Deutschland will nun endlich mehr Tempo bei den Corona-Impfungen machen, der Schlüssel dafür sollen die Hausärzte sein: Ab der Woche nach Ostern wolle man die Hausärzte zunehmend an den Impfungen beteiligen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag nach einem Impfgipfel von Bund und Ländern. Auch sollen die Hausärzte die im Prinzip weiter vorgegebenen Priorisierung flexibler handhaben dürfen. Das Problem dabei: Der Impfstoff ist weiter knapp, frühestens ab Mai sind größere Mengen zu erwarten. Derweil steigen die Neuinfektionen weiter rasant an, Rheinland-Pfalz will trotzdem an Ostern einen Sonderweg bei der Außengastronomie gehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern. - Foto: gik
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern. – Foto: gik

Am Freitag hatten Bund und Länder bei einer Telefonkonferenz das weitere Vorgehen in Sachen Corona-Impfungen besprochen, das Treffen war ursprünglich am Mittwoch geplant gewesen, wegen der Überprüfung des AstraZeneca-Impfstoffs aber auch Freitag verlegt worden. Man wisse jetzt, dass Deutschland weiter drei Impfstoffe zur Verfügung stünden, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Telefonschalte, und verteidigte den Impfstopp: Es sei richtig gewesen, den AstraZeneca-Impfstoff nach dem Auftreten einer ungewöhnlichen Häufung von Hirnthrombosen zu überprüfen, betonte sie.

„Es war richtig, dass wir absolute Transparenz haben walten lassen“, sagte Merkel und unterstrich, die Impfstoffe seien noch neu, deshalb sei richtig, dass genau überwacht werde, welche Nebenwirkungen bei der Anwendung bei Millionen Patienten auftreten könnten. So wisse jeder, „dass wir nicht etwas hinter dem Berg halten, sondern dass die Dinge transparent auf dem Tisch liegen“, betonte die Kanzlerin: „Ich glaube, so entsteht Vertrauen, und so wollen wir auch weiter vorgehen.“ Sie selbst würde sich ebenfalls jederzeit mit AstraZeneca impfen lassen, versicherte Merkel auf Nachfrage der Journalisten, fügte aber auch hinzu: „Ich will aber warten, bis ich dran bin.“

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Der Impfstoff von AstraZeneca ist nach seiner Überprüfung nun wieder freigegeben. - Foto: AstraZeneca
Der Impfstoff von AstraZeneca ist nach seiner Überprüfung nun wieder freigegeben. – Foto: AstraZeneca

Am Donnerstag hatte die europäische Arzneimittelbehörde EMA den AstraZeneca-Impfstoff nach einer Überprüfung der Fälle wieder als sicher und effizient freigegeben, damit stehen Deutschland weiter die Millionen Dosen des Vakzins zur Impfung zur Verfügung. Trotzdem bleibt Corona-Impfstoff ein knapper Gut: Erst ab Mai werde sich die knappe Lage spürbar entspannen, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) nach der Konferenz.

Nach Ostern sollen Hausärzte impfen können – 20 Dosen pro Woche

Deutschland werde nun die Impfungen auf zwei Säulen stellen, sagte Merkel: Die eine Säule seien weiterhin die Impfzentren, sie sollen ab dem dem 2. Quartal pro Woche 2,25 Millionen Dosen verlässlich bekommen, die Zuteilung an die Bundesländer richtet sich nach dem Einwohnerschlüssel. Was darüber hinaus an Mengen geliefert werde, soll dann an die Hausärzte gehen, kündigte Merkel an – in der ersten Zeit würden das allerdings pro Praxis lediglich 20 Impfdosen pro Woche sein. Die Arztpraxen sollen wiederum die Möglichkeit bekommen, von der starren Impfpriorisierung abzuweichen, wenn die Ärzte der Meinung sind, dass Patienten einen dringenden Schutz benötigen.

Die Menschen in Deutschland müssen weiter auf die Corona-Impfungen warten - der Impfstoff ist schlicht nicht da. - Copyright: RABE Cartoon
Die Menschen in Deutschland müssen weiter auf die Corona-Impfungen warten – der Impfstoff ist schlicht nicht da. – Copyright: RABE Cartoon

„Die Priorisierung gilt weiter als Grundlage, sie kann aber flexibel angewendet werden“, betonte Merkel. Die Politik erwarte, dass die Hausärzte zuerst immobile Patienten und solche mit hohem Risiko impften, „wir haben ein tiefes Vertrauen, dass die Hausarztpraxen wissen, wer am bedürftigsten ist“, fügte Merkel aber auch hinzu. Auch wolle man den Dokumentationsaufwand möglichst gering halten: „Die bewährte deutsche Gründlichkeit, soll durch mehr Flexibilität ergänzt werden“, sagte Merkel, und reagierte damit auch auf die massive Kritik der vergangenen Wochen an dem behäbigen und langsamen deutschen Corona-Management, das explizit auch an ihrer Person festgemacht wurde.

„Wir wollen schneller und flexibler werden, und ab April könne wir das auch“, betonte Merkel, man wolle so schnell und so flexibel wie möglich voran kommen – „die Devise lautet Impfen, Impfen, Impfen.“ Doch Deutschland fehlt weiter der Impfstoff in großen Mengen, die verspäteten Bestellungen der EU-Kommission, die erst im November 2020 größere Mengen orderte, wirken weiter nach. Von der EU kommt nun immerhin eine zusätzliche Impfstoff-Lieferung: Das Mainzer Unternehmen Biontech könne zum Ende des ersten Quartals vier Millionen Dosen mehr liefern als eigentlich veranschlagt, sagte Merkel.

BionTech liefert Ende März vier Millionen Impfdosen zusätzlich. - Foto: BionTech
BionTech liefert Ende März vier Millionen Impfdosen zusätzlich. – Foto: BionTech

Die Dosen sollen Ländern mit grenznahen Regionen zukommen und ein zusätzliches Bollwerk gegen die Ausbreitung neuer Corona-Mutationen aufbauen helfen. So bekommt das Saarland 80.000 Impfdosen zusätzlich, Rheinland-Pfalz wiederum 20.000 Dosen, sie sollen gegen die Ausbreitung der südafrikanischen Virus-Mutante in der französischen Region Moselle eingesetzt werden. Gegen Virusmutationen in Tschechien erhalten Bayern und Sachsen je 100.000 zusätzliche Dosen und Thüringen 30.000 Dosen, die restlichen Mengen Impfstoff aus der Sonderlieferung sollten bereits in die erste Lieferung an die Arztpraxen einfließen, sagte Merkel.

Inzidenzen nähern sich rasant der 100er-Marke

„Die Situation entwickelt sich sehr schwierig“, betonte die Kanzlerin zudem – Deutschland sei bereits wieder in einem Stadium des exponentiellen Wachstums der Corona-Neuinfektionen. Der Reproduktions-Faktor liege bereits wieder über Eins, die Sieben-Tages-Inzidenzen näherten sich rapide der 100er-Marke. Merkel pochte zudem auf die vor einigen Wochen vereinbarte Notbremse: Wenn die Inzidenz wieder den Wert von 100 an drei Tagen hintereinander überschreite, „werden wir davon Gebrauch machen müssen“, unterstrich sie.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) auf ihrer Presskonferenz nach dem jüngsten Impfgipfel von Bund und Ländern. - Foto: gik
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) auf ihrer Presskonferenz nach dem jüngsten Impfgipfel von Bund und Ländern. – Foto: gik

In Rheinland-Pfalz lag die Sieben-Tages-Inzidenz am Freitag bereits wieder bei 73,9, auch in Mainz klettern die Werte weiter – am Freitag meldete das Gesundheitsamt bereits wieder eine Inzidenz von 61 für die Stadt Mainz. Praktisch alle neuen Infektionsfälle waren dabei auf die neuen, hochansteckenden Virus-Mutationen zurückzuführen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kündigte deshalb am Freitagabend an, den geplanten vierte Öffnungsschritt werde es vorerst nicht geben. Beim vierten Öffnungsschritt hätten ab dem 22. März Theater und Konzerthäuser wieder öffnen und Sport auch in Innenräumen wieder stattfinden dürfen, zudem sollte es dann Möglichkeiten zur Wiederöffnung der Außengastronomie geben.

Rheinland-Pfalz will Außengastronomie an Ostern öffnen

Dreyer sagte nun diesen vierten Öffnungsschritt ab, betonte aber zugleich, Rheinland-Pfalz wolle Möglichkeiten zur Wiederöffnung der Außengastronomie an Ostern schaffen. „Wir werden eine Art Rheinland-Pfalz-Modell schaffen“, kündigte Dreyer an, dabei solle es in Regionen, deren Inzidenz unter 100 liege, regional Möglichkeiten zur Öffnung der Außengastronomie geben. „Wir wollen eine Möglichkeit schaffen, dass die Menschen in den anstehenden Osterferien bei uns wandern und in einem Gartenlokal einkehren können, statt nach Mallorca zu fliegen“, sagte Dreyer: „Weil wir ganz Deutschland nicht für weitere Monate komplett abriegeln können, setzen wir in Rheinland-Pfalz darauf, auch regionale Lösungen zu finden.“

Mahnwache der Dehoga für Öffnungen vor der Landtagswahl in Mainz. - Foto: gik
Mahnwache der Dehoga für Öffnungen vor der Landtagswahl in Mainz. – Foto: gik

Dreyer erfüllt damit ein Versprechen aus dem Wahlkampf gegenüber dem Hotel und Gaststättenverband DEHOGA, der vor der Wahl massiven Druck auf die Politik für eine Öffnung von Hotels und Gastronomie ausgeübt hatte-. Dreyer hatte daraufhin auf einer Kundgebung der DEHOGA in Mainz versprochen, Rheinland-Pfalz werde in Sachen Außengastronomie „einen Sonderweg gehen“, falls man sich bundesweit nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen könne. Dreyer kündigte nun an, sie wolle sich kommende Woche „mit unserer kommunalen Familie beraten“, wie man in Modell-Kommunen und –Landkreisen schlüssige Test- und Nachverfolgungskonzepte entwickeln und so behutsame Öffnungen  ermöglichen könne.

Die Öffnung der Außengastronomie soll nur mit negativem Coronatest möglich sein, es müsse ein lückenloses Test- und Kontakterfassungssystems nachgewiesen werden, sagte Dreyer weiter. Interessierte Kommunen könnten „gerne Konzepte dazu erarbeiten“, diese müssten aber auch „schlüssig aufzeigen“, wie die Kommunen mit ihren Ordnungsämtern die Auflagen und die Einhaltung der Testpflicht kontrollieren wollten. „Das Testsystem gibt uns darüber hinaus auch die Möglichkeit, die Testergebnisse für weitere Untersuchungen zu nutzen“, sagte Dreyer weiter. Es gehe darum, datenbasiert besser und schneller herauszufinden, wo Orte der Ansteckung seien und wo nicht.

Info& auf Mainz&: Mehr zum von Bund und Länder vereinbarten Stufenplan für Öffnungen samt Notbremse lest Ihr hier bei Mainz&. Mehr zum Versprechen Dreyers gegenüber der DEHOGA könnt Ihr hier bei Mainz& noch einmal nachlesen.

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