email unter reservierung (at)pad-mainz.de reservieren, oder am Telefon unter 06131 – 88 694 32. Oder Ihr könnt sie an der Abendkasse kaufen, dann riskiert Ihr aber, dass die Performance ausverkauft ist.

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