Das Vertrauen der rheinland-pfälzischen Wirtschaft in die Energiepolitik ist stark beschädigt – zu diesem Ergebnis kommt das IHK-Energiewende-Barometer 2024. Die Unternehmen beklagten dabei zu viel Bürokratie und fehlende Planbarkeit der Energieversorgung, vor allem aber die hohen Energiepreise. Die verhindern Investitionen, schlimmer noch: knapp 40 Prozent der befragten Unternehmen sehen gar ihre Wettbewerbsfähigkeit bedroht. Rheinland-Pfalz schneidet dabei im Bundesvergleich besonders schlecht ab.
Seit 2012 erhebt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) die Einschätzungen von rund 3.300 Unternehmen aus der Breite der deutschen Wirtschaft zum Thema Energiewende, die zentrale Frage lautet dabei: „Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der Energiewende auf die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens?” Auf einer Skala von minus 100 für „negativ“ bis plus 100 für „sehr positiv“ können die Unternehmen eine Einschätzung abgeben, in diesem Jahr habe sich dabei über alle Branchen hinweg ein Wert von minus 20 ergeben, teilte die DIHK am Montag mit: „Das ist der zweitschlechteste Wert in der Geschichte des Energiewende-Barometers.“
„Das Vertrauen der deutschen Wirtschaft in die Energiepolitik ist stark beschädigt“, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks: „Der Politik ist es bisher nicht gelungen, den Unternehmen eine Perspektive für eine zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung aufzuzeigen.“ Das gelte insbesondere für die Industrie, betonte Dercks: „Während in den Jahren vor 2023 viele Unternehmen auch Chancen in der Energiewende für den eigenen Betrieb sahen, überwiegen zuletzt aus ihrer Sicht deutlich die Risiken.“
Deutschland hat europaweit die höchsten Stromkosten
In Rheinland-Pfalz hatten an der Befragung im Juni 2023 rund 150 Unternehmen teilgenommen, und hier fiel die Bewertung sogar noch schlechter aus: In Rheinland-Pfalz fiel der Barometerwert sogar auf minus 21,6, die Unternehmen meldeten demnach zum dritten Mal in Folge, dass die hohen Energiepreise Investitionen verhindern. Knapp 40 Prozent der befragten Unternehmen sehen gar ihre Wettbewerbsfähigkeit bedroht. Tatsächlich hat Deutschland einer neuesten Untersuchung zufolge europaweit die höchsten Strompreise, Verbraucher zahlen bis zu 20 Cent mehr pro Kilowattstunde als in anderen Ländern – auch Unternehmen in Deutschland zahlen deutlich mehr als in anderen Ländern.
Das Energiewende-Barometer offenbare auch, dass mittlerweile 28 Prozent der Befragten über eine Verlagerung von Kapazitäten ins Ausland nachdächten oder diese bereits umgesetzt hätten, das sei „nahezu eine Verdoppelung im Vergleich zu den letzten beiden Jahren“, sagte Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz. Das gäben außerdem unisono branchenübergreifend Unternehmen aus Industrie, Bau, Dienstleistung und Handel an.
Die Erhebung zeige deutlich, dass hohe Preise, zu viel Bürokratie und fehlende Planbarkeit der Energieversorgung „für die Unternehmen in Rheinland-Pfalz mehr denn je ein Produktions- und Investitionshemmnis sind“, betonte Rössel, und kritisierte: „Das Vertrauen der rheinland-pfälzischen Wirtschaft in die Energiepolitik ist stark beschädigt. Die Unternehmen vermissen eine Perspektive für eine zuverlässige Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen.“ Bedenklich sei dies insbesondere für Industrieunternehmen.
Unternehmen fordern niedrigere Steuern und Abgaben beim Strom
Die Unternehmen vermissten eine Perspektive für eine zuverlässige Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen, betonte Rössel weiter. Die Hälfte der Befragten sprach sich denn auch für niedrigere Steuern und Abgaben beim Strom aus, knapp 90 Prozent forderten bessere Rahmenbedingungen bei der Strom-Eigenversorgung und bei Direktlieferverträgen. Gesteigerten Handlungsbedarf sahen die Betriebe zudem bei der Grundlastversorgung, die störungsfrei sein muss.
Immerhin zeichne sich bei den Energiepreisen eine leichte Entspannung im Vergleich zum Vorjahr ab, sagte Rössel weiter: In diesem Jahr sei „nur noch“ jedes zweite Unternehmen von steigenden Preisen betroffen, 2023 waren es noch fast 80 Prozent. „Die Entwicklung der Energiekosten ist weiterhin ein großer Unsicherheitsfaktor für die Planungen“, warnte Rössel. Deshalb beschäftigten sich nahezu alle Unternehmen mit Energiesparmaßnahmen, auch wenn hier vor allem Potenzial beim Stromverbrauch gesehen werde.
Maßnahmen zur Energiewende und für den Klimaschutz würden denn auch weiterhin von den Unternehmen umgesetzt, zum Einsatz kämen dabei vor allem Energie- und Umwelt-Managementsysteme, die aufgrund der Komplexität zusehends auch mit externen Dienstleistern umgesetzt würden. Gefragt, bis wann ihr Betrieb klimaneutral sein kann, nannten die Unternehmen eher den Zielkorridor der Bundesregierung (Jahr 2045) für aks realistisch als das Landesziel (Jahr 2040). „Hierfür benötigen Unternehmen aber dringend eine nachhaltige Perspektive für eine verlässliche Energieversorgung“, mahnte Rössel.
Info& auf Mainz&: Das ganze bundesweite IHK-Energiewende-Barometer 2024 mit Grafiken und Ergebnissen findet ihr hier im Internet. Mehr zu den Energiepreisen könnt Ihr hier beim Bundeswirtschaftsministerium nachlesen.